Volker Reifenberger ist seit 13. Juni 2018 Abgeordneter zum Nationalrat und seit 1. November 2022 Wehrsprecher der FPÖ. Anlässlich der Nationalratswahl 2024 macht er sich in der großen Militär Aktuell-Umfrage unter den Wehrsprechern der fünf Parlamentsparteien für eine Höherdotierung des Verteidigungsbudgets stark und er spricht sich gegen eine Teilnahme Österreichs an der European Sky Shield Initiative aus.

Herr Reifenberger, das Bundesheer hat 2022 mit der Umsetzung des auf zehn Jahre angelegten „Aufbauplans 2032+” begonnen. Mittlerweile ist ein Fünftel der Zeit um, wie bewerten Sie die erzielten Fortschritte?
Fortschritte sind vorhanden, was bei der desaströsen Ausgangslage allerdings nicht schwer war. Die Phase 1 ist zeitlich noch nicht abgeschlossen, aber zumindest die Wahrnehmung bei der Truppe ist, dass es hier zu Verzögerungen kommt. Auch im Bereich der Infrastruktur sind die notwendigen Begleitmaßnahmen noch nicht sichtbar beziehungsweise zeitverzögert. Wir hoffen, dass unter der nächsten Regierung das notwendige Budget vorhanden ist, um den Aufbauplan weiter fortzusetzen. Der derzeitige Budgetpfad dürfte dafür nicht ausreichen. Der neue „Kampfstiefel” entpuppt sich leider immer mehr als Fehlkauf, da viele Soldaten über Schäden und Auflösungserscheinungen schon nach den ersten Gebrauchstagen klagen.

©Militär Aktuell

In welchen Bereichen würde ihre Partei im Aufbauplan andere Schwerpunkte setzen?
Allgemein würden wir gemeinsam mit den Experten versuchen, früher eine Verteidigungsfähigkeit herstellen zu können, und zwar auch gegen einen konventionellen Gegner (Abwehroperation). Dazu müsste der Mobilmachungsrahmen erhöht werden, was unmittelbare Auswirkungen auf den Aufbauplan hätte. Die Vollausstattung der Miliz hätte bei uns eine höhere Priorität.

„Wir hoffen, dass unter der nächsten Regierung das notwendige Budget vorhanden ist, um den Aufbauplan weiter fortzusetzen. Der derzeitige Budgetpfad dürfte dafür nicht ausreichen.“

Ein viel diskutiertes Thema war zuletzt Österreichs Teilnahme an der European Sky Shield Initiative. Welche Position vertreten Sie dazu?
Aus unserer Sicht ist Sky Shield ein Militärbündnis und daher mit unserer Neutralität nicht vereinbar. Wir haben dazu zwei Rechtsgutachten bei Universitätsprofessoren des Völkerrechts in Auftrag gegeben. Sowohl Prof. Dr. Michael Geistlinger (Uni Salzburg), als auch Prof. Dr. Peter Hilpold (Uni Innsbruck) haben unabhängig voneinander unsere neutralitätsrechtlichen Bedenken bestätigt. Beide sind in ihren Gutachten zum Schluss gekommen, dass die European Sky Shield Initiative gegen unsere Neutralität verstößt. Die Darstellung der Verteidigungsministerin, dass Sky Shield eine reine Beschaffungskooperation wäre und nicht mehr, ist falsch. Es ist geplant, diesen Schutzschild gemeinsam zu betreiben und den anderen Sky Shield-Mitgliedsländern unsere Radardaten aus dem System „Goldhaube” zur Verfügung zu stellen. Wir hätten kein Problem mit einer gemeinsamen Beschaffung, auch nicht mit einer gemeinsamen Ausbildung. Aber ein gemeinsamer Betrieb (zum Beispiel durch den Austausch von Radardaten) ist mit unserer Neutralität einfach nicht vereinbar. Österreich muss eigenständig in der Lage sein im Bereich Luftabwehr die bestehenden Fähigkeitslücken zu schließen, so wie im Aufbauplan festgeschrieben.

——————————————————
Hier geht es zu unseren 5-Fragen-an-Interviews mit den Wehrsprechern der anderen Parlamentsparteien:

——————————————————

Für die Zukunft wurde das Ziel eines Verteidigungsbudgets in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgegeben. Ist eine derartige Dotierung aus Ihrer Sicht gerechtfertigt, zu hoch oder würden Sie sich noch mehr Mittel wünschen?
Ja, zwei Prozent sind notwendig. Ein neutraler Staat muss mindestens so viel für seine Landesverteidigung ausgeben wie einer, welcher sich auf ein Militärbündnis (zum Beispiel NATO) abstützen kann. Darüber hinaus wird es Sonderinvests brauchen (zum Beispiel für die Eurofighter-Nachfolge).

Wohin soll sich das Bundesheer aus Ihrer Sicht mittel- bis langfristig weiterentwickeln? Welches Bundesheer sehen Sie, wenn Sie ins Jahr 2032 und damit an das Ende des „Aufbauplans 2032+” blicken?
Nach den Vorstellungen der FPÖ: Herstellung des verfassungskonformen Zustands, das heißt Strukturierung nach den Grundsätzen eines Milizsystems (samt Wiedereinführung von verpflichtenden Milizübungen); Befähigung zur militärischen Landesverteidigung (Abwehroperation) samt militärisch begründeter Erhöhung des Mobilmachungsrahmens; langfristige Absicherung des Heeres-Budgets durch ein Verfassungsgesetz; Reduzierung von Assistenzleistungen; bessere Bezahlung für Berufssoldaten.

Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.

Quelle©FPÖ