Das französische Verteidigungsministerium plant den Etat für die französischen Streitkräfte von 47,2 Milliarden Euro heuer um sieben Prozent auf 50,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr anzuheben. Damit soll laut Verteidigungsminister Sébastien Lecornu Frankreich das NATO-Ziel von Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen.
Der Minister betonte, dass sich diese Erhöhung in den Rahmen des längerfristigen Militärfinanzplans (LPM) für die Jahre 2024 bis 2030 – grob vergleichbar mit dem heimischen Landesverteidigungsfinanzierungsgesetz bis 2032 – einfügt und begründete die Steigerung mit den „äußeren Bedrohungen, die das Überleben des Landes unmittelbar betreffen”, den geplanten langfristigen Beschaffungen, bei denen Kontinuität gefragt sei und mit „der Verringerung der Militärausgaben in den vergangenen Jahrzehnten”, die es nun zu kompensieren gelte. Bis 2030 sollen die im LPM projektierten Mittel auf 67,4 Milliarden Euro steigen.
Viel mehr Munition – und ein neuer Atom-Flugzeugträger
In einer kurzen Detaillierung nannte der Minister als besonders wichtig die Anstrengungen im Bereich Munitionsherstellung, unter Verweis auf den Ukraine-Krieg (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) und den Huthi-Konflikt im Roten Meer. Dafür sollen die Finanzmittel für 2025 um 400 Millionen Euro auf dann 1,9 Milliarden Euro anwachsen, was einer Steigerung von 27 Prozent (!) im Vergleich zum laufenden Jahr entspricht. Laut Lecornu sollen auch die Aufwendungen für die kontinuierliche Modernisierung der – seit 1964 als „Force de frappe” einsatzbereiten – nationalen nuklearen Abschreckung um acht Prozent auf 508 Millionen Euro steigen.
Im nächsten Jahr soll den Finanzplänen zufolge konventionelle Bewaffnung im Wert von 10,6 Milliarden Euro zulaufen und weitere 20,2 Milliarden Euro für Neubestellungen ausgegeben werden. Zu jenen gehört auch das Weiterführen des Großvorhabens eines neuen nuklearen Flugzeugträger der neuen Generation (französisch „Pang”) als Ablöse für die „Charles de Gaulle” (Gesamtkosten auf zehn Milliarden Euro geschätzt), aber auch eine neue sogenannte Interventions-Fregatte. Zudem sind der Kauf von 308 Rad-Kampffahrzeugen im Rahmen des Scorpion-Programmes geplant, 21 generalüberholte Leclerc-Kampfpanzer, ein weiterer A400M-Transporter sowie 14 Rafale-Jets des Standards F4 von Dassault für das sechste Kampfgeschwader der Armée de l’Air et de l’Espace. Das Budget für das gemeinsam mit Italien entwickelte Luftverteidigungssystem SAMP/T NG wird sich auf 500 Millionen Euro verdoppeln. Zu weiteren Investitionsbereichen gehören die Forschung zu gerichteten Energiewaffen, Künstlicher Intelligenz und Tiefseefähigkeiten.
Luftabwehrsystem SAMP/T NG „wird reüssieren“
Betreffend bodengebundener Luftverteidigung konnte sich der Minister übrigens einen Seitenhieb auf europäische Länder nicht verkneifen, die das US Patriot-Luftverteidigungssystem kaufen. Die neue Generation des SAMP/T NG (-> Informationen zum System) mit ihrer 360-Grad-Radarabdeckung übertreffe den US-Konkurrenten über die mittlere Reichweite hinaus: „Erste Tests mit dem Aster-B1 NT-Flugkörper zur Unterscheidung von Zielen in einem gesättigten Luftraum mit mehreren Objekten sind sehr erfolgreich gewesen.”
Lecornu zählt auf Thales und MBDA, „um das SAMP/T NG-System zu einem Exporterfolg zu machen. Wir werden sehen, dass es sich verkaufen wird, speziell da MBDA sich in Richtung einer Kriegswirtschaft bewegt.” Ab 2026 sollen acht SAMP/T NG-Systeme in die französischen Streitkräfte kommen.
Ukraine-Hilfe
Lecornu sicherte den Abgeordneten jedoch auch zu, dass das Verteidigungsministerium Ende des Jahres aufhören werde, wie in vergangenen Jahren zusätzliches Geld für „unerwartete Kosten” im Zusammenhang mit NATO-Einsätzen in Estland und Rumänien oder für Hilfe für die Ukraine zu verlangen. Diese würden dann im regulären Militärbudget abgedeckt. Die jetztigen 300 Millionen Euro an Hilfen für die Ukraine stammen aus Zinsen auf eingefrorene russische Vermögenswerte und werden für den Kauf von 155-Millimeter-Artilleriemunition, Caesar-Panzerhaubitzen und Treibstoff verwendet. Und zwischen 400 und 600 Millionen Euro werden durch niedrigere Inflationsraten generiert und für die – wie es heißt – „Wartung und Effektivhaltung” der SCALP- und Aster-Raketen in der Ukraine verwendet.
Insgesamt hat Paris Kiew im Jahr 2022 Militärhilfen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro und im Jahr 2023 in Höhe von 2,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Zwar wurde noch Anfang 2024 beschlossen, dass die gesamte französische Hilfe für Kiew im laufenden Jahr auf bis zu 3 Milliarden Euro steigen können, laut Lecornu werde man sich am Ende des Jahres aber bei rund 2 Milliarden Euro bewegen. Für das nächste Jahr machte er keine Angaben, außer einem allgemeinen Statement die Ukraine natürlich weiter in ihrem Abwehrkampf gegen die Russen unterstützen zu wollen. Dazu rief er vor der Nationalversammlung auch die anderen europäischen Länder auf und warnte vor „Kriegsmüdigkeit”.
Auch in Frankreich persistente Personalprobleme
Ende 2023 waren im ganzen französischen Militärapparat rund 3.000 Posten unbesetzt, obwohl man sich bemühe, angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine das System „einen Gang höher zu schalten”, wie Lecornu es nennt. Um die Rekrutierungsprobleme zu beheben hat er schon im Frühjahr einen umfassenden „Loyalitäts-Plan” angestoßen, einschließlich besserer Bezahlung und Renten für Offiziere. Dieser umfasst rund 40 Bestimmungen und ist weitgehend eine Synthese von Maßnahmen, die bereits eingeleitet und im mehrjährigen LPM bis 2030 vorgeplant sind, wobei 500 Millionen Euro speziell für „Bindungsmaßnahmen” von Militärpersonal vorgesehen sind.