Ein weiteres Kapitel in Sachen Gebraucht-Kampfjet-Markt: Die tunesische Luftwaffe verhandelt über die Übernahme eines Teils der F/A-18C/D Hornet, welche Kuwait ab nächstem Jahr schrittweise aus dem Dienst nehmen wird. Und Washington unterstützt offenbar diese Transaktion, die es vermeiden würde, seine Militärhilfe für Tunesien aufzustocken.
Der Generalstabschef der tunesischen Luftwaffe, Mohamed Hajjem, versucht offenbar, in Kuwait eine Lösung für sein dringendes Problem in Bezug auf die Modernisierung der tunesischen Jet-Flotte zu finden. Informationen aus dem Emirat zufolge, führt der General sehr fortgeschrittene Gespräche mit seinem kuwaitischen Amtskollegen Brigadier General-Pilot Saif Al-Husseini, um einen Teil der Jagdbomber F-18 Hornet aus dem kleinen Golfemirat zu übernehmen. Die Kuwait Air Force (KAF) ist gerade dabei, diese Flugzeuge, die in den frühen 1990er-Jahren von (damals noch) McDonnell Douglas erworben wurden, durch die neuere Version F-18E/F Super Hornet sowie durch Eurofighter Typhoon T3 zu ersetzen. Die genaue Anzahl der Zellen, die für Tunesien angedacht werden, steht noch nicht fest.
Die tunesische Luftwaffe muss dringend ihre alten F-5E/F (ähnliche sind auch Österreich nicht ganz unbekannt) aus 1984/85 ersetzen, von denen seit dem Absturz eines Flugzeugs an der libyschen Grenze im Oktober des vergangenen Jahres nur noch drei von ehemals zwölf Maschinen einsatzbereit sind. Bis vor kurzem waren für diesen Ersatz neue F-16 die „logische” Lösung, wie beispielsweise im benachbarten Marroko. General Jeff Harrigian als Kommandeur der USAF für Europa und Afrika sowie Barbara Barrett in ihren letzten Tagen als Air Force-Staatssekretärin, haben noch Ende 2020 dafür in Tunis lobbyiert. Aber gut zwei Milliarden Euro für diese Flugzeuge (siehe Slowakei oder Bahrain) bleiben finanziell außerhalb der Reichweite des tunesischen Staates. Auch der schwedische Hersteller Saab hat versucht, mit seinem Gripen in Tunis Meter zu machen. Aber auch dieses Gerät ist viel zu teuer für Tunesien, dem übrigens einzigen arabischen Land welches den Arabischen Frühling – eigentlich ging jener ja von Tunesien aus – halbwegs intakt, wenn auch politisch und wirtschaftlich geschwächt, überstanden hat. Als Alternative kämen auch noch bewaffnete Trainer etwa von Leonardo oder Aero-Vodochody in Frage. Tunesien fliegt noch einge ältere Exportversionen L-59T mit 23mm Kanonenbewaffnung. Deren naheliegender Nachfolger L-39NG als LCA ist aber erst Mitte nächsten Jahr fertig.
USA signalisieren Zustimmung
Die kuwaitischen F-18 würden diese Problematik sofort lösen, da Kuwait bereit wäre, sie zu einem symbolischen Preis von einer Million US-Dollar pro Stück (rund 830.000 Euro) an Tunesien abzugeben. Im Gegensatz dazu würden die Kosten pro Flugstunde (wohl rund 10.000 Euro) und die Wartungskosten für den Maghreb-Staat – im Vergleich zu den Tiger – eine neue Dimension und wohl zumindest einen FMS-finanzierten Wartungsvertrag mit Boeing bedeuten. In Summe wird die angestrebte Übertragung nach Tunesien von der Administration Joe Biden’s unterstützt, man ist in Washington derzeit angeblich abgeneigt, die Kosten für neue F-16 vorzustrecken oder zu übernehmen. Das Pentagon hat zu der Transaktion zwischen Kuwait und Tunis bereits eine prinzipielle vorherige Zustimmung gegeben, wie sie – siehe die jordanischen UH-60L für Österreich – für jede Wiederausfuhr amerikanischer Ausrüstung unerlässlich ist. Die tunesischen Piloten würden gegebenenfalls problemlos in den USA ausgebildet werden, es gibt seit 2011 eine vitale Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung. Aber auch um sich – falls nötig – eine US-Präsenz bezüglich des erst schwach stabiliserten Libyen und Algerien zu sichern. Letzteres wird in großem Stil von Russland unterstützt und ausgerüstet. Tunesien hat davon bereits mit der Lieferung von zwölf Black Hawk- und 24 leichten gebrauchten ex-US-Army Kiowa Warrior-Hubschraubern samt Hellfire-Flugkörpern profitiert und soll auch noch acht T6-C-Turboprop-Trainer erhalten. Jenen soll laut diesem Bericht die bewaffnete Version AT6-C Wolverine folgen.
Andererseits hat die Kooperation auch Grenzen, zumal Präsident Kais Saïed – wie vor ihm sein Vorgänger Béji Caïd Essebsi – gegen jede dauerhafte Errichtung eines US-Militärstützpunktes auf nationalem Territorium ist.
Kuwaits Hornets sind kampferprobt
Der (damalige) kuwaitische Airchief Generalmajor Abdullah Al Foudari hat vor ein paar Jahren gegenüber Militär Aktuell die alten F/A-18 des Emirats kommentiert. Sie wurden – nach den Lehren des Zweiten Golfkriegs Desert Storm – nach 1991 beschafft, ursprünglich 32 Ein- und acht Zweisitzer. Sie erstetzen Mirage F1CK und Douglas A-4KU (letztere bekämpften als erstes die einmarschierenden irakischen Truppen und fliegen nun als A-1 bei der brasilianischen Marine). Eine F-18 ist 2003 abgestürzt, zwölf Stück der verbliebenen Hornet haben in der arabischen Koalition im Jemen-Krieg 3.000 Einsätze geflogen. Davor hat ein Teil in den späten 1990er-Jahren an Southern Watch über dem Südirak teilgenommen. Generalmajor Al Foudari hob zudem hervor, dass „seine” F/A-18 betriebsstundenmäßig trotzdem in attraktiver Kondition wären, so hätten bereits früher die Hornet-Nutzer Malaysia und Kanada ihr Interesse deponiert.
Am 27. Juni 2018 erhielt Boeing den Auftrag über 1,24 Milliarden Euro für die Produktion und Lieferung von 28 F-18E/F Super Hornet Block-III für Kuwait. 22 einsitzige F-18E und sechs F-18F Zweisitzer, mit Kapazitätserweiterungen an der Zelle von 6.000 auf 9.000 Stunden Lebensdauer. Bevor dies jedoch überhaupt angekündigt wurde, hat Kuwait zudem am 5. April 2016 einen Vertrag über die Beschaffung von 28 Eurofighter Tranche-3 unterzeichnet, abgeschlossen zwischen dem kuwaitischen Verteidigungsministerium und (inzwischen) Leonardo als Programmpartner. Auch diese Beschaffung umfasst 22 einsitzige und sechs zweisitzige Flugzeuge, beide Lieferungen sollen 2022 beginnen. Die neuen Super Hornet werden übrigens zuerst an die US-Navy ausgeliefert und dann an Kuwait übergeben.
Tunesische Tiger aktiv im Einsatz gegen Islamisten
Als am 6. Oktober 2020 eine tunesische F-5E bei Remada in der Tataouine-Provinz abstürzte wobei der Pilot ums Leben kam, erläuterte Kommandant Hajjem, dass jener auf einem Einsatzflug entlang der volatilen Ostgrenze zu Lybien war. Und er erinnerte, dass – für uns mit Tunesien als Nur-Urlaubsland weit weg vom Radar – die Flotte der 15. Staffel seit 2013 wiederholt in durchaus verlustreichen Kämpfen in der Grenzregion um Mt. Chaambi und Jebel Samama (siehe Bericht) gegen Bodenziele wie Fahrzeugkolonnen von Islamisten der Ansar al-Sharia und mit Al Qeada verbündeter Kämpfer eingesetzt wurde. Davor kam es seit 2011 auch zu Einsätzen gegen Guerillas und Waffenschmuggler aus Algerien. Ein weiteres, uns vielleicht näheres Detail: Seit Juli 2017 wird die Wartung der General Electric J-85-Triebwerke der tunesischen F-5s von der Schweizer RUAG AG in Emmen übernommen, die Zyklen laufen mit tunesischen C-130 aus Bizerta Sidi-Ahmed AB. Trotzdem sind inzwischen die täglich einsatzbereiten Tiger an einer Hand abzuzählen.