Seit dem Erstflug des M-346 sind mittlerweile einige Jahre vergangenen, weshalb nun Hersteller Leonardo dem auch beim Bundesheer begehrten Flieger (-> Wanted: Neuer Advanced Jet Trainer gesucht) ein ordentliches Upgrade verpasst – und zwar der Trainer- und der Fighter-Version.
Es war eine von nun schon einem halben Dutzend Ankündigungen in den vergangenen rund zwölf Monaten über eine baldige Bekanntgabe einer Typenentscheidung, als der stellvertretende Generalstabschef Generalleutnant Bruno Hofbauer Ende Juli auf Ö1 erklärte, dass das Bundesheer nun „kurz vor dem Ankauf” von zwölf bewaffneten Schulungs- beziehungsweise leichten Kampfjets stünde, Dienstbezeichnung AJT-FA (Advanced Jet Trainer-Fighter Attack). Im Radio-Gespräch bestätigte er auch die intern schon lange vernehmbare Präferenz für das zweistrahlige italienische Modell Leonardo M-346FA, da man schon zuletzt bei der Beschaffung der neuen AW169-Helikopter (-> Status Quo bei Österreichs AW169) gut mit dem Hersteller und der italienischen Amsseite zusammengearbeitet habe, und das Modell am ehesten die Anforderungen des Heeres erfülle. Die Konkurrenz von Aero Vodochody (L-39NG) kann mit dem M-346 leistungsmäßig nicht mithalten, der ebenfalls interessante T-7 von Saab/Boeing ist noch weit von einer Serienreife entfernt.
Es fehle nur „noch das Go des Ministeriums”, so Hofbauer auf Ö1, was durchaus verwundert, hat die Beschaffungsdirektion das gesamte Kaufprozedere doch längst bis zum Ende durchgespielt und dürfte eine Entscheidung auch nicht an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner scheitern. Intern werden „sachferne Nachfragen” genannt, wenn die Rede auf die Gründe für die immer noch nicht bekanntgegebene Typenentscheidung kommt. In jenen gehe es etwa um den neuen türkischen Trainer-Prototypen Hürjet oder außereuropäische Muster, die Motivation hinter der Verzögerungstaktik scheint unklar. Denn es gibt jedenfalls generell die Vorgabe, europäisch zu kaufen, wenn solch Gerät verfügbar ist und den Anforderungskatalog erfüllt.
Generalstab und Luftstreitkräfte unterstreichen jedenfalls, dass die für den Typenentscheid benötigten Ausarbeitungen „fertig am Tisch” lägen und man das Gerät schnellstmöglich brauche.
Tempo in den Kaufentscheid könnte nun eine Ankündigung Italiens (im Verteidigungsministerium wurde man schon im vorrigen Monat darüber informiert) über den geplanten Kauf von noch einmal 20 M-346 für die eigene Luftwaffe (AMI) bringen. Österreich könnte sich im Rahmen der angestrebten Government-to-Government-Lösung an der Bestellung beteiligen, so der Vorschlag aus Rom. Durch die gemeinsame Order könnte ein niedrigerer Einkaufspreis erzielt und auch weitere Kosten gespart werden.
Block-20-Upgrade für den M-346
Unabhängig vom ausstehenden rot-weiß-roten Typenentscheid, kündigte Leonardo jüngst auf der Farnborough Air Show (-> Highlights von RIAT und Farnborough Air Show) ein erstes großes Upgrade seines weltweit mitlerweile 126-fach verkauften M-346 (ein Teil davon ist aktuell noch in Produktion und Auslieferung) an. Nach zehn Jahren Betrieb und weltweit 120.000 Flugstunden werden sowohl die Trainer- als auch die Fighter-Version überarbeitet. Die entsprechenden Bezeichnungen lauten dann 346T Block-20 und 346F Block-20, wie es von Leonardo heißt. Ziel des Upgrades ist es, die Plattform bereit zu machen, um Piloten noch besser für die nächste Generation von Kampfflugzeugen ausbilden zu können.
Das Block 20-Upgrade wird die Kernavionik des zweisitzigen Flugzeugs verändern. Es umfasst neue sogenannte Breitflächen-Multifunktionsbildschirme in beiden Cockpits, flache Head-up-Displays, digitale Video- und Datenrekorder sowie ein neues am/im Helm montiertes Display. Die Version für leichte Kampfaufgaben wird diese Upgrades sowie ein aktives, elektronisch scannendes Array (AESA)-Radar und eine Datenverbindung mit Waffen erhalten, so dass mit der Maschine auch fortschrittliche, radargesteuerte Luft-Luft-Raketen mit größerer Reichweite und Präzisionswaffen gegen Bodenziele verwendet werden können.
Die erwähnten großflächigen Displays werden bei Kampfflugzeugen immer mehr zum Standard, sie sind im F-35 von Lockheed Martin und im Saab JAS 39E/F Gripen verbaut. Das System für den M-346 würde übrigens von AEL-Sistemas kommen, wenn sich Brasilien auch für dieses Flugzeug als Ersatz für AMX und F-5E entscheidet. Und eine ähnliche Cockpit-Konfiguration wurde in Farnborough auch für künftige Eurofighter Typhoon vorgestellt.
„Kampfflugzeuge verändern sich, und das Einsatzumfeld ändert sich, so dass die Ausbilder auf die neuen Einsatzszenarien reagieren müssen”, sagt Tommaso Pani, Senior Vice President für Marketing und strategische Kampagnen bei Leonardo. „Außerdem soll ein ausgeweiteter Anteil an KI-unterstützter LVC-Ausbildung – wie zum Beispiel ein individueller virtueller Instruktor – dazu beitragen, dass die Drop-out-Rate sonst vielversprechender Pilotenschüler nur wegen einer Schwäche in nur einem Bereich reduziert wird”, so Pani weiter.
„Die Ausbildung stellt eine Kernkompetenz von Leonardo dar, und das integrierte Trainingssystem M-346 ist das Rückgrat unseres Leistungsversprechens, um sicherzustellen, dass Kampfpiloten heute und in Zukunft gut auf die modernen und komplexen Herausforderungen in der Luft vorbereitet sind”, ergänzte Lorenzo Mariani, Co-General Manager von Leonardo. „Diese Weiterentwicklung zeigt, dass wir voll und ganz in die Entwicklung der nächsten Generation von Kampfflugzeugen eingebunden sind. Zudem stellen wir damit sicher, dass Piloten von uns die am besten geeigneten Trainingslösungen bekommen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die sich ständig weiterentwickelnden Funktionen des Typs den Anwendern weiterhin enorme Vorteile bieten werden, sowohl für die Ausbildung als auch für Situationsbewusstsein bei operativen Missionen leichter Kampfeinsätze, was den M-346 zu einem idealen Kandidaten für die Zukunft der Kampffliegerausbildung in Europa und auch in anderen Regionen macht.”
„Kampfflugzeuge verändern sich, und das Einsatzumfeld ändert sich, so dass die Ausbilder auf die neuen Einsatzszenarien reagieren müssen.“
Leonardo-Manager Tommaso Pani
Das Upgrade bringt auch weitere Verbesserungen
Modernisiert wird auch das bodengestützte GBTS, ein grundlegender Bestandteil des Ausbildungssystems und eines der vollständigsten, das jemals hergestellt wurde. Es besteht aus dem computergestützten Training und einem Netzwerk von Simulatoren, das das simulationsbasierte Training, den Partial Task Trainer und den Full Mission Simulator umfasst. Die anderen Bodengeräte sind die Echtzeit-Überwachungsstation und die Missionsplanungs und -nachbesprechungsmodule.
Generell wird die steigende Abstützung auf Live Virtual Constructive Environment eine immer integriertere Trainingsumgebung mit hoher Wiedergabetreue ergeben, in der die reale und die virtuelle Welt zu einem einzigen Einsatzszenario verschmelzen. Darin können Piloten in den Simulatoren mit Piloten auf dem realen Flugzeug interagieren und gemeinsame Einsatzszenarien „fliegen”. Bei Bedarf lassen sich den Simulatormissionen (virtuell), aber auch den realen Flügen (live) verschiedene Arten von computergenerierten Bedrohungen hinzufügen (Constructive).
Der Zeitplan für das Upgrade steht bereits
Die Entwicklung beziehungsweise die Designaktivitäten des M-346-Upgrades – hin zu noch besserem realistischen Training zwecks Reduktion live geflogener Stunden – haben bereits begonnen. Das betrifft auch die Web-Fernwartung am „Digital Twin” für die Techniker, beispielsweise zusammen mit den Ingenieuren beim Hersteller. Leonardo plant, Anfang 2025 mit der Integration in Labortests zu beginnen und gegen Ende des kommenden Jahres mit der Modifikation der beiden Testflugzeuge beginnen zu können, die dem Unternehmen zur Verfügung stehen (und die bereits das Logo tragen). Davon ist eine Maschine in der Fighter Attack (M-346FA)-Konfiguration, die andere in der Advanced Jet Trainer-Konfiguration (M-346T).
2026 will man dann mit dem Roll-out der Modifikationen in die Serienproduktion beginnen. Später in diesem Jahrzehnt wird die Block-20-Konfiguration dann überhaupt zum Produktionsstandard, so Dario Marfe, Senior Vice President für Commercial, Customer Services und Training und Proprietary Programs. Laut ihm befände sich das Unternehmen bereits in Gesprächen mit potenziellen Kunden darüber, wann die Verfügbarkeit von Block 20 für sie am besten beginnen könnte oder solle.
Das Upgrade passt gut zu den Bundesheer-Plänen
Militär Aktuell hat den Leonardo-Managern sogleich die Frage gestellt, ob die für diese Aufwertungen projektierten Zeiträume für die laufende – wie eingangs erwähnt, eigentlich entscheidungsreife – österreichische Beschaffung passen würden. Antwort von Tommaso Pani: „Natürlich sehen wir Österreich als Nachbarland und potenziellen Kunden als ein Beispiel, das sehr gut mit unseren Plänen harmoniert. Das gilt sowohl für die geplanten Zeitleisten, als auch für die Anforderungen der österreichischen Luftstreitkräfte, die wir zu 100 Prozent erfüllen. Das gilt in Zukunft umso mehr, da es im Zuge der Umsetzung des Block-20-Upgrades mit der gesteigerten Luft-Luft-Lenkwaffenfähigkeit mit dem AESA-Radar zu einem nochmaligen Fähigkeitszuwachs kommen wird. Also ja, das passt nahezu perfekt zu den von Österreich vermittelten Vorstellungen.”
Die Führungsebene von Leonardo Aircraft geht davon aus, dass sie mehr als 100 M-346 in der aktuellen Konfiguration ausgeliefert haben werden, bevor die Produktion von Block 20 voll eingetaktet ist. Man plant aber auch eine Nachrüstung der neuen Fähigkeiten für bereits existierende Flugzeuge anzubieten. „Alle Upgrades, die wir anbieten, sind so erstellt, dass bestehende Benutzer, die bereits Flugzeuge gekauft haben, damit nicht ausgeschlossen werden. Wir wollen sicherstellen, dass dies möglich ist, um die modernsten Fähigkeiten in alle Flugzeuge zu bringen, damit sie in ein paar Jahren nicht außen vor sind”, so Marfe.
Laut Marfe sei das Upgrade für Leonardo eine „Low-risk-Sache”, weil davon die Flugzeugzelle, sicherheitskritische Systeme und Triebwerke unberührt bleiben und alle Verbesserungen auf einem bewährten und wohlfundierten Konzept aufbauen. „Das ist keine Bastelarbeit”, so Marfe mit einem Lächeln. „Und es wird auch nicht das letzte Upgrade für den M-346 sein. Wir streben kontinuierliche Verbesserung des Flugzeugs an, und das nicht zuletzt, weil einige Betreiber nun erfolgreich das Operational Conversion Unit Training für Frontflugzeugtypen erfolgreich „downloaden” und dabei eine 50-prozentige Senkung der Betriebskosten für ihre Jet-Ausbildung feststellen.”
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