Nun ist es fix: Als Ergebnis eines jahrelangen Typenfindungssprozesses hat Verteidigungsministerin Klaudia Tanner die Nachfolge für die im Jahr 2020 ausgemusterten Trainingsjets Saab 105OE entschieden. Das Österreichische Bundesheer plant im Rahmen eines „Government-to-Government”-Geschäftes gemeinsam mit Italien zwölf Stück M-346FA-Jets des italienischen Herstellers Leonardo zu kaufen.

Der M-346 gilt seit Jahren als Favorit für die Saab-Nachfolge und war schon als Nachfolger für die Saab 105OE im Gespräch, während diese noch flog. Bereits 2008 war das Modell erstmals im Fokus der temporären Arbeitsgruppe „JET Trainer neu”. Zur Auswahl standen nun neben der M-346 auch der L-39NG des tschechischen Herstellers Aero Vodochody und der T-7 von Saab/Boeing zur Wahl.

M-346FA-Trainer von Leonardo – ©Georg Mader
Dank seiner vielfältigen Ausstattungs- und Bewaffnungsmöglichkeiten soll der M-346FA über die Pilotenausbildung hinaus wichtige Rollen bei den österreichischen Luftstreitkräften übernehmen.

Mit der Entscheidung folgt Verteidigungsministerin Tanner der Empfehlung des Generalstabes, schon Ende August hatte man sich auf die Prüfung eines Angebots für die M-346 entschieden. Die für den Kauf erforderlichen Budgetmittel wurden bereits im Jahr 2022 im mehrjährigen Finanzrahmen und dem Aufbauplan „Bundesheer 2032+” eingeplant und beschlossen. Informationen von Militär Aktuell zufolge konnte durch die Kaufentscheidung noch im laufenden Jahr ein günstigerer Preis exklusive Inflationsanpassung in Höhe von fünf bis zehn Prozent gesichert werden. In einem nächsten Schritt soll der konkrete Vertrag mit der italienischen Regierung verhandelt werden. Auf Basis der bereits rund um den AW169 gesammelten gemeinsamen Erfahrungen (-> Zwei weitere AW169 im Anflug auf Österreich) ist mit einem Abschluss wohl innerhalb von sechs Monaten zu rechnen.

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„Ein wichtiger Bestandteil der Verhandlungen ist auch die Einbindung der österreichischen Wirtschaft durch notwendige Industriekooperationen, um damit die Wertschöpfung nach Österreich zu holen und die heimische Industrie zu stärken”, wie es in einer offiziellen Aussendung des Verteidigungsministeriums heißt.

„Diese Kooperation ist ein weiterer Beweis für die gute Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Italien und Österreich. Mein besonderer Dank gilt Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die einen wesentlichen Beitrag zum Zustandekommen dieser Vereinbarung beigetragen hat”, so Bundeskanzler Karl Nehammer.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: „Mit dem Kauf der Jets schließen wir eine wesentliche Fähigkeitslücke bei unseren Luftstreitkräften. Damit holen wir nicht nur die Ausbildung unserer Pilotinnen und Piloten wieder zu 100 Prozent nach Österreich, sondern stärken auch die Luftraumverteidigung deutlich. Das erhöht den Schutz Österreichs, der österreichischen Bevölkerung und unserer Neutralität gegen Bedrohungen aus der Luft.”

Revolution für die Jetpiloten-Ausbildung beim Bundesheer

Seit dem ersatzlosen Ende der Unterschall-Jetfliegerei beim Österreichischen Bundesheer (-> 50 Jahre Saab 105OE: „Time to say Goodbye”) muss der Jetpiloten-Nachwuchs der Luftstreitkräfte wesentliche Teile seiner Ausbildung im Ausland absolvieren. Gut etabliert hat sich dabei ein Syllabus, der den Jet-Nachwuchs nach Phase 1 (Selektion, Eignungsfeststellung auf DA40) und Phase 2 (Primäre Pilotenausbildung auf Pilatus PC-7) jeweils in Zeltweg/Österreich, nach Lecce-Galatina in den Stiefelabsatz Italiens führt.

Dort bei der 212º Gruppo Volo (212. Staffel) des 61º Stormo (61.Geschwader) der Aeronautica Militare (talienischen Luftwaffe) erhalten die Flugschüler in Phase 3 die spezialisierte Jet-Pilotenausbildung und in Phase 4 das „Lead In to Fighter Training” (L.I.F.T.) auf der M-346AJT. Erst danach folgt in Phase 5 die Bekanntschaft mit dem Eurofighter Typhoon-Doppelsitzer, diese aber dann in Laage an der deutschen Ostseeküste.

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Der M-346FA ist mehr als „nur” ein Trainer

Der Leonardo M-346FA ist ein zweisitziger, waffenfähiger Unterschall-Jet. Im Österreichischen Bundesheer soll er künftig neben der Ausbildung der Piloten, auch zur Unterstützung der Landstreitkräfte und zur Luftraumverteidigung eingesetzt werden.

Neben der erwähnten Phase 3 und Phase 4 ist der M-346FA für Luftraumsicherung und Identifizierung/Verteidigung/Abwehr von Luftkontakten bis in den hohen Unterschallbereich und bis in mittlere Höhen vorgesehen. Es gibt international einen mehr als deutlichen Anstieg der militärischen Nutzung dieses Luftraumsegments, und die nur 15 Eurofighter des Bundesheeres benötigen deshalb Unterstützung in diesem Bereich.

M-346FA-Trainer von Leonardo – ©Georg Mader
Das Bundesheer plant in einem ersten Schritt zwölf M-346FA zu beschaffen, höchstwahrscheinlich wird der Vertrag aber auch eine Option für weitere Maschinen enthalten.

Mit der Beschaffung des M-346FA (idealerweise gleich in der neuen Block-20-Variante, -> Leonardo verpasst dem M-346 ein Update) lässt das Bundesheer auch die Luft/Boden-Rolle wiederauferstehen, und zwar zeitgemäß, also unter Einbeziehung von Präzisions- und Abstandswaffen, mehreren Sensorsystemen, zeitgemäßen Selbstschutzfähigkeiten und natürlich auch Datenlink. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist der qualitative Aufwuchs von der „Luftraumüberwachung- und Sicherung” zur Fähigkeit „Luftraumverteidigung” im Hinblick auf einen Eurofighter-Nachfolger (Dienstende spätestens 2037), der dann definitiv kein „Luftraumüberwachungsflugzeug” sondern ein zur Landesverteidigung fähiges mehrrollenfähiges Kampfflugzeug sein soll. Der M-346FA wird somit das Schlüsselelement zur Erlangung des Erfahrungszuwachses und des Personalaufwuchses, erforderlich um in die nächste Überschall-Jet-Generation für das Bundesheer überleiten zu können. Ein sehr wesentlicher Zwischenschritt dahin ist das Erreichen einer 24/7 aktiven Luftraumüberwachung. Dafür braucht es um einiges mehr Eurofighter-Piloten und die erforderlichen Flugstunden für diese werden zum Teil per „download” am M-346FA absolviert.

Weiterer wichtiger Aspekt ist das (be)üben mit und gegen die angestrebten neuen Luftverteidigungssysteme des Bundesheeres. Vieles, aber bei weitem nicht alles kann durch Simulation erlernt werden.

Für all das sind nicht nur mindestens zwölf Maschinen (plus eventuell Optionen) sowie Missionsausrüstungspakete und Bewaffnung, sondern auch mehrere Simulatoren unterschiedlicher Qualität und bis zu 3.600 Flottenflugstunden/Jahr (das entspräche bis zu 20 Personenstunden im Cockpit pro Tag!!) für eine Nutzungsdauer von mindestens 30 Jahren vorgesehen. Gemessen am aktuellen Flugstunden-Aufkommen des Eurofighters entspricht das mehr als einer Vervierfachung der Jet-Flugstunden im Bundesheer.

Hier geht es zu weiteren Bundesheer-Meldungen und hier zu weiteren Meldungen rund um Leonardo.

Quelle©Georg Mader