Kurz vor Weihnachten konnte sich die Marine-Tochter des kriselnden Stahlkonzerns Thyssenkrupp über eine Erweiterung des Großauftrags aus 2021 über sechs baugleiche U-Boote Typ 212CD freuen – davon zwei für Deutschland und vier für Norwegen. Nun kommen zusätzlich vier Boote für die Bundesmarine und die Absicht Norwegens, weitere zwei Boote in Option zu geben. Die Geschäfte mit den je rund eine halbe Milliarde teuren konventionellen U-Booten laufen also rund – weshalb derzeit auch zahlreiche Unternehmen ihr Interesse an einer Übernahme von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) deponieren.

TKMS-Chef Oliver Burkhard – ©Privat
TKMS-Chef Oliver Burkhard: „Langsam werden die Kapazitäten knapp.”

Laut TKMS-Chef Oliver Burkhard gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung werde es aufgrund der vielen Aufträge langsam mit den Kapazitäten knapp: „Das ist natürlich eine privilegierte Situation als Verkäufer”, so Burkhard. Derzeit sei man gut für die neuen Aufträge aufgestellt, aber sollten weitere Bestellungen eingehen, müsse TKMS darüber nachdenken, neben den Standorten in Kiel und Wismar noch „eine dritte Werft in Betrieb zu nehmen”. Das sei zwar noch Zukunftsmusik, aber Werftstandorte gäbe es genug, „es stehen auch immer wieder welche zum Verkauf”, sagte Burkhard.

US-Investor abgesprungen

„Ja, wir bewegen uns verstärkt in Richtung Spin-off”, sagte er zur immer wieder diskutierten Abspaltung vom Mutterkonzern – mehrere entsprechende Versuche sind bislang aber gescheitert. Zudem sprach er sich erneut für einen staatlichen Einstieg aus: „Der Bau hochkomplexer militärischer U-Boote in Deutschland ist eine Schlüsseltechnologie, die unbedingt im Heimatland erhalten bleiben muss.”

Thyssenkrupp sucht seit Jahren nach einer Lösung für seine Werftensparte, die U-Boote und Fregatten baut. Diese zählt nicht zum Kerngeschäft des Konzerns, der das Werftengeschäft ebenso wie den Stahlbereich abstoßen will. Im Stahlsegment stehen Kürzungen von 11.000 Arbeitsplätzen bevor. Parallel dazu plant der Milliardär Daniel Křetínský, seinen Anteil an Thyssenkrupp von 20 auf 50 Prozent zu erhöhen.

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Wie Burkhard kürzlich in einem Interview mit der Welt mitteilte (-> zum Artikel), scheiterten im vergangenen Jahr Verhandlungen über die Marinesparte mit dem US-Finanzinvestor Carlyle. Laut Berichten, unter anderem von der Gewerkschaft IG Metall, verhinderte die deutsche Bundesregierung – vertreten durch Wirtschaftsminister Habeck – die Übernahme. Der Grund: Die hochmoderne U-Boot-Technologie, die nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für internationale Partner wie Norwegen und Israel von essenzieller Bedeutung ist, sollte in deutscher Hand bleiben.

Deutz, Rheinmetall, Lürssen und Fincantieri ebenfalls interessiert

Wie Thyssenkrupp kürzlich bekannt gab, haben zuletzt aber mehrere andere Unternehmen Interessenbekundungen für eine mögliche Partnerschaft mit der Marinetochter TKMS eingereicht. Branchenkennern zufolge soll der Motorenbauer Deutz Ende des vergangenen Jahres Jahres mit einem unverbindlichen Angebot sein Interesse signalisiert haben. Eine Übernahme von TKMS mit rund 8.000 Mitarbeitenden wäre für Deutz ein enormer Schritt – die Belegschaft würde sich im Vergleich zu den derzeit 5.200 Mitarbeitenden nahezu verdoppeln. Zudem würde das Unternehmen damit ein völlig neues Geschäftsfeld erschließen und sich auf einen Schlag zu einem der größten Rüstungskonzerne Deutschlands entwickeln.

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Auch Rheinmetall (-> zum Artikel) und die Bremer Lürssen-Werft gelten als potenzielle Interessenten. Eine mögliche Konsolidierung der deutschen Schiffbaulandschaft nimmt damit zunehmend Form an.

Neben den Genannten hat auch der deutsche Staat sein Interesse an einer Übernahme hinterlegt. Der Bund strebt Medienberichten zufolge allerdings keinen kompletten Erwerb an, sondern würde lediglich eine Minderheit kaufen und die industrielle Führung einem Partner überlassen. Und das könnten auch Fincantieri sein. Ende Oktober hatte auch die große italienische Werftengruppe – ein Big Player bei Kriegsschiffen – ihr Interesse an TKMS untermauert. „Wir stehen für jede Art von Zusammenarbeit zur Verfügung”, sagte Konzernchef Pierroberto Folgiero.

Quelle©Georg Mader