Aktuelle Untersuchungen abgeschossener russischer Shahed-Drohnen (Geran 2) zeigen: In vielen Fällen sind die unbemannten Systeme mit handelsüblichen 4G-Modems und ukrainischen SIM-Karten unterwegs. So lassen sich während des Flugs einfach und unkompliziert Daten an den Drohnenoperator übertragen, zudem wird damit die Navigation der Drohnen erleichtert – allerdings erhöht sich auch ihre Störanfälligkeit.
Dass die Trümmer eingeschlagener, abgeschossener oder abgestürzter gegnerischer Waffensysteme, Raketen und Drohnen oft eingehend analysiert werden, ist nichts Neues. Man erfährt dadurch viel über die technologischen Möglichkeiten des Gegners, seine Produktionsmethoden, die Herkunft einzelner Bauteile oder die grundsätzliche Funktion der Systeme.
Auf diesem Weg lassen sich möglicherweise bessere Verteidigungs- und Abwehrmethoden entwickeln. Die gesammelten Informationen können aber auch dazu beitragen, die Produktion oder die Nachschubketten des Gegners besser bekämpfen oder stören zu können.
Wahre Fundgruben dahingehend bietet der Drohnenkrieg (-> Der Ukraine-Krieg als erster „War of Dornes”), insbesondere auch, weil in vielen Drohnen zivile Technologie zum Einsatz kommt.
So wurde im vergangenen November erstmals ein 4G-Modem mit ukrainischer SIM-Karte in einer abgestürzten russischen Geran-2 (Shahed-136) Drohne gefunden. Ebenfalls bereits erblickt wurde ein Exemplar mit aufgeklebter WLAN-Kamera.
Die erste Annahme, die man angesichts einer derartigen Ausstattung sofort treffen kann: Es findet im Flug eine Datenübertragung von der Shahed Drohne zum Schützen statt. Das können die aktuelle Position, aber auch Flugparameter und/oder technische Daten der Drohne sein. Die Geräte fliegen stundenlang über hunderte Kilometer und für den Angreifer ist es ist natürlich nützlich zu wissen, wo sie genau fliegt und wenn sie abstürzt oder abgeschossen wurde, wo, wieso oder womit.
Als Ergebnis davon könnte der Angreifer bei weiteren Attacken eine andere Flugroute oder Höhe wählen, aufgeklärte Positionen von Luftverteidigungssystemen könnten so um- oder überflogen werden.
Ebenso ist aber natürlich möglich, dass man solche Erkenntnisse sofort auswertet, um den Flugweg anderer Drohnen noch während des Fluges anzupassen.
Nicht so sehr bekannt sind LBS-Funktionen (Location Based Services), die man gemeinhin mit der Satellitennavigation in Zusammenhang bringt, die jedoch reine Netzfunktionen darstellen. Mithilfe der Zellkennung der Mobilfunkantennen und durch Messung der Signallaufzeit zwischen verschiedenen Antennen lässt sich auf rund 100 bis 150 Meter genau ein Standort bestimmen. Das reicht nicht, um mit Sicherheit ein Haus oder ein Flugabwehrsystem zu treffen, jedenfalls aber reicht es für ein Flächenziel wie eine Industrieanlage, ein Umspannwerk oder einen Bahnhof.
In diesem Zusammenhang muss man vielleicht auch die zunehmenden Irrwege so mancher Shahed Drohnen beachten. So simpel der Missbrauch ziviler Systeme sein mag, ebenso simpel ist dann – sofern der Verteidiger erstmal einen Blick hinter deren Funktionsweise werfen konnte – die Abwehr dieses Missbrauches. Möglicherweise finden wir genau darin die Ursache, weshalb diesen Sommer zunehmend Shahed-Drohnen aus der Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) nach Norden abdrifteten und nach Belarus flogen.
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