Stefan Thumann ist Gründer, Geschäftsführer und Chefkonstrukteur der Donaustahl GmbH. Das niederbayerische Defence-Start-Up gilt mit seiner Maus-Plattform als Deutschlands führendes Unternehmen im Bereich Loitering Munition und großer Unterstützer der ukrainischen Streitkräfte bei ihrem Abwehrkampf gegen Russland (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg).

Innerhalb von nur zwölf Monaten hat sich Donaustahl als hochspezialisierter Entwickler von Wirkmitteln für Kampf-UAV und FPV-Gefechtselektronik etabliert. Als gefragter Experte sprach Thumann bereits auf einer Veranstaltung der UXS Alliance (-> Quantum Systems & ARX Robotics gründen UXS Alliance) im November in Berlin. Auch Konzerne wie die Hensoldt-Gruppe haben das junge Unternehmen auf dem Radar, wie kürzlich auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) bekannt wurde. Und diese Woche war Thumanns Firma auch dem Nachrichtenmagazin Spiegel einen längeren Bericht wert.

Herr Thumann, Ihr Unternehmen ist derzeit in aller Munde. Wann haben Sie Donaustahl gegründet und wie hat sich das Unternehmen seither entwickelt?
Donaustahl hat 2020 den Betrieb aufgenommen und war ursprünglich ein Hersteller von Kurzwaffen-Anschlagschäften. Ab Anfang 2023 haben wir dann aber immer mehr unsere Fühler ausgestreckt und unser Produktportfolio erweitert. Zunächst produzierten wir für die ukrainischen Streitkräfte neben unseren Anschlagschäften auch geschützte Ampullenträger für Combat-Medics und Feldeinsatzkits für die Starlink-Sat-Kabel. Hier haben wir gute Kontakte geknüpft und haben uns das Vertrauen der Ukrainer erarbeitet. Schon bald haben wir aufgrund der stetig steigenden Nachfrage Strukturteile für Fixed-Wing-UAV hergestellt. Aber erst der akute Bedarf an FPV-Quadcopter hat mich dann dazu bewegt, ein eigenes System zu entwickeln. Die Expertise holen wir uns durch die enge Zusammenarbeit von Donaustahl Mitarbeitern vor Ort und mit den ukrainischen Streitkräften direkt aus dem Feld. Wir haben keine Angst bis ganz nach vorne zu gehen. Man kann also sagen, Donaustahl hat sich gut entwickelt.

Übergabe von Donaustahl-Drohnen an die ukrainische Drohnen-Einheit „Kraken” – ©Donaustahl
Übergabe von Donaustahl-Drohnen an die ukrainische Drohnen-Einheit „Kraken”.

Wie sieht die Produktpalette jetzt aus?
Wir können bei der FPV-Nahbereichs-Kriegsführung das gesamte Spektrum abbilden. Wir haben mit der Adaptive Loitering Munition Plattform Maus ein als Kriegswaffe eingestuftes Universalkampfmittel entwickelt, dass modular an alle Kundenwünsche angepasst werden kann. Hinzu kommt die Fähigkeit, eine breite Palette an Wirkmittel zu integrieren. Darüber hinaus haben wir eigene Gefechtsköpfe und Granaten speziell für den UAV-Einsatz entwickelt.

Generalleutnant Hofbauer: „Wir machen ordentlich Tempo!“

Was bringt die absehbare Zukunft bei Donaustahl?
Neu ist unser Geschäftsbereich „Gefechtselektronik”. Hier entwickeln wir Hardware speziell für den Einsatz in Kampfdrohnen. Die Zukunft wird noch etliche weitere Drohnenprojekte hervorbringen. Sowohl die russischen Gleitbomben wie auch den zivilen Bereich wollen wir uns vorknöpfen.

Drohnen-Bauteil – ©Donaustahl
Sieht einfach aus, und ist es auch – hat im Endausbau aber das Potenzial, der Ukraine bei ihrem Abwehrkampf gegen Russland entscheidend zu helfen.

FPV ist ein Thema drastischer Gegensätze. Wenn man ein Bataillon Panzer bestellt, dauert das fünf Jahre bis zu Lieferung – im Optimalfall. Die FPV-Drohnen, die diese Panzer vernichten sollen, sind möglicherweise schon innerhalb weniger Tage im Inventar. Allerdings: Dieselben Leute, die es als normal empfinden, eine Lenkwaffe um zehntausende oder hunderttausende Euro one Way zu verschießen, machen sich Gedanken, dass die paar hundert Euro teure Drohne nicht zurück kommt. Wird das Thema Drohnen und FPV bei uns immer noch falsch gedacht?
Da bin ich zwiegespalten. Einerseits sehe ich zum Beispiel in der Bundeswehr viele sehr fähige Menschen, die das Thema sehr ernst nehmen und die Fähigkeitslücke erkannt haben. Andererseits gibt es genau so viele, die das Wort Drohne nicht mal richtig schreiben können. Der Zivilbevölkerung ist das Thema größtenteils egal. Die denken beim Thema Drohne nach wie vor an die US Predator oder irgendwelchen Science Fiction Kram. Die werden erst aufwachen, wenn uns russische, iranische oder vor allem chinesische UAV um die Ohren fliegen.

©Militär Aktuell

Die Rüstungsbranche zählt zu den Gewinnern der Zeitenwende. Die Auftragsbücher sind voll, die Aktienkurse steigen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Donaustahl auch an einer Art Beteiligungsmodell arbeitet. Ab wann dürfen sich Interessenten bei Ihnen melden?
Hier ist das große Problem der Kosten- und Zeitfaktor. In eine AG umzuwandeln, es bewerten zu lassen und an die Börse zu bringen, würde hunderttausende Euro kosten und bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen. Geld und Zeit, das wir als Defence Unternehmen, dass vom Geldmarkt abgeschnitten ist, nicht haben und ich lieber in die Entwicklung meiner Produkte und in Mitarbeitergewinnung stecken möchte. Also scheidet Börse mittelfristig aus. Alternativen zu einem Börsengang gibt es. Allerdings haben diese auch erhebliche Nachteile. Wir sind immer noch auf der Suche nach einer Lösung. Aber vereinfacht gesagt: Es kostet zu viel Geld um Geld auf diese Weise einzunehmen.

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