Die Vereinigten Staaten erwarten, dass Europa bis 2027 den Großteil der konventionellen Verteidigungsfähigkeiten innerhalb der NATO übernimmt – von Aufklärung über Luftverteidigung bis hin zu Waffensystemen. Diese Botschaft übermittelten Pentagon-Verantwortliche laut mehreren Quellen europäischen Diplomaten bei einem Treffen in Washington. Für viele europäische Delegationen gilt dieser Zeitplan als unrealistisch.
Die geforderte Lastenverschiebung würde das sicherheitspolitische Gefüge des Bündnisses grundlegend verändern: Die USA, seit 1949 militärischer Anker der Allianz, würden sich aus Teilen der NATO-Koordinationsmechanismenzurückziehen, sollte Europa die Vorgaben nicht erfüllen, so US-Beamte.
Zugleich wurde deutlich, dass Washington mit den bisherigen europäischen Fortschritten seit Beginn der russischen Großinvasion in der Ukraine im Jahr 2022 nicht zufrieden ist. Wie die USA den Fortschritt messen wollen, blieb offen. Unklar ist auch, ob die Forderung die offizielle Linie der Trump-Administration darstellt oder die Haltung einzelner Pentagon-Abteilungen widerspiegelt – in Washington gibt es tiefe Differenzen über die künftige US-Rolle in Europa.
Europäische Sorgen: Zeit und Industrie fehlen
Mehrere europäische Vertreter betonen, dass eine Umsetzung bis 2027 nicht machbar sei. Neben politischen Entscheidungen bräuchten die europäischen Streitkräfte vor allem Zeit und industrielle Kapazitäten, um US-Fähigkeiten zu ersetzen. Viele Rüstungsprodukte unterliegen massiven Produktionsstaus – selbst häufig geforderte US-Systeme würden bei Neubestellungen Jahre bis zur Auslieferung benötigen.
Hinzu kommt, dass die USA einzigartige Fähigkeiten bereitstellen, die nicht einfach gekauft werden können: etwa hochspezialisierte Aufklärung, Überwachung und Zielerfassung (ISR), die für die Ukraine entscheidend sind.
Ein NATO-Sprecher erklärte, Europa übernehme bereits mehr Verantwortung, kommentierte jedoch die 2027-Frist nicht.
Strategische Weichenstellungen in der Schwebe
Unter Präsident Trump schwankt der Kurs gegenüber Europa und der NATO:
- Während des Wahlkampfs 2024 drohte er Verbündeten, die „zu wenig zahlen”, mit keinem Beistand der USA, sollte Russland angreifen.
- Beim NATO-Gipfel im Juni lobte er europäische Staaten hingegen für die Zustimmung zur Anhebung des Investitionsziels auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
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Seit Monaten pendelt die US-Linie zwischen härterer Haltung gegenüber Moskau und Gesprächsbereitschaft über die Ukraine – oft ohne europäische Einbindung.
US-Vizeaußenminister Christopher Landau betonte zuletzt, es sei „offensichtlich”, dass Europa seine eigene Verteidigung tragen müsse, und fügte hinzu: „Unsere Regierung meint es ernst.”
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Mit dem EU-Ziel, Europa bis 2030 verteidigungsfähig zu machen, laufen nun zwei anspruchsvolle Zeitachsen parallel – beide mit hohen Hürden bei Luftabwehr, Drohnen, Munition und Cyber-Fähigkeiten. Schon die europäische Zielmarke gilt unter Experten als äußerst ambitioniert.
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