Ende 2018 bestellten die ungarischen Streitkräfte (Magyar Honvédség) bei der deutschen Panzerschmiede KMW insgesamte 44 Leopard 2A7 (Militär Aktuell berichtete) um damit die 22 T-72 ihrer zwei Panzerkompanien zu ersetzen. Dem Vernehmen nach suchten die Ungarn nach gebrauchten A5 oder A6, die aber am Markt nicht verfügbar waren und sind. Daher wurde in die Vollen gegriffen und gleich das Topmodel A7 geordert. Die Auslieferung der ersten Modelle ist für 2023 geplant, eine erste Einsatzbereitschaft ist nicht vor 2025 zu erwarten, eine volle gefechtstechnische, taktische und logistische Einsatzbereitschaft wird wohl die zehn Jahre Einführungsphase vollmachen.

@Panzerbataillon 14Um den Umstieg vom sowjetischen T-72 auf die westlich Panzertechnik in Form des Leopard 2 zu erleichtern, wurden durch KMW zwölf Leopard 2A4 in Form einer Leasing-Variante zur Verfügung gestellt. Diese zwölf Panzer sind in Österreich durchaus bekannt, stammen sie doch aus der Reduzierung der österreichischen Panzerflotte von drei auf ein Panzerbataillon – damit sind diese Panzer echte Europäer: In Deutschland gebaut für die niederländische Koninklijke Landmacht, später an das ÖBH verkauft, von KMW zurückgekauft und nun an die Ungarn geleast. Der Konfigurationsstand ist gleich wie der im österreichischen Panzerbataillon 14. So sind diese auch mit dem FN-MAG Maschinengewehr, der VIC-3.0 Interkom-Anlage und dem Funkgerät RACAL ausgerüstet. Da weder KMW noch die deutsche Bundeswehr mehr über Simulatoren für den Leo 2A4 verfügen, kam für die Ausbildung der ungarischen Soldaten Österreich und das Panzerbataillon 14 schnell ins Spiel. Dass der rot-weiß-rote Verband über bestausgebildete Soldaten verfügt, wurde ja seit 2017 mehrfach unter Beweis gestellt. Das Training beim Nachbarn kam natürlich für die Kameraden aus Tata auch geografisch gelegen.

Es wurde vorerst eine Ausbildungskooperation für die Jahre 2020 und 2021 vereinbart. Neben der Covid-bedingt auf 2021 verschobenen Fahrschule für acht ungarische Soldaten wurden beginnend mit dem 28. September ein insgesamt sechswöchiger Block vereinbart. Davon werden in den ersten und in den letzten beiden Wochen die Simulatoren in Wels intensiv genutzt und die zwei Wochen in der Mitte dienen zur Vertiefung des Erlernten und der Umsetzung in Ausbildungsbehelfe in Ungarn.

@Panzerbataillon 14
Die ungarischen Kameraden beim Bataillonsantreten des Panzerbataillons 14.

Alle 16 ungarischen Soldaten sind Angehörige des Panzerbataillon 11 aus Tata, dass circa auf halbem Weg zwischen Nickelsdorf und Budapest liegt. Die Kameraden sind hoch engagiert bei der Ausbildung, allerdings zeigen sich doch erhebliche Unterschiede zwischen dem T-72 und dem Leopard 2. Zum Einsatz kommen bei dieser Ausbildung die zwei Ausbildungsanlagen Turm sowie beide Schießsimulatoren. Eine Einweisung in das FN-MAG und das RACAL runden das Programm ab. Dabei ist nicht nur die Funktion des Ladeschützen augenscheinlich neu. Auch die volle Stabilisierung, der präzise Laserentfernungsmesser und der dynamische Vorhalt zur Bekämpfung von Zielen in Bewegung erfordern eine grundlegende Neuausrichtung in der Handhabung des Systems Kampfpanzer. Natürlich können die Wochen in Wels nur die Spitze des Eisberges abdecken und es wird noch viel Wasser, die Traun über die Donau bis Budapest fließen, bis neben den Einzelfunktionen, Besatzungen, Zügen oder gar Kompanien gebildet sein werden.

@Panzerbataillon 14Die wesentlichen Schlüsse, neuhochdeutsch Lessons Identified, die sich für das Panzerbataillon 14 ergeben, sind, dass die Einführung eines völlig neuen Waffensystems mit Sicherheit zehn Jahre dauert, die Verfügbarkeit von neuem Gerät am Weltmarkt mehr als begrenzt ist und es ein langer und steiniger Weg ist, einmal beherrschtes Können wieder zu erlangen. Für das Österreichische Bundesheer muss die Lesson Identified sein, dass Waffengattungen zumindest im Umfang eines kleinen Verbandes zur Verfügung stehen müssen, um die notwendige Aufwuchsrate im aktiven Bereichen und im besonderen Maße auch für die Miliz gewährleisten zu können.

Neue Leopard-Kampfpanzer für ungarische Armee

Die strategische Vorwarnzeit von zehn Jahren beginnt immer morgen, denn ein Panzer-, Fliegerabwehr-, Cyberkampf- oder auch Drohnenverteidigungsbataillon braucht immer zehn Jahre, um einsatzbereit zu sein. Damit ist das Vorhalten von maximal kompaniestarken Kräften niemals ausreichend, logistisch extrem aufwendig und auch nicht ausreichend für den gefechtstechnischen, taktischen und im besonderen logistischen Wissenserhalt. In einer Epoche, in der ständig alte Konflikte an den Bruchlinien rund um Europa wieder aufbrechen, ist es verteidigungspolitisch unverantwortlich, nur auf die Szenarien höchster Eintrittswahrscheinlichkeit vorbereitet zu sein, zumindest für Streitkräfte.

@Panzerbataillon 14Für Szenarien wie die aktuelle Pandemie, großflächige Blackouts oder klimabedingte Naturkatastrophen muss ein Staat natürlich gerüstet sein. Dies sind aber gesamtstaatliche Aufgaben, bei der die Streitkräfte natürlich unterstützen, sofern sie nicht für ihre Kernaufgabe, die Landes- oder Bündnisverteidigung gebraucht werden. Der eben wieder heiß gewordene Konflikt um Bergkarabach zeigt (Militär Aktuell berichtete), dass eine Pandemie kein Garant für die internationale Zusammenarbeit und die Überwindung von staatlichen Dissonanzen sein muss, sondern durchaus als strategischer Schwächemoment von Akteuren auch geschickt ausgenutzt werden kann.

„A Tank is like a dinner jacket, you don´t need it very often, but when you do, nothing else will do.“

Dies führt uns wieder zum britischen Spruch: A Tank is like a dinner jacket, you don´t need it very often, but when you do, nothing else will do. Bei einer Einladung, bei der ein Dinnerjacket gefordert ist, wird man sich so rasch keines ausleihen können, sondern muss selbst eines besitzen und wissen, wie man es am glatten Parkett trägt! In diesem Sinne: Panzer Voraus!

Quelle@Panzerbataillon 14