In einem Interview mit dem deutschen Handelsblatt äußerte Airbus Defence and Space-Chef Michael Schöllhorn einerseits mahnende Worte zur mittelfristigen Zukunft des Unternehmens, zeigte sich jedoch auch optimistisch in Bezug auf die aktuelle Produktpalette. Dieser Ausblick wird allerdings durch einen unerwarteten Stellenabbau getrübt: Trotz eines Rüstungsbooms und neuer Aufträge (-> Spanien bestellt 25 weitere Eurofighter) streicht das Unternehmen 2.000 Stellen, davon 700 in Deutschland. Rund die Hälfte dieser Kürzungen betrifft die Raumfahrtsparte, die dem Konzern zuletzt erhebliche Abschreibungen verursachte.

Schöllhorn fordert mehr Planbarkeit beim FCAS-Projekt

Im Gegensatz zum kürzlich auf den Weg gebrachten 6.-Generation-Kampfjet-Projekt GCAP von Großbritannien, Italien und Japan, fordert Airbus weiterhin mehr Planbarkeit für das eigene 6.-Generations-Rüstungs-Großprojekt FCAS. Der europäische Branchenprimus muss nach eigenen Angaben – als zweitgrößter Partner hinter Dassault – Entwicklungskosten im zweistelligen Milliardenbereich für das von Frankreich, Deutschland und Spanien sowie neuerdings auch Belgien getragene Programm schultern.

FCAS-Mock-up in Paris – ©Georg Mader
Mock-ups gibt es zwar bereits seit längerer Zeit zu sehen, das multinationale FCAS-Programm kämpft aber nach wie vor mit vielen Problemen.

Noch vor dem Einstieg in die Demonstratorphase soll ein neuer, abgestimmter Projektlaufplan zwischen den Partnerstaaten finalisiert werden. Allerdings bestehen offenbar weiterhin Unstimmigkeiten hinsichtlich der genauen Fähigkeiten, die von den Partnerstaaten im Pflichtenheft des FCAS-Programms verankert werden sollen. So fordert Frankreich beispielsweise, dass das bemannte Hauptsystem des „System of Systems” auch von Flugzeugträgern aus operieren kann – trotz der angesichts des Mock-ups beachtlichen Größe des Jets. Parallel dazu hat Frankreich ein Fähigkeits-Upgrade der Rafale auf den Standard F5 beschlossen. Diese soll künftig nicht nur als Nuklearwaffenträger fungieren, sondern auch von Stealth-Drohnen begleitet werden können.

Diese Entscheidung sorgte im Hinblick auf das ähnlich angelegte FCAS-Programm für Unruhe bei Airbus. Airbus-Chef Michael Schöllhorn sieht die Käuferstaaten generell in der Pflicht, parallele Beschaffungen kritisch zu überdenken: „Das Kaufen von der Stange in den USA, um Fähigkeitslücken rasch zu schließen, ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar”, so Schöllhorn. Dabei spielte er auf Großprojekte wie die Bestellung des F-35-Kampfflugzeugs durch Deutschland an – eine Entscheidung, die kurz nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) getroffen wurde und Airbus’ Rivalen Lockheed Martin zugutekommt. Interessanterweise sind jedoch auch die drei GCAP-Partner Italien, Großbritannien und Japan bereits stark in das F-35-Programm eingebunden.

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Neue Eurofighter-Aufträge

Schöllhorn setzt zur Überbrückung und zum Erhalt der Fähigkeiten auf weitere Eurofighter-Aufträge – und kann zum Jahresende zumindest einige Erfolge verzeichnen: Deutschland plant, zusätzlich zu den bereits bestellten 38 Tranche-4-Einheiten des Projekts „Quadriga” (als Ersatz für die veraltete Tranche-1), weitere 20 Eurofighter zu beschaffen. Dies hatte Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz im Sommer auf der ILA in Berlin angekündigt.

Auch international gibt es Bewegung: Am 20. Dezember hat Spanien seine zweite Nachbestellung über 25 Einheiten offiziell bestätigt. Italien plant ebenfalls eine weitere Beschaffung von 24 Jets, während Großbritannien eine Aufstockung von weiteren 50 Stück für Saudi-Arabien prüft. Dabei hat Deutschland in diesem Jahr seinen menschenrechtlich begründeten Widerstand gegen Lieferungen an Riad aufgegeben, was die Exportchancen erheblich verbessert.

Eurofighter mit Hoheitszeichen Katars – ©Georg Mader
Neben bereits erfolgten Bestellungen aus Spanien und Italien überlegt auch Katar eine Aufstockung seiner bestehenden Eurofighter-Flotte.

Die Türkei zeigt ebenfalls Interesse, auch wenn sie weiterhin auf einen Widerruf der F-35-Blockade durch die USA hofft. Ankara signalisiert Bedarf an 40 Eurofightern. Schließlich gibt es auch noch erste, wenn auch vage Signale aus Katar, wo ein größerer Folgeauftrag über Eurofighter im Raum steht – offenbar reichen die bisher gelieferten zwei Dutzend Jets dem Emirat nicht aus.

Kurz vor Jahresende wurde zudem ein bedeutender technischer Aufwertungspfad für zukünftige Produktionslose des Eurofighters beschlossen. Die NATO Eurofighter and Tornado Management Agency (NETMA) und das Eurofighter-Konsortium gaben am 19. Dezember den Start der Technologiereifungsphase (Technology Maturation Phase, TMP) für das sogenannte LTE (Long Term Evolution) bekannt. Diese Weiterentwicklung, vorgestellt von CEO Giancarlo Mezzanatto, zielt darauf ab, die Fähigkeiten des Eurofighters über die derzeitigen Phase-Enhancement-(PE)-Pakete hinaus deutlich auszubauen.

Das erweiterte LTE, auch als „Mid Life Update” bezeichnet, wird zahlreiche technische Neuerungen umfassen. Dazu zählen ein komplett überarbeitetes Cockpitdesign mit einem einzigen, großen Display, verbesserte Missions- und Flugsteuerungscomputer sowie modernisierte Kommunikations- und Waffenkontrollsysteme. Diese Maßnahmen sollen den Eurofighter für künftige Einsatzanforderungen rüsten und seine Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Markt stärken.

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Quelle©Airbus, Georg Mader