Ein leichtes Kampfflugzeug ist im Allgemeinen definiert als unterschallschnelles, vielseitiges Militärflugzeug mit Jet- oder Turboprop-Antrieb. Meist auf einem Trainingsflugzeug basierend, kann es mit entsprechender Missionsausrüstung leichte Kampfeinsätze wie Angriffs-, Aufklärungs- oder Abfangeinsätze durchführen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein Luftraum, der nicht von einem militärisch überlegenen Gegner dominiert wird.
Die Republik Österreich beschafft nun genau ein solches System – ein in Europa ungewöhnlicher Ansatz, wo fast ausschließlich überschallfähige Mehrzweckkampfflugzeuge diese Aufgaben übernehmen. Der Plan zielt direkt auf bestehende Fähigkeitslücken der Luftstreitkräfte des Österreichischen Bundesheeres und eröffnet der Politik künftig Optionen, wenn sie diese nutzen möchte.

Ausgangslage
Österreich verfügt aktuell über keine eigenständige Jetpiloten-Ausbildung. Das ist nicht unüblich – Deutschland bildet etwa in den USA aus. In Kombination mit weiteren Einschränkungen führt das in Österreich jedoch zu einem strukturellen Engpass, der einen personellen Aufwuchs de facto verhindert. Mit nur 15 Eurofightern stehen zu wenige Flugzeuge und Piloten zur Verfügung, um eine durchgehende 24/7-Luftraumüberwachung sicherzustellen. Als neutrales Land gibt es zudem keine Verbündeten, die im Ernstfall aushelfen könnten.
Der Eurofighter ist natürlich nachtflugfähig – inzwischen „sehen” die Piloten nachts auch wirklich etwas. Doch die im Inland mögliche Flugstundenproduktion limitiert die Ausbildungszahlen massiv. Gleichzeitig herrscht auch international ein Mangel an Ausbildungsplätzen; die vorhandenen Kapazitäten sind überfüllt. Was früher beim Draken noch funktionierte – eine Staffel auf einen neuen Jet umrüsten und die zweite nachziehen – ist heute personell unmöglich.
Militär Aktuell Podcast #13: Air Chief Generalmajor Gerfried Promberger im Gespräch
Auch bei der Mehrzweckfähigkeit wurde jahrelang gespart: Es gibt keine Luft-/Boden-Lenkwaffen, keine taktische Luftaufklärung und im Bereich der elektromagnetischen Kampfführung ist Österreich trotz aller Bemühungen international weiterhin ein unbeschriebenes Blatt. Der „Aufbauplan 2032+” des Bundesheeres adressiert diese Defizite erstmals konsequent.
Die aktive Luftraumüberwachung im „Aufbauplan 2032+“
1,5 Milliarden Euro sind im „Aufbauplan 2032+” für die aktive Luftraumüberwachung vorgesehen. Gedacht wurde an Eurofighter-Zweisitzer, Upgrades für die bestehende Tranche und eben einen Jet-Trainer. Am Ende fiel mit der M-346FA des italienischen Herstellers Leonardo die Wahl auf ein sehr vollständiges System: einen Jet-Trainer, der gleichzeitig ein leichtes Kampfflugzeug ist. Wie vor wenigen Tagen bekanntgegeben wurde, beschafft das Bundesheer insgesamt zwölf Maschinen des Typs, die Zulieferung ist ab 2028 geplant.

Weitere Milliarden in die alternde und perspektivisch problematische Eurofighter-Tranche 1 zu investieren, nur um letztlich mit einer deutlich verkürzten Restnutzungsdauer dazustehen, hat man bewusst vermieden.
Die wesentlich günstigeren Flugstunden des Jet-Trainers erlauben es, mehr Piloten auszubilden und auch mehr Luftfahrzeugtechniker zu qualifizieren. Der bisherige „Deckel” bei Personalzahlen und Ausbildungsqualität beginnt sich zu lösen.
Wir setzen um, was wir angekündigt haben: Die Beschaffung von 12 neuen Leonardo M-346 Jets ist fixiert. Wir schließen damit eine wichtige Fähigkeitslücke, die M-346 tritt die Nachfolge der ausgeschiedenen Saab 105 an. Der Stückpreis liegt bei rund 80 Mio. Euro, inkl. Zusatzpakete…
— Klaudia Tanner (@tannerklaudia) November 29, 2025
Luftraumüberwachung rund um die Uhr
Politisch herrscht mittlerweile weitgehend Konsens, dass Österreich wieder zu einer echten 24/7-Luftraumüberwachung fähig sein muss – angesichts von Drohnen und Marschflugkörpern über Europa eine Notwendigkeit (-> Zum Militär Aktuell Drohnen-Themenschwerpunkt). Doch das ist leicht gesagt und schwer umgesetzt: Die Ausbildung eines Jetpiloten oder eines Technikers dauert Jahre und kostet viel Geld. Die Anschaffung ausreichender Kampfflugzeugzahlen ebenso.
Das Budget reicht aktuell nicht für fünf bis zehn Milliarden Euro, die für 36 moderne Mehrzweckkampfflugzeuge nötig wären. Der Wähler müsste davon überzeugt werden – eine Aufgabe, an der die österreichische Sicherheits- und Wehrpolitik entweder wachsen oder erneut scheitern wird. Selbst unter optimalen Bedingungen wäre ein Eurofighter-Tranche-1-Nachfolger erst in etwa 15 Jahren voll einsatzbereit – Österreichs Air Chief Generalmajor Gerfried Promberger hofft im Militär Aktuell-Podcast auf eine Indienststellung ab 2032.
Das leichte Kampfflugzeug
Die M-346FA bietet hier einen deutlich schnelleren, wenn auch kleineren Lösungsansatz. Bereits Anfang der 2030er-Jahre wäre Österreich in der Lage, Einsatzspektren abzudecken, die weder mit Hubschraubern noch mit der PC-7 und auch nicht mit den Eurofightern der Tranche 1 zu bewältigen sind. Dazu zählen etwa Feuerunterstützung aus der Luft oder rasche Zielaufklärung zur Unterstützung von Land- und Spezialeinsatzkräften.
Block 20 definiert: Das Cockpit für Österreichs Leonardo M-346FA
Die M-346FA ist somit ein sicherheitspolitischer „Schnellverband” – kein Ersatz für ein modernes Mehrzweckkampfflugzeug, aber ein wichtiger Schritt, um personell, organisatorisch und qualitativ endlich wieder wachsen zu können. Der politische Punkt wird kommen, an dem entschieden werden muss, ob Österreich den Sprung zu einer vollwertigen 24/7-Luftraumüberwachung mit einem echten Nachfolger des Eurofighters wagt.

Leonardos „Österreich-Upgrade“: Die M-346FA Block 20
Das Bundesheer hat aus der umfangreichen Optionsliste des Typs eine Reihe von Fähigkeiten gezogen, die international teils nur theoretisch vorgesehen waren – in Österreich aber tatsächlich integriert werden. Dazu zählt ein vollständiges Selbstschutzsystem mit Radarwarnsensoren und Raketenanflugwarnung, ein modernes Freund-Feind-Erkennungssystem sowie der taktische Datenlink Link 16. Damit können die M-346FA das vollständige Luftlagebild aus Goldhaube und Eurofighter erhalten und selbst einspeisen.

Mit dem siebenfachen LAU-32-Raketenwerfer setzt das Bundesheer zudem auf eine Fähigkeit, die die US-Streitkräfte bereits nutzen, um kostengünstig Drohnen zu bekämpfen. Während Frankreich und Deutschland noch diskutieren, zieht Österreich diese Fähigkeit konsequent – und frühzeitig – auf die M-346FA.
Die M-346FA ist Teil einer zunehmend plattformübergreifenden Ausrüstungskultur des Bundesheeres: Die gelenkten FZ275LGR-Raketen kommen auch auf dem neuen AW169 (-> Bereits elf von 36 AW169 an das Bundesheer übergeben) zum Einsatz. Der SPEAR-Pod für elektronische Aufklärung wird auch auf der neuen C-390M-Transportmaschine (-> Die erste Maschine für das Bundesheer ist bereits in Bau) genutzt. Die Iris-T-Kurzstreckenrakete teilen sich Eurofighter und M-346FA. Und die Litening-V-Zielbehälter werden auf allen drei Systemen – M-346FA, Eurofighter und C-390M – nutzbar sein.

All das gepaart mit einem modernen AESA-Radar zieht auch international Aufmerksamkeit auf sich. Üblich ist, dass ein neues System seine Leistung und die Durchführbarkeit der Missionsprofile im Rahmen einer großen Übung unter Beweis stellen muss. Ein leichtes Kampfflugzeug hat seine Grenzen, letztlich wird aber das Preis-Leistungs-Verhältnis auch darüber mitentscheiden, ob das Konzept als Erfolg einzustufen ist.
Hier geht es zu weiteren Bundesheer-Meldungen und hier zu weiteren Meldungen rund um Leonardo.








