In dieser Serie werfen wir alle zwei Wochen einen Blick auf 5 aktuelle Konflikte, Krisen und Ereignisse weltweit. Dieses Mal im Fokus: Hunger als Kriegswaffe, neue Eskalation in Nahost und wie Proteste in Serbien Europas Ziel, seine Lithium-Abhängigkeit zu reduzieren, gefährden.
Ereignis #1: Ukraines Vorstoß nach Russland – droht ein Desaster?
Seitdem ukrainische Streitkräfte vor mehr als drei Wochen in Russland einmarschierten, konnten sie über Kursk hinaus auch in die benachbarte Region Belgorod vordringen. Es ist das erste Mal seit Ende des Zweiten Weltkrieges, dass eine feindliche Armee auf russischen Boden operiert (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg).
Kiews Vorstoß nach Russland hat zwar die Moral gestärkt, ist aber insgesamt riskant. Denn sollte der Plan scheitern, könnte die Ukraine viele gut ausgebildete Soldaten und einen Großteil der ausländischen Ausrüstung verlieren, die sie nach Kursk verlegt hat, so The Washington Post. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, Land im Osten der Ukraine zu verlieren, wo russische Truppen ihren Angriff auf die Stadt Pokrowsk fortsetzen. Pokrowsk ist mit seinem Bahnhof und den Hauptverkehrsstraßen ein strategisch wichtiger Versorgungs- und Verstärkungspunkt für die ukrainischen Streitkräfte an der Ostfront.
Für Russland ist die Einnahme von Pokrowsk seit langem eines der wichtigsten Kriegsziele. Experten gehen davon aus, dass Moskau etwa ein Drittel seiner Heeresgruppe Mitte, etwa 30.000 Mann, für die Offensive eingesetzt hat, sowie seine kampfbereitesten Reserven, berichtet BBC.
Ereignis #2: Neue Eskalation im Nahost-Konflikt
Vergangene Woche startete die israelische Armee (IDF) eine Offensive in der Westbank. Hunderte Soldaten, unterstützt von Drohnen und gepanzerten Fahrzeugen, drangen in Städte in den besetzten Gebieten ein und nahmen militante Palästinenser ins Visier, wie die New York Times berichtet.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober mehr als 600 Palästinenser in der Westbank getötet, wobei sowohl das israelische Militär als auch extremistische jüdische Siedler in die Gewalt verwickelt waren. Israel hat außerdem Tausende von Palästinensern verhaftet, die verdächtigt werden, Mitglieder bewaffneter Gruppen zu sein.
Die Offensive – eine der größten in den vergangenen Jahren – zielt vor allem auf die Hochburgen palästinensischer Militanter in Jenin, Nablus and Tulkarm. Bei den palästinensischen Kämpfern handelt es sich um Mitglieder der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Jihad, die vom Iran unterstützt werden.
Wie der von The Washington Post zitierte Michael Milshtein, ehemaliger Leiter für palästinensische zivile Angelegenheiten beim israelischen Militär, sagt, würden diese Gruppen in der Westbank zunehmend an Stärke gewinnen. Razzien verringern zwar kurzfristig das Risiko von Terroranschlägen, so Milshtein, aber nur eine tiefgreifende Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts könne Israels Sicherheitskrise dauerhaft lösen.
Ereignis #3: Gefährliche Manöver
Wie The Washington Post berichtet, beschuldigen sich China und die Philippinen gegenseitig, am 31. August eine Kollision zwischen Schiffen ihrer Küstenwachen verursacht zu haben.
Es war bereits die zweite Konfrontation innerhalb weniger Tage in der Nähe der Sabina-Untiefe. China beansprucht den größten Teil des Südchinesischen Meeres als sein Hoheitsgebiet, obwohl es dafür keine rechtliche Grundlage hat. Sein Anspruch umfasst die gesamte Inselgruppe der Spratly-Inseln, wo sich auch die Sabina-Untiefe befindet, auf die die Philippinen – ein Verbündeter der USA – konkurrierende Ansprüche erheben.
Peking und Manila werfen sich gegenseitig immer wieder gefährliche Manöver in der Region vor. Das Südchinesische Meer verfügt über einige der produktivsten Fischgründe der Welt sowie über Schifffahrtskanäle, über die etwa ein Drittel des weltweiten Handels abgewickelt wird. Untersuchungen deuten außerdem darauf hin, dass es in der Region große Öl- und Erdgasvorkommen geben könnte.
Die USA haben ihre Präsenz im Indopazifik in den vergangenen Jahren ständig verstärkt. Kriegsschiffe, Flugzeuge und U-Boote sind in Südkorea, Japan, auf den Philippinen und in Australien stationiert, wie ein Bericht der New York Times dokumentiert.
Ereignis #4: Proteste gegen Lithium-Mine
In Serbien haben erneut tausende gegen eine geplante Lithium-Mine im Westen des Landes protestiert. Ein Dilemma, denn die von Brüssel angestrebte Energiewende ist nur zu erreichen, wenn Europa in Zukunft große Mengen an Elektroauto-Batterien produziert, wofür Lithium ein entscheidendes Element ist. Um sich den Zugriff auf diese kritische Ressource zu sichern, will die EU daher den Abbau des silbrig-grauen Metalls am Kontinent vorantreiben.
Wie der Standard berichtet, ist die EU beim Lithium derzeit beinahe zu hundert Prozent von Importen aus Staaten wie Australien, Chile, China oder Argentinien abhängig, die zusammen mehr als 95 Prozent der weltweiten Lithium-Menge produzieren. Bis 2030 will die EU zumindest zehn Prozent ihre Jahresverbrauchs an Lithium selbst decken und mindestens 40 Prozent des Metalls selbst verarbeiten.
Tatsächlich verfügt Europa über große Lithiumvorkommen – unter anderem in Deutschland, Finnland, Österreich (Bericht), Portugal, Serbien und Spanien.
Ereignis #5: Hunger als Kriegswaffe
Wie die New York Times berichtet, endeten die in der Schweiz geführten, zehntägigen Gespräche zur Beendigung des Krieges im Sudan Ende August ergebnislos. Den Vermittlern gelang es nicht, einen Waffenstillstand auszuhandeln, nachdem sich das sudanesische Militär geweigert hatte, zu erscheinen. Das Scheitern der Gespräche habe die internen Spaltungen im geschwächten sudanesischen Militär offenbart, die ein Haupthindernis für die Beendigung des Krieges seien, so US-amerikanische und arabische Diplomaten.
Der seit 15 Monaten andauernde Bürgerkrieg zwischen rivalisierenden militärischen Fraktionen im Sudan hat die größte Hungerkrise der Welt ausgelöst – und das in einem fruchtbaren Land, das einst als globale Kornkammer galt. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WHO) hungern mehr als die Hälfte der 48 Millionen Menschen im Sudan.
Mitverantwortlich für die Hungerkrise sind Militärs auf beiden Seiten, die etwa die UN daran hinderten, Lebensmitteln über einen Grenzübergang ins Land zu bringen. Nicht nur im Sudan, auch an zahlreichen anderen Kriegsschauplätzen wird Hunger als Waffe eingesetzt.
„Das World Food Programme identifiziert derzeit 15 Länder, in denen Hunger eine akute Bedrohung darstellt. Besonders kritisch ist die Lage im Gazastreifen und im Sudan, wo bereits vor den jüngsten Konflikten viele Menschen hungerten”, sagt Lukas Wank, Geschäftsführer AG Globale Verantwortung in unserem „5-Fragen-an”-Interview zum Thema.
Hier geht es zu „5 Sichten auf die Welt #008”: Was war? Was ist? Was wird?
Themen: Israel erwartet Gegenschlag des Iran nach Ermordung des Hamas-Führers Haniyeh. Nach den Franzosen ziehen nun auch die USA aus Niger ab und die Türkei entwickelt ein neues Luftverteidigungssystem..