Die Zukunft des Fliegerhorsts Fiala Fernbrugg steht und fällt mit dem geplanten Nachfolger für den in die Jahre gekommenen Mehrzweckhubschrauber Alouette III. Ungeachtet der aktuellen Beschaffungsdiskussion läuft der Betrieb in der Ennstaler Garnison mit vollem Engagement weiter.
Der Motor ist zu hören, Arbeit verrichtet er allerdings nicht. Schnell – aber nicht so schnell, wie man das bei einem Hubschrauber ohne Antrieb vielleicht vermuten könnte – sinkt die Alouette III daher in Richtung Boden. Kurz vor dem vermeintlichen Aufprall bremst die Maschine ab, danach setzt sie sanft auf. Was aussieht, wie ein Notfall, ist auch einer – ein künstlich herbeigeführter. Um im Ernstfall sicher landen zu können simulieren die Piloten der Hubschrauberstaffel am Fliegerhorst Fiala Fernbrugg in Aigen im Ennstal einmal halbjährlich den Ausfall eines Triebwerks. In drei Phasen müssen sie bei diesem sogenannten Autorotationstraining je drei Anflüge erfolgreich absolvieren. „Um die Maschine weiter steuern zu können, muss der Pilot den Hauptrotor in einen geeigneten Winkel zum Fahrtwind bringen”, erklärt Hauptmann Josef Schnellinger, der den erfolgreichen Sinkflug seines Kameraden aus dem Hangar beobachtet.
„Ähnlich wie bei einer Windkraftanlage treibt dann der Fahrtwind die Rotorbläter an. Der dadurch entstehende dynamische Auftrieb, wirkt der Schwerkraft entgegen und verlangsamt den Höhenverlust.” Kurz über dem Boden erzeugt der Pilot dann durch starkes Anstellen des Rotors (die Rede ist von „flare” = ausschweben) mehr Auftrieb, wodurch ein relativ weiches Aufsetzen möglich wird. Hauptmann Schnellingers Handy klingelt. Der Pilot blickt noch einmal in Richtung der gelandeten Alouette am Flugfeld, hebt dann ab. Der Anruf könnte ihn zu einem Notfall rufen. Schnellinger hat in dieser Woche Bereitschaftsdienst am SAR-Hubschrauber, der während des militärischen Flugbetriebs (in ganz Österreich) für mögliche Rettungseinsätze bereitsteht. Kommt es zu einem Absturz eines Bundesheer-Fluggeräts, rückt das Team als erstes zum Unglücksort aus.
„Sind bei der Alarmierung bereits alle Informationen verfügbar, können wir innerhalb von vier bis fünf Minuten abheben”, sagt Schnellinger, „spätestens nach 15 Minuten müssen wir in jedem Fall in der Luft sein.” Das SAR-Team besteht neben dem Piloten immer auch aus einem Techniker mit Notfallsanitäterkompetenz und einem Flugretter. Je nach Verfügbarkeit und militärischer Notwendigkeit wird dieses Trio von einem Arzt ergänzt. „Wir können daher auch als Notarzthubschrauber angefordert werden, wenn die anderen Flugrettungsdienste Kapazitätsengpässe haben oder Unterstützung brauchen”, erklärt Schnellinger. Die Ausrüstung mit Rettungswinde, Außenlasthaken und vor allem die Nachtflugfähigkeit mithilfe von Night Vision Goggles erlaubt vielfältigste Einsatzmöglichkeiten. In erster Linie ist der SAR-Hubschrauber für den militärischen Flugbetrieb verfügbar. Gibt es eine Anforderung der Behörde, kann dieser aber auch für die Bergung abgestürzter Bergsteiger und Paragleiter eingesetzt werden. Das ist für die SAR-Crew ebenso Alltag wie der rasche Transport von Bergretter und Hundeführer zu Unglücksorten oder der Primär- und Sekundärtransport von Verletzten.
Oberst Andreas Staudacher nickt. Der 61-Jährige ist Kommandant des Fliegerhorstes in Aigen und bezeichnet die dort stationierten Hubschrauber als „Helfer in beinahe allen Notsituationen. Wir arbeiten eng mit allen Rettungs- und Blaulichtorganisation zusammen, unsere Kompetenz wird in der ganzen Region geschätzt.” Innerhalb des Bundesheeres war es mit dieser Wertschätzung nicht immer so weit her. Nachdem vor einigen Jahren sogar eine Stilllegung des Fliegerhorstes zur Diskussion stand, ist nun der Betrieb zumindest bis 2023 gewährleistet. Für die Zeit darüber hinaus gab es von Verteidigungsminister Mario Kunasek zuletzt auch im Interview mit Militär Aktuell ein klares Bekenntnis zum Standort, der Ankauf eines Nachfolgemodells für die in die Jahre gekommenen Alouette III genießt oberste Priorität.
„Wir brauchen uns nichts vorzumachen”, sagt Oberst Staudacher. „Gibt es keinen Nachfolger, dann hat der Standort keine Zukunft.” Dann werden auch das Hubschraubersystem Aigen als Typenwerft für die Alouette III und die ebenfalls im Ennstal stationierten Teile des Fliegerabwehrbataillons 2 nicht in der Region zu halten sein, droht dem Fliegerhorst mit seinen 280 Bediensteten die Schließung. „Wir hoffen natürlich und sind zuversichtlich, dass es nicht so weit kommt”, sagt Staudacher, der mit einer Typenentscheidung im kommenden Jahr, spätestens Anfang 2020 rechnet. Zwei Jahre später sollte dann der Zulauf neuer Hubschrauber beginnen, um einen georndeten Übergang zu ermöglichen.
Bis dahin wird die Zahl der aktuell in Aigen stationierten 14 Alouette III (weitere acht Maschinen werden dauerhaft als Übungshubschrauber am Fliegerhorst Brumowski in Langenlebarn genutzt) schrittweise auf zehn Maschinen reduziert. Zu den Aufgaben der Hubschrauberstaffel gehört neben dem Flugbetrieb auch die technische Wartung der Fluggeräte. Größere technische Arbeiten übernehmen die Kameraden von der angeschlossenen Fachabteilung Hubschraubersystem Aigen, die aktuell über zwei Wartungsbereiche verfügt, wie Vizeleutnant Erich Zernig im Gespräch mit Militär Aktuell erklärt. Der Luftfahrtmeister verantwortet einen dieser Wartungsbereiche und arbeitet dabei eng mit vier bis fünf ihm unterstellten Technikern und den Nebenwerkstätten „Funk”, „Bordausrüstung” und einem Spengler zusammen. Sogar tiefergehende Wartungen der Triebwerke sind am Standort möglich. „Wir können hier beinahe alle Arbeiten abdecken”, sagt Erich Zernig, der ebenso wie Kasernenkommandant Oberst Staudacher auf einen Alouette-Nachfolger hofft: „Das ist für die Zukunft des Standortes, aber auch für die ganze Region von großer Bedeutung.”
Lesen Sie dazu auch unser Kurzinterview mit Luftfahrtmeister Vizeleutnant Erich Zernig, Leiter eines Wartungsbereichs in der Fachabteilung Hubschraubersystem Aigen. Hier geht es zu unseren anderen Truppenbesuchen.