Airbus hat einen schon länger erwarteten Vertrag über den Kauf von 56 Transportflugzeugen C295 zur Erneuerung der veralteten HAL-748-Flotte der Indian Air Force (IAF) formell abgeschlossen. Der Vertrag sieht die Auslieferung von 16 voll einsatzfähigen Maschinen von der Airbus-Endmontagelinie im spanischen Sevilla innerhalb von vier Jahren vor.
Wie Hersteller Airbus Defence & Space (Airbus DS) – der ehemalige spanische Hersteller CASA gehörte seit 1999 zum Airbus DS-Vorläufer EADS – am 24. September mitteilte, handelt es sich bei dem Deal um das erste sogenannte „Make in India”-Programm im privaten Luft- und Raumfahrtsektor. Es umfasst den kompletten industriellen Zyklus – von der Teilefertigung, Endmontage, Test und Qualifizierung bis hin zur Lieferung und Wartung über den gesamten Lebensweg des Systems hinweg.
Die folgenden 40 Flugzeuge werden im Rahmen einer Industriepartnerschaft mit Airbus von Tata Advanced Systems (TASL) in Indien gefertigt und (vermutlich in Hyderabad) montiert. Alle C295-Maschinen für die IAF werden in Transportkonfiguration übergeben und in Folge vor Ort mit einem elektronischen Selbstschutzsystem aus der Bharat-Gruppe ausgestattet. Zum Kaufpreis der Flugzeuge machten beide Partner keine Angaben. Indische Medien berichteten von etwa 220 Milliarden Rupien, das wären rund 2,55 Milliarden Euro.
Wie Michael Schöllhorn als CEO von Airbus DS erläuterte, wird der Vertrag „die Entwicklung der indischen Luftfahrtindustrie voranbringen” und über zehn Jahre 15.000 direkte sowie weitere 10.000 indirekte Arbeitsplätze beispielsweise bei Bharat Electronics Ltd und Bharat Dynamics Ltd sowie eine komplette Palette erstklassiger Flugzeugbau- und Serviceaktivitäten schaffen. Die IAF wird der weltweit 35. Betreiber der C295, das Programm umfasst mittlerweile 278 Flugzeuge, von denen 200 im Dienst stehen und bereits mehr als eine halbe Million Flugstunden absolviert haben. In Österreichs Nachbarschaft sind solche Maschinen beispielsweise bei der tschechischen und polnischen Luftwaffe im Dienst. Eine kürzere CASA C235 wurde vor Jahren einige Zeit auch in Langenlebarn getestet.
Dank ihrer Fähigkeit, von kurzen oder unbefestigten Pisten aus zu operieren, wird die C295 für den taktischen Transport von bis zu 71 Soldaten oder 50 Fallschirmjägern und für logistische Operationen zu Einsatzgebieten entsandt, die für schwerere Flugzeuge nicht zugänglich sind. Die C295 kann Fallschirmjäger und Lasten aus der Luft absetzen, aber auch – wie jüngst in der COVID-Krise – für die Evakuierung von Verwundeten und die medizinische Evakuierung (MedEvac) mit einfachen Tragen oder einer mobilen Intensivstation mit Lebenserhaltungssystemen ausgerüstet werden.
Ablöse der legendären Avro
Die C295 werden in der IAF die HAL 748er ablösen, eine indische Lizenzproduktion der Avro- beziehungsweise (später) Hawker-Siddeley-748. Davon wurden ab 1961 durch Hindustan Aeronautics (HAL) insgesamt 89 Stück in Bangalore gefertigt, von den 72 an die IAF gelieferten Maschinen waren 2018 noch 57 im Dienst. Zwischen 1975 und 1999 meldete die IAF vier Totalverluste mit 86 Toten, zuletzt starben acht Personen in einer Testzelle für einen konzipierten AWACS-Upgrade. HAL hat bis zuletzt versucht, der skeptischen IAF eine Modernisierung anzubieten und sah dafür vor allem bei den letzten 20 an ausgelieferten 748-2M (mit großem Frachttor) gute Chancen, da diese trotz ihres Alters nur 30 Prozent ihrer Zellenlebensdauer verbraucht hätten, weil sie nur mit Militärpersonal, deren Anehörigen und leichten Gütern zwischen indischen Stützpunkten verkehrt hätten. Die Obsoleszenzen hätten damit nichts mit der Zelle zu tun gehabt, sondern mit der veralteten technischen Ausrüstung und den Dart-Turboproptriebwerken. Am Ende hat die IAF aber offenbar Lehren aus den jahr(zehnte)langen Modernisierungen diverser Muster gezogen und jetzt für Neugerät optiert.
Zwei zivile HS748-226-2A flogen unter der Bezeichnung Belverdere übrigens von 1966 bis 1969 auch bei Austrian Airlines, der Vater des Autors hatte (auch) darauf beim ehemaligen BAZL Wartscheinprüfungen absolviert. Ihre Indienststellung in Linz-Hörsching geriet – wie sich die Zeiten geändert haben – zum großen Volksfest samt J-29-Display, wie im nachfolgenden Video zu sehen ist.
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