Dem bekannten, auf Hubschrauber spezialisierten italienischen Fotografen Oscar Bernardi ist während erster Flugtests kurz vor dem Jahreswechsel nahe des Werks Verigate der erste seriennahe Leonardo AW169 LUH (Light Utility Helicopter) – wie er auch einer österreichisch-italienischen Absichtserklärung zugrunde liegt – vor seine Nikon geraten. Zudem hat Leonardo eine erneuerte Broschüre herausgegeben.

Der AW169 LUH basiert auf dem AW169 M, der militärischen Variante des leichten zweimotorigen Entwurfs AW169, der im Prinzip für zahlreiche unterschiedliche Aufgaben ausgelegt ist, wie beispielsweise Grenzüberwachung, Transport von beziehungsweise Aufklärung für Spezialoperationen, See- und Küstenpatrouillen, Fortgeschrittenen-Ausbildung, Such- und Rettungsdienste oder Brandbekämpfung. Optische Hauptunterschiede zu bisherigen Bildern beziehungsweise zum 2019 in Zeltweg zu sehenden AW169-Modell sind das Kufengestell und eine erweiterte Rumpfnase für zusätzliche Ausrüstung. Auffällig sind außerdem die sogenannten „Coanda Strakes” entlang der Oberkante des hinteren Rumpfes sowie die zweimal gekröpften Endscheiben am horizontalen Leitwerk, beides im Zusammenhang mit dem Umströmverhalten um den Heckrotor beziehungsweise Verwirbelungen durch das Kufengestell.

@Oscar Bernardi
Der erste „169er” in der neuen Konfiguration, welchem die Seriennummer 72001 beziehungsweise die experimentelle Seriennummer CSX 82014 zugewiesen wurden.

Bekanntlich soll der neue Hubschrauber die alternden Kampfunterstützungshubschrauber (Elicotteri da Supporto al Combattimento, ESC) ersetzen, die derzeit noch bei den italienischen Heeresfliegern im Einsatz sind, wie die frühen A-109, AB-205, AB-206, AB -212 und AB-412. Damit soll er die Lücke schließen, welche sich aufgrund alterungsbedingter Ausfälle jener Typen auftun. Zudem soll die Logistik mit einer Flotte aus nur einer Plattform anstatt aus fünf optimiert werden. Immerhin wurden Teile jener alten Flotte bereits zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren in Dienst gestellt.

Der erste AW169 LUH soll noch heuer zusammen mit einem zweiten Hubschrauber zuerst an die Guardia di Finanza (Zollpolizei) ausgeliefert werden. Die Heeresflieger könnten dann 2022 den ersten neuen M-Hubschrauber erhalten (zwei als UH-169B bezeichnete Umschulungshubschrauber wurden bereits übergeben), während die von den Carabinieri (Militärpolizei) bestellten Hubschrauber dann beginnend mit dem Jahr darauf zulaufen sollen.

@Leonardo
In einer neuen Leonardo-Broschüre sind die zahlreichen Ausrüstungspakete und -möglichkeiten des AW169 abgebildet.

Die fortschrittlichere Mehrzweckkonfiguration des AW169 LUH, die derzeit als AW169 MA entwickelt wird, wird äußerlich – abseits der Kufen statt der Räder – wohl jener für die Guardia di Finanza ähnlich sein. Eigentlich sollte bezüglich der hierzulande angestrebten Prämisse eines „Joint Procurements” mit dem italienischen Segredifesa (dem Beschaffungsdirektorat des römischen MoD) künftig über diese MA-Version gesprochen werden, denn nur jene dürfte die durch das BMLV gestaffelt projektierten Fähigkeitszeitpunkte für angestrebte Flug- und Missionsausrüstung abdecken, einschließlich Nachtsichtbrillentauglichem Glass-Cockpit und fortschrittlichen C4-Systemen, Rettungswinde mit Schnellabseilausrüstung, elektrooptisches/Infrarot-(EO/IR)-Gimbal, Selbstverteidigungssysteme, Suchscheinwerfer, Lautsprecher, Lasthaken sowie natürlich interne (Doorguns) und externe Waffenstationen. Seitens der italienischen Heeresflieger ist das jedenfalls alles eingetaktet.

Das Armeeprogramm sieht seit April 2020 insgesamt 22 Hubschrauber sowohl in der B-Trainings- als auch in der fortgeschrittenen MA-Version des LUH vor, wie es auch dem italienischen Parlament vorgelegt wurde. Der veröffentlichte vorläufige Bericht der Direzoine ARMAEREO (Armamenti Aeronautici e per l’Aeronavigabilità) nennt nur 15 Hubschrauber in der fortschrittlichen MA-Mehrzweckkonfiguration mit einem sogenannten Alternate Gross Weight von 5.100 Kilogramm (statt 4.800 Kilogramm der Basisversion). Laut einigen Quellen werden die fünf im ARMAEREO-Bericht für die Armee nicht erwähnten Hubschrauber an die Carabinieri gehen. Das – von 22 Prozent Steuer befreite – Programm wird entlang einer neunjährigen Rückzahlung bis 2028 abgewickelt. Die in heimischen Medien bisweilen kolportierten bis zu 100 Stück AW169 für Italien sind angesichts der zu ersetzenden Typen langfristig realistisch, werden aber wohl noch mehrere Pakete brauchen.

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Quelle@Oscar Bernardi