Militär Aktuell-Autor Georg Mader betrauert den Unfalltod eines sympathischen Gesprächspartners, des Kommandanten der Streitkräfte Kenias, General Francis O. Ogolla. Seit 2016 hat er General Ogolla mehrfach im Rahmen von Veranstaltungen in London, Dubai und Casablanca getroffen und – zu Beginn noch in dessen Funktion als stellvertretender Luftwaffenchef und später Luftwaffenchef – interviewt. Mit Ogolla hat sein Land, aber auch ganz Afrika einen umfassend westlich gebildeten und modern sowie in überregionalen Zusammenhängen denkenden Charakter verloren, mit dem man nicht nur über Militärluftfahrt, sondern auch über den Weg in die Zukunft Afrikas, dessen Chancen und Hemmnisse sowie (über)regionale Sicherheitspolitik ausführlich diskutieren konnte.
In mehreren Unterhaltungen sprach er über seine Fliegerausbildung in den USA, die Herausforderungen bei der Einführung von beschafftem Gerät „sehr diverser” Herkunft, den – nach wie vor – dringend benötigten Ersatz der kenianischen F-5-Jagdflieger sowie über die Operation „AMISOM” der Afrikanischen Union in Somalia mit 22.000 Mann sowie den Anti-Terrorkrieg gegen die radikalen Islamisten der somalischen Al-Shabab. Dabei schilderte er Zusammenhänge teils recht anschaulich, wenn er sich erinnerte, wie ihm die Miliz – in „guter afrikanischer Stammeskrieger-Tradition”, wie er sagte – den Kopf eines seiner abgeschossenen F-5-Piloten schickte.
Absturz in altem US-Hubschrauber
Der oberste Offizier Kenias starb zusammen mit neun hoch- beziehungsweise höherrangigen Offizieren, als einer von acht 2016 von den USA überlassenen einmotorigen UH-1H Hubschrauber kurz nach dem Start abstürzte und ausbrannte. Zwei Überlebende befinden sich in kritischem Zustand.
Die Militärspitze war in den Landkreis Elgeyo Marakwet in der Region North Rift (rund 400 Kilometer nordwestlich von Nairobi) nahe Uganda gereist, welche von bewaffneten Schmuggler-Gangs heimgesucht wird. Man wollte einige der nach Banditenangriffen geschlossenen Schulen wieder eröffnen und auch Soldaten besuchen, die zur Stabilisierung der Region eingesetzt werden.
Eine Unfallkommission soll nun klären, ob an dem betagten (aber vor Übergabe grundüberholten) Zweiblatt-Hubschrauber der 53. Staffel ein Defekt auftrat oder ein Pilotenfehler oder Überladung vorlag. Augenzeugen sagten zu TV-Stationen, dass allein vom Aufprall her die Insassen eventuell nicht hätten sterben müssen, wäre da nicht der Tank explodiert.
Vom F-5-Piloten zum Armeechef
Laut der Website des kenianischen Verteidigungsministeriums trat Francis Ogolla am 24. April 1984 in die kenianische Streitkräften ein. Er begann seine Karriere als Leutnant bei der Luftwaffe des ostafrikanischen Landes (KAF) und absolvierte bei der US Luftwaffe in Reese/TX (1997 geschlossen) eine Ausbildung zum Kampfpiloten auf der T-38 Talon. Es folgten Ausbildungen in verschiedenen Ländern sowie alternierend verschiedene Positionen in den Bereichen Ausbildung, Führung und Stab, unter anderem als Basiskommandant der Laikipia Air Base, kommandierender Offizier des Tactical Fighter Wing, Chief Flying Instructor an der KAF Flying Training School und Operations Desk Officer im KAF-Hauptquartier. Vom stellvertretenden Kommandeur der KAF wurde er am 15. Juli 2018 zum Generalmajor und Air Chief der KAF befördert, ein Amt, das er drei Jahre lang innehatte. Daran schlossen sich die Funktionen als Vizechef der Verteidigungskräfte ab 2021 und schließlich – von Präsident William Ruto zum General befördert – Oberbefehlshaber der gesamten Verteidigungskräfte an. Und dies obwohl Ogolla – laut einigen lokaler Medien – gegen den knappen Wahlgewinn Rutos agitiert hatte, er war aber letztlich auch laut Ruto die für den Posten „am besten geeignete Person” und damit logische Wahl. Dieser hat nach dem Tod der Militärführung nun auch dreitätige Staatstrauer ausgerufen.
General Francis Ogolla war Absolvent der École Militaire de Paris und des National Defense College of Kenya. Er besitzt ein Diplom in internationalen Studien und Militärwissenschaften der Egerton University, einen Bachelor of Arts in Politikwissenschaft, bewaffneten Konflikten und Friedensstudien und einen Master of Arts in internationalen Studien der Universität Nairobi. Er sollte nächste Woche sein 40-jähriges Militärjubiläum feiern, hinterlässt Frau und zwei erwachsene Kinder.
Ogollas Tochter Lorna Ogolla sagte in einem Beitrag auf LinkedIn, dass ihr Vater gestorben sei, „als und weil er das tat, was er in den vergangenen 40 Jahren am besten konnte – zu versuchen, die Sicherheit Kenias und seiner Menschen zu gewährleisten und zu verteidigen”. Ihr Vater hätte am 20. April an seinem Heimatort den 100. Geburtstag seines Vaters feiern wollen.
Zum Abschluss und zur Erinnerung hier einige Gespräche des Autors mit Francis O. Ogolla für Defence-IQ-DIB, Cockpit, Fliegerrevue und Military Technology.