Das türkische Verteidigungsministerium hat offenbar sein geplantes US-Anschaffungspaket im Volumen von 21,8 Milliarden Euro rund um seine F-16-Flotte substanziell reduziert. Die Anschaffung beziehungsweise Integration von Modernisierungskits für die älteren F-16 Block-50 wird gestrichen.

Der NATO-Staat Türkei hat erst Anfang des Jahres – nach einem seitens der Biden-Administration lange verzögerten Prozess – mit den Vereinigten Staaten einen Vertrag über die Beschaffung von 40 neuen F-16-Block-70 Kampfjets und der Viper-Modernisierung der jüngsten der bestehenden Muster abgeschlossen. „Eine erste Zahlung in Höhe von 1,33 Milliarden Euro für die Beschaffung von F-16 Block-70 und 79 Modernisierungskits wurde geleistet”, so hieß es damals in einer parlamentarischen Anhörung. Die Türkei ist einer der größten Betreiber von F-16-Kampfflugzeugen mit einer Flotte, die aus mehr als 200 älteren Block-30-, Block-40- und eben Block-50-Modellen besteht.

Türkischer F-16-Kampfjet Projekt Özgür – ©Georg Mader
Testträger: Die von der türkischen Industrie entwickelten Modernisierungspakete wurden im Projekt Özgür im F-16-Kampfjet mit der Nummer 87-0019 umgesetzt.

Nun aber sagt am 26. November Verteidigungsminister Yasar Güler: „Wir haben die Beschaffung dieser 79 Kits aufgegeben. Der Grund ist, dass unsere Einrichtungen der türkischen Luft- und Raumfahrtindustrie bei Turkish Aerospace Industries (TAI) in der Lage sind, diese Modernisierung aus eigener Kraft durchzuführen. Also haben wir ihnen den Auftrag unserer eigenen Industrie übertragen.”

Bestehen bleibt die Beschaffung der 40 neuen Lockheed Martin F-16/70-Jets und der Munition, dafür wird die Türkei rund 6,6 Milliarden Euro ausgeben. Darüber hinaus ist Ankara am Kauf von 40 Eurofighter Typhoon-Kampfflugzeugen interessiert, wozu Olaf Scholz neulich „freundliche Nasenlöcher” gemacht hat. Und schließlich entwickelt TAI sein eigenes und bereits geflogenes Kampfflugzeug der fünften Generation, den Kahn (-> Türkischer Stealth-Jet Kaan wieder in der Luft). Im  Lichte all dieser Schritte ist – auch budgetär – wohl die Abkehr von der Beschaffung der US-Kits zu sehen.

©Militär Aktuell

Projekt Özgür

Im Oktober 2021 – die Türkei war zwei Jahre zuvor in der ersten Regierungszeit von Donald Trump wegen der Beschaffung russischer S-400-Luftabwehrsysteme aus dem F-35- Programm geflogen – wurde der Auftrag an die nationale Industrie erteilt, ein lokal entwickeltes Modernisierungspaket zu entwickeln, das damals auf die besten 35 Block-30-Jets der türkischen Luftwaffe (THK) abzielte. Dies wurde als Projekt Özgür bezeichnet, als Testträger wurde die Maschine mit der Nummer 87-0019 herangezogen. (Anmerkung: 87 bezeichnet das US-Finanzjahr, in dem die Maschine für die Türkei im FMS finanziert wurde). Wie auf der Website von Savunma Sanayii Başkanlığı Teşkilatı’nda Değişiklik erläutert, wurde nach der erfolgreichen Erprobung jenes F-16-Prototyps bis Juli 2022 die Phase der Serienmodernisierung der Flotte eingeleitet.

Generalleutnant Hofbauer: „Wir machen ordentlich Tempo!“

Dabei geht es einerseits um eine strukturelle Modernisierung, wodurch die Flugstunden jeder Zelle von 8.000 auf 12.000 erhöht werden können. Außerdem geht es um eine Avionik-Modernisierung rund um das in der Türkei von Aselsan entwickelte AESA-Radar Murad auf Basis der neuesten Galliumnitrid-Technologie (GaN). Es soll in der Lage sein, gleichzeitig Luft-Luft-, Luft-Boden- und Luft-See-Missionen durchzuführen und über elektronische Angriffsfähigkeiten verfügen. Weiters geht es um den Einbau eines neuen Missionscomputers, einer Systemschnittstelle, neuer Farbdisplays im Cockpit, einer hydraulischen Kraftstoffanzeige und eines digitalen Triebwerks-Monitoring. Ebenfalls integriert werden ein neues nationales Freund-Feind-Identifikationssystem (IFF), ein neuer Radarwarnempfänger und ein Trägheitsnavigationssystems. Außerdem ein HMD Helm-montiertes Cueing-System, von – wie fast alle Komponenten – Aselsan.

Quelle©Georg Mader