Mit der Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) hat das Bundesheer eine Katastrophenhilfe-Einheit, die schon in vielen Einsätzen weltweit Menschenleben gerettet und die Not der Überlebenden gelindert hat.

Am 7. Dezember 1988 ereignete sich nahe der nordarmenischen Stadt Spitak in der damaligen Sowjetunion ein Erdbeben mit einer Stärke von 6,9 auf der Momenten-Magnituden-Skala (nach Richter). Mit einer geschätzten Anzahl von 25.000 Toten und einer Million Obdachlosen zählt es zu den schwersten Erdbeben der vergangenen Jahrzehnte. Michail Gorbatschow, der damalige sowjetische Staatspräsident, ersuchte die internationale Staatengemeinschaft um Katastrophenhilfe. Neben vielen anderen westlichen Staaten kam auch die Republik Österreich diesem Hilfeansuchen mit der Entsendung von Such- und Rettungsteams der ABC-Abwehrtruppe nach. Drei Tage nach dem verheerenden Beben flogen die ersten Mannschaften per zivilem Lufttransport in das Katastrophengebiet. In dem zwei Wochen lang dauernden Rettungseinsatz gelang es den österreichischen Helfern, insgesamt 14 Personen lebend aus den Trümmern zu befreien.

@Bundesheer
In den zehn Tagen ihres Einsatzes in Armenien behandelten die österreichischen Soldaten in den rund 35 Rettungseinsätzen mehr als 400 Personen, 14 Verschüttete konnten lebend aus den Trümmern geborgen werden.

Die Rettungs- und Bergekräfte des Bundesheeres waren auf einen Einsatz dieser Art weder personell noch materiell vorbereitet. Deshalb gab der damalige Verteidigungsminister Robert Lichal die Weisung zur Aufstellung einer Katastrophenhilfeeinheit: der AFDRU (Austrian Forces Disaster Relief Unit).

In den vergangenen 30 Jahren war die Einheit weltweit im Einsatz. Etwa 1999 in Taiwan, ein Jahr darauf in Mosambik oder 2004 im Iran. Zu den Aufgabengebieten gehört aber nicht nur das Suchen und Finden von Verschütteten bei einem Erdbeben (siehe weiter unten). „Da sich AFDRU aus Freiwilligen zusammensetzt, ist in jedem Fall sichergestellt, dass das Kontingent aus höchst motivierten und gut ausgebildeten Personen besteht”, sagt Amtsdirektor Arno Umfahrer, Senior Training Officer for International Disaster Assistance. „Zusätzlich zu den militärischen Fähigkeiten wird durch den Milizanteil dafür gesorgt, dass auch zivile Kompetenzen aus den verschiedensten Bereichen eingebracht werden, was letztendlich dazu führen kann, im Einsatzraum und bei Bedarf flexibel reagieren zu können.”

Um die Hilfe international koordinieren zu können, schlossen sich einige europäische Länder unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zusammen. An der Schaffung der INSARAG, der International Search and Rescue Advisory Group, war Österreich maßgeblich beteiligt. Der Grundstein dafür wurde in einem Workshop auf dem Truppenübungsplatz Wattener Lizum gelegt. Heute ist die AFDRU ein flexibles und effizientes Element für internationale Katastrophenhilfe, das, um das Gastland nicht zu belasten, eine 14-tägige Versorgungsautonomie besitzt und im Bedarfsfall in acht bis zehn Stunden abmarschbereit ist. Nach der verheerenden Explosion in Beirut im vergangenen August war eine Kompanie der AFDRU eingemeldet. „Die Entscheidung, ob AFDRU in den Einsatz geht oder nicht, ist dann eine politische”, sagt Umfahrer.

Austrian Humanitarian Contingent/Poland (ATHUM/PL), 1. – 29. August 1997
Nach schweren Regenfällen trat im Raum Oderbruch die Oder über die Ufer und überflutete weite Teile Westpolens. Der Auftrag lautete: Sicherstellung der Trinkwasserversorgung durch den Betrieb von Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Freiräumen und Dekontaminierung von Wasserentnahmestellen und die Analyse der im Einsatzraum vorhandenen Wasserbezugsquellen auf Unbedenklichkeit. Im Einsatzraum Nova-Soi bereitete das 40 Mann starke Kontingent rund 850.000 Liter Trinkwasser auf und versorgte damit 6.000 Menschen in 21 Ortschaften.

@BundesheerAFDRU/Turkey (AFDRU/TU 1),18. – 25. August 1999
In der Nacht vom 16. auf den 17. August 1999 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,6 nach Richter den Bereich der nordwestlichen Türkei. Yalova war eine der am schlimmsten betroffenen Städte. Die internationale Hilfe lief bereits in den Morgenstunden des 17. August an, einen Tag später waren 1.000 Helfer aus 19 Nationen im Bebengebiet. Ein 67 Mann starkes AFDRU-Kontingent war in den Nachtstunden des 17. August verlegt worden mit dem Auftrag: Suche und Bergung von Verschütteten unter Einsatz von Suchhunden und Spezialgerät. Gleich am 18. wurde damit begonnen. Zwölf Menschen konnten lebend geborgen werden.

Multinational Search and Rescue Unit/Taiwan (S&R/TW), 22. – 29. September 1999
Am 21. September 1999 um 01.47 Uhr ereignete sich in Zentraltaiwan ein schweres Erdbeben der Stärke 7,6 bis 7,7 nach Richter. Fast 100.000 Gebäude wurden bei diesem Beben vollständig oder teilweise zerstört. Die taiwanesische Regierung forderte internationale Hilfe an. Einsatzkräfte aus Österreich, Deutschland und der Schweiz arbeiteten zusammen. Die Schweizer sollten für die biologische Ortung, die Deutschen für die Rettung und die Österreicher für die technische Ortung, statische Beurteilung und notfallmedizinische Versorgung verantwortlich sein. Dabei konnten 18 Verschüttete geortet, 13 Personen aber nur mehr tot geborgen werden.

Austrian Forces Disaster Relief Unit/Turkey 2 (AFDRU/TU2), 13. – 21. November 1999
Zwei Monate nach dem Einsatz in Yalova bebte am 12. November 1999 in der Türkei wieder die Erde. Die Türkei bat nach dem Beben mit der Stärke von 7,1 nach Richter im Gebiet der Stadt Düzce die internationale Staatengemeinschaft um Hilfe. Auch Österreich beteiligte sich wieder. Der Auftrag: Suche und Bergung von Verschütteten unter Einsatz von Suchhunden und Spezialgerät. Das 113 Mann starke Kontingent verfügte über vier Rettungs- und Bergegruppen, einen Kommando- und Versorgungsanteil sowie eine ABC-Abwehr- und eine Wasseraufbereitungsgruppe. Diesmal konnten die Österreicher allerdings in Zusammenarbeit mit anderen Teams „nur” einen Lebenden bergen.

@BundesheerATHUM/Moçambique (ATHUM/MOC), 16. März – 19. April 2000
Anfang Februar 2000 führte eine Flut und Wirbelsturmkatastrophe in den Ländern Südafrika, Botswana und Mosambik zu schweren Überflutungen. Am schlimmsten war die Situation in Mosambik. UN-Generalsekretär Kofi Annan selbst rief die internationale Staatengemeinschaft zur Hilfe auf. Auch Österreich kam diesem Aufruf nach und entsandte ein Wasseraufbereitungskontingent mit 64 Mann in die Provinz Xai-Xai. Der Auftrag: Trinkwasseraufbereitung, Entminungsdienst, notfallmedizinische Versorgung. Insgesamt wurden von den österreichischen Soldaten während ihres Einsatzes etwa 3,3 Millionen Liter Trinkwasser produziert.

@BundesheerAFDRU/Algeria (AFDRU/AG), 23. – 29. Mai 2003
Im Mittelmeer bebte 20 Kilometer vor Boumerdès, der Hauptstadt der gleichnamigen algerischen Provinz, am 21. Mai 2003 die Erde mit der Stärke 6,8. Dabei verloren rund 2.200 Menschen ihr Leben. Nach einem Hilfeersuchen der algerischen Regierung schickte das Österreichische Bundesheer ein Kontingent mit 39 Mann. Leider konnte die AFDRU-Einheit keine Lebenden bergen. Ein Mädchen, das bei dem Beben beide Arme verloren hatte, wurde für die weitere ärztliche Versorgung nach Österreich ausgeflogen.

AFDRU/Iran (AFDRU/IR), 27. Dezember 2003 – 2. Jänner 2004
Als in der Provinz Kerman in der Islamischen Republik Iran am 26. Dezember 2003 die Erde bebte, wurde noch am selben Tag bei der AFDRU der Probealarm ausgelöst. Einen Tag darauf traten 120 Männer und Frauen der ABC-Abwehrtruppe und zivile Hundeführer den Lufttransport nach Bam an. Der Auftrag: Suche und Bergung von Verschütteten unter Einsatz von Suchhunden und Spezialgerät. Es wurde sofort mit den Rettungsmaßnahmen begonnen. Aber bis auf zwei Kinder konnten nur Tote geborgen werden.

@BundesheerAustrian Rescue Team/Thailand (ART/Thailand) und Sri Lanka (ART/Sri Lanka), 28. Dezember 2004 – Mai 2005 beziehungsweise 4. Jänner – 16. Februar 2005
Kurz nach Weihnachten löste am 26. Dezember 2004 ein Untersee-Erdbeben in Westindonesien – das drittstärkste jemals aufgezeichnete Beben – einen verheerenden Tsunami an den Küsten des Indischen Ozeans aus. Als Erstes wurden Katastrophenhilfeexperten entsandt, deren Aufgabe es war, österreichische Staatsbürger zu suchen, Opfer zu identifizieren, psychosoziale Betreuung für Betroffene zu bieten und bei der Heimreise zu unterstützen. Am nächsten Tag brach ein weiteres Team nach Sri Lanka auf. Gleichzeitig lief im Rest der Welt die größte militärische humanitäre Hilfeoperation an. Insgesamt beteiligen sich 35 Staaten mit 30.000 Soldaten. Auch österreichische Soldaten waren vor Ort, unter anderem zur Trinkwasseraufbereitung in Sri Lanka.

@BundesheerAFDRU/Pakistan (AFDRU/PAK), 13. Oktober – 7. Dezember 2005
Ein Erdbeben der Stärke 7,6 nach Richter erschütterte am 8. Oktober 2005 die pakistanische Provinz Kaschmir. Auf Ersuchen Pakistans beschloss der Ministerialrat die Entsendung eines 70 Soldaten starken Kontingents. Der Auftrag: Trinkwasseraufbereitung, Wasseranalytik, sanitätsdienstliche Maßnahmen. Am 13. Oktober wurde die Einheit verlegt, kurze Zeit später konnten 40.000 Menschen mit frischem Trinkwasser der Österreicher versorgt werden. Insgesamt bereiteten die Österreicher 4,8 Millionen Liter auf und erstellten 210 Trinkwasseranalysen für die WHO.

@BundesheerAFDRU/Bosnia and Hercegovina (AFDRU/BiH), 16. Mai – 22. Juli 2014
Im Mai 2014 wurden Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina von der schlimmsten Hochwasserkatastrophe seit Jahrzehnten heimgesucht. Nach der Anforderung um Katastrophenhilfe schickte das Bundesheer 78 Soldaten in den Raum Orašje in Bosnien und Herzegowina. In diesem vielschichtigen Einsatz wurden innerhalb der ersten Tage in mehr als 300 Flügen mit Alouette III- und Black Hawk-Hubschraubern mehr als 900 Menschen gerettet. Danach begann die Verteilung von Trinkwasser, Essen, Medikamenten und Hygieneartikeln in den nicht am Landweg zu erreichenden Gebieten. Täglich wurden bis zu 240.000 Liter Trinkwasser produziert. Insgesamt stellte das Bundesheer während des Einsatzes rund drei Millionen Liter sauberes Wasser für 50.000 Menschen in 26 Ortschaften zur Verfügung.

Quelle@Bundesheer