Das Kommando Spezialkräfte (KSK) der deutschen Bundeswehr steckt in seiner bisher schlimmsten Krise. Mit verschiedenen Maßnahmen möchte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer den rechtsextremistischen Tendenzen innerhalb der Einheit nun den Nährboden entziehen. Eine vollständige Auflösung schließt sie nach wie vor nicht aus.
Im direkten Vergleich mit anderem Einheiten der deutschen Bundeswehr ist das Kommando Spezialkräfte (KSK) noch recht jung. Die Einheit wurde im September 1996 aufgestellt, weil sich deutlich abgezeichnet hatte, dass den deutschen Streitkräften eine Einheit fehlt, die imstande ist Staatsbürger und Soldaten aus gefährlichen Situationen zu holen. Stationiert ist das KSK in Calw in Schwarzwald, die Jagd nach Kriegsverbrechern, bei der die Spezialeinheit häufig zum Einsatz kommt, sorgt aber für Einsätze auf der ganzen Welt.
2020 steckt das KSK nun in der schwersten Krise seiner Geschichte: Teile der Einheit sind klar nach rechts gedriftet und es entwickelten sich extremistische Tendenzen, die außerhalb der deutschen Verfassung liegen. Dass solche Tendenzen bestehen, ist allerdings nicht erst seit Mai klar, als auf dem Privatgrundstück eines Oberstabsfeldwebels des KSK verschiedene Waffen gefunden wurden. „Die Zuspitzung der Ereignisse innerhalb des KSK in Bezug auf extremistische Tendenzen hat seinen sichtbaren Ursprung im Jahr 2017”, heißt es in dem Bericht der Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte. Der Bericht nimmt Bezug auf eine Abschiedsparty für den Kompaniechef der 2. Kompanie, auf der mehrere KSK-Soldaten den Hitlergruß gezeigt haben sollen.
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer möchte sich nun mit aller Kraft und Konsequenz gegen Rechtsextremismus innerhalb der Bundeswehr einsetzen. „Wenn diejenigen, die für eine wehrhafte Demokratie stehen, wenn diejenigen, die einen Amtseid oder ein Gelöbnis ablegen für die Verfassung, die bereit sind im Zweifel, und das gilt insbesondere für das KSK, Leib und Leben zu riskieren, wenn diejenigen in ihren eigenen Reihen Fälle haben, Männer und Frauen haben, die gegen diese Verfassung kämpfen, die erkennbar rechtsextremistisch sind, dann gefährdet das die Stabilität der gesamten Demokratie”, erklärt sie im ARD-Sommerinterview.
Das Vorgehen gegen solche Tendenzen sei daher „unserer aller Aufgabe” und „meine ganz besonders”, setzt sie noch hinzu. Ein Drahtseilakt, wie sich schnell herausstellte, denn die Bundeswehr möchte auf keinen Fall auf die Fähigkeiten des KSK verzichten. Rechtsextremistische Tendenzen in der Bundeswehr möchte man trotzdem auf gar keinen Fall tolerieren – diesen soll bedingungslos der Nährboden entzogen werden.
Gemeinsam mit einer von Generalinspektor Eberhard Zorn geführten Arbeitsgruppe wurden deshalb Strukturmaßnahmen erarbeitet, die auf mehreren Ebenen Ergebnisse bringen sollen. So möchte Kramp-Karrenbauer die 2. Kommandokompanie des KSK zur Gänze auflösen, da diese Kompanie von der Arbeitsgruppe als Keimzelle des Rechtsextremismus innerhalb der KSK identifiziert wurde. Darüber hinaus müsse jedoch auch die Ausbildung der KSK-Soldaten reformiert werden. Die Abschottung der Einheit, die kaum in Kontakt zu anderen Einheiten der Bundeswehr steht, hätte die Verhärtung solcher Gedankenkonstrukte begünstigt. Eine vollständige Auflösung des KSK sei damit jedoch nicht ausgeschlossen, sagt die Ministerin. „Sollten insbesondere die Selbstreinigungskräfte des KSK nicht hinreichend Wirkung zeigen, wird sich unausweichlich die Frage stellen, ob das KSK in seiner jetzigen Form am bisherigen Standort erhalten bleiben kann.”
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