Das russische Verteidigungsministerium hat am 27. Mai auf seinem offiziellen Fernsehsender Zvezda neue Videos und Fotos veröffentlicht, welche die Verlegung vom 24. Mai nach und offenbar bereits auch Einsätze von drei Tu-22M3 Backfire-C Schwenkflügelbombern vom Luftwaffenstützpunkt Khmeimim bei Latakia in Syrien zeigen. Die Textzeile dazu lautet: „Besatzungen der Tu-22M3 Langstreckenbomber haben mit Missionen im Seeraum des Mittelmeeres begonnen.”
Nach den taktischen Nummern sind zwei der drei Flugzeuge identifiziert, als „Rot 15” (RF-94149, stationiert in Schajkowa in Westrussland) und „Rot 50” (RF-34091 aus Belaja im russischen Fernen Osten). In einer der Videosequenzen ist das noch immer voll analoge Cockpit der Backfire zu sehen, sowie das offensichtliche Navigieren nach Papierkarten. Außerdem zu erkennen ist mindestens ein mitverlegtes Frühwarnflugzeug Beriew A-50U (auf Basis der Il-76) sowie Kampfflugzeuge Su-35S – ob aktuell als Eskorte oder bereits länger vor Ort ist nicht herauszulesen.
Die Maschinen sind – asymentrisch — mit je einem der mächtigen Anti-Schiffs-Flugkörper Raduga Kh-22 Burja bewaffnet, in der NATO AS-4 Kitchen, einer älteren, aber immer noch respektablen Mach-4 Abstandswaffe mit 5,6 Tonnen Gewicht, davon drei Tonnen Treibstoff und 500 Kilogramm Gefechtskopf. Es könnte aber auch die modernisierte und seit 2016 im Truppendienst stehende Kh-32 Version mit neuer Elektronik und GLONASS-Satellitennavigation sein. Beiden liegt ein Missionsprofil des Aufstiegs auf fast 30 Kilometer Höhe und ein steiler Zielanflug von 30 bis 60° zugrunde.
Theoretisch kann jede Tu-22M3 drei der elf Meter langen und über 500 Kilometer reichenden Flugkörper tragen, was aber den Einsatzradius der Backfire stark reduziert. Nicht klar ist, ob den drei Bombern mehr als die beiden erkannten Flugkörper zur Verfügung stehen, beispielsweise um Schulungen durchzuführen und eben patriotische Medieninhalte zu produzieren. Jedenfalls aber würde die permanente Präszenz von Kitchen im östlichen Mittelmeer den Betreibern von Verteidigungssystemen aller NATO-Oberflächenkriegsschiffe ernsthafte Kopfschmerzen bereiten.
Im Vorfeld der Tu-22M3-Verlegung nach Syrien haben russische Bautrupps – wie auf Satellitenbildern vom Februar gut erkennbar – umfangreiche Renovierungsarbeiten auf dem Flugplatz Khmeimim unternommen, man verlängerte eine der beiden Start- und Landebahnen um rund 300 Meter und erneuerte die Beleuchtungs- und Funkkommunikationshilfen beider Pisten. Daraus ließ sich bereits damals ableiten, dass es der Basis ermöglicht werden sollte, die Stationierung und regelmäßigere Einsätze größerer und schwererer Flugzeuge zu erlauben, einschließlich großer Transporter, AWACS und eben Bomber.
Das russische Verteidigungsministerium äußerte sich bislang nicht zu westlichen medialen Mutmaßungen rund um diese Aufstockung an Kapazität und merkte nur lakonisch an, dass diese Bomber nach Abschluss der zugewiesenen Aufgaben an ihre Einsatzorte zurückkehren werden. Offen bleibt natürlich, wann das sein wird und ob diese Flugzeuge – Stichwort Pistenverlängerung und Infrastrukturausbau – dann rotierend durch andere abgelöst werden würden.
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