Es klingt wie der Plott eines schlechten Hollywood-Films: Ein dänischer Koch in Frühpension soll über zehn Jahre hinweg heimlich nordkoreanische Operationen im Ausland für einen Dokumentarfilm infiltriert und gefilmt haben. Damit aber nicht genug: Laut einem aktuellen BBC-Bericht hat Ulrich Larsen in dieser Zeit sogar einen Auftrag zur Errichtung einer Untergrundfabrik für die Produktion von Drogen und Waffen an Land gezogen.
„The Mole – Undercover in North Korea”, das gestern zugleich im schwedischen, dänischen, norwegischen und britischen Fernsehen ausgestrahlt wurde (hier in voller Länge zu sehen, leider nur mit britischer IP-Adresse) zeigt mit versteckten Kameras aufgenommenes Filmmaterial, das ein verkabelter Ulrich Larsen in den vergangenen Jahren bei Treffen in Europa und Nordkorea angefertigt hat. Der Dokumentarfilm wurde vom dänischen Filmemacher Mads Brügger inszeniert, der dafür den bärtigen Ex-Fremdenlegionär Jim Latrache-Qvortrup (der wegen Drogenhandels acht Jahre im Gefängnis verbracht hatte) als glaubhaften und voll zeichnungsberechtigten Vertreter eines im Hintergrund bleibenden internationalen Waffenhändlers namens „Mr. James” engagierte. Dieser begleitete Larsen dann zu Treffen in Uganda, Spanien, Schweden und Norwegen und unterzeichnete schließlich bei einem Besuch in Pjöngjang mit anwesenden nordkoreanischen Regierungsvertretern und -beamten einen Vertrag zur Errichtung einer Waffenfabrik auf einer ugandischen Insel. Kaum zu glauben, da die Nordkoreaner die westlichen Geschäftsleute und vermeintlichen Investoren bestenfalls flüchtig kannten, allerdings scheinbar trotzdem keine Bedenken hatten, das Geschäft abzuschließen.
Larsen, der wegen einer chronischen Entzündung seiner Bauchspeicheldrüse seine Arbeit aufgeben musste, hatte die Neugier auf das seltsame und verschlossene Regime Nordkoreas dazu veranlasst, während seiner Rekonvaleszenz der sogenannten „Korean Friendship Association” (KFA) beizutreten. „Als ich anfing, wurde ich neugierig. Ist das möglich? Sind die echt? Und ich denke, manchmal ist es gesund, an etwas zu schnüffeln, nur weil es aufregend erscheint”, so Larsen. In der KFA kam er laut eigenen Aussagen mit dem spanischen Adeligen Alejandro Cao de Benós in Kontakt, der sich als „Torhüter Nordkoreas im Westen” präsentierte. 2013 kbot Cao De Benós schließlich Larsen drei interessante Investitionsprojekte mit Nordkorea an, falls er „Investoren” mit mehr als 50.000 Euro Kapital finden könne.
Am Sonntagabend wurde in den BBC-Abendnachrichten auch Hugh Griffiths, der Koordinator des UN-Expertengremiums für Nordkorea zwischen 2014 und 2019, zum Film befragte. Er sagte, er habe die Dokumentation als „sehr glaubwürdig empfunden”. „Dieser Film ist die größte Verlegenheit für den Vorsitzenden Kim Jong-un, die wir je gesehen haben. Nur weil er teils amateurhaft erscheint, heißt das nicht, dass die dringende Absicht, Deviseneinnahmen zu generieren und Waffen zu verkaufen, nicht da ist. Elemente des Films entsprechen wirklich dem, was wir bereits über Jahre wissen, wie Nordkorea über seine Botschaften, Konsulate oder Freundschaftsgesellschaften an Umgehung und Neutralisierung der UN-Sanktionen arbeitet. Sie sind in einer wilden Mischung verzweifelt, dumm – aber auch gefährlich. Verzweifelt offenbar, weil sie dringend an westliche Devisen kommen müssen. Dumm, weil sie im Souterrain eines Klubs mit Leuten, die sie nicht mal ein wenig, sondern gar nicht kennen, Waffenkataloge bis hin zu ballistischen Raketen durchgehen und darüber sogar handelseins werden. Aber auch gefährlich, weil sie damit ja ihre unbekümmerte Bereitschaft zeigen, all die Waffen aus den Katalogen tatsächlich zu verkaufen. Der bärtige Waffenhändler-Darsteller und seine Freunde – das hätten ja auch Terroristen, auch Vertreter des IS sein können!”
Larsen sagte nun dem Sender DR, dass er nach der Ausstrahlung des Films mit Konsequenzen rechne. „Einige Leute werden ziemlich wütend sein, aber kein Wunder, ich habe sie unglaublich angelogen. Ich hoffe, dass sie jetzt nicht entscheiden, dass ich eine Lektion lernen soll und dass sie nicht daran denken, jemanden nach mir zu schicken. Jedenfalls weiß meine Frau nichts über die Angelegenheit – zur Sicherheit. Außerdem hätte sie hätte mich wahrscheinlich sogar rausgeworfen.”
Unterdessen hat ebenfalls gestern Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un mit einer ungewöhnlichen Nacht-Militärparade den 75. Jahrestag der Regentschaft „seiner” Kommunistischen Partei Nordkoreas begangen. Vorbei defilierte unter anderem eine neue, noch größere, ja bislang größte Interkontinentalrakete (ICBM) mit 24 Metern Länge und 2,5 Metern Durchmesser, auf einem – ebenfalls eine Premiere – elfachsigen Fahrzeug. Sollte das eine mit flüssigem Treibstoff arbeitende Waffe sein, würden die Abmessungen für fast 100 Tonnen Treibstoff sprechen. In seiner Rede entschuldigte sich Kim bei seiner Bevölkerung, weil er ihr nicht überall den Lebensstandard und das Wohlergehen bieten könne, die sie – und hier erwähnte er selbst die UN-Sanktionen – haben sollte. Seine Lösung: Noch mehr Investitionen in die Armee! Die Streitkräfte seien schließlich der Garant für mehr Sicherheit und Wohlergehen!