Aufmerksamen Beobachtern ist die Veränderung schon vor längerer Zeit aufgefallen: Saab hat die Flügelgeometrie am Gripen E verändert. Warum dieser Schritt gesetzt wurde, hat uns bei einem Besuch in Schweden Testpilot Jussi „Miyagi” Halmetoja erklärt.

Die im Gegensatz zum 90-Grad Winkel und einem scharfen Knick zum Rumpf hin nun weiter in einer ganz geraden Linie nach hinten gezogene Hinterkante der Tragflächen ergibt nun eine trapezoid-förmigere Flügelfläche. Die Machbarkeit dieser Verbesserung wurde in den frühen Phasen der Entwicklung unter Verwendung der modellbasierten Designtechniken identifiziert. „Dabei zeichneten sich Vorteile für den zukünftigen Betrieb ab und schon 2021 wurde beschlossen, diese Verbesserungen am Basisdesign vorzunehmen. Seither wurden die neuen Konstruktionsmerkmale bereits zu einigen dieser Flugzeuge hinzugefügt und eine Testflugkampagne erfolgreich absolviert”, so Testpilot Halmetoja im Gespräch mit Militär Aktuell.

Vergleich der Flügel von alten und neuen Gripen E-Versionen – ©Saab
Vergleich der Flügel von alten und neuen Gripen E-Versionen-

Die überarbeitete Grundrissform wurde erreicht, indem die ursprünglichen Innen- und Außenbord-Elevons (die Hinterkanten-Steuerflächen, die beim Canard-Deltaflügler die Funktionen des Höhenruders und des Querruders kombinieren) durch größere beziehungsweise tiefere Versionen ersetzt wurden.

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Unzureichende Agilität mit schweren Außenlasten

Verantwortlich für die Änderung war, dass Saab „die Möglichkeit sah, die Schwerlasttragfähigkeit des jüngsten Gripen mit wenigen Abstrichen bei der Manövrierfähigkeit zu verbessern. Dahingehend ging es vor allem – mit insgesamt zehn verfügbaren Hardpoints gibt es etliche Optionen – um schwere Außenlasten wie zwei oder sogar vier 650 Kilogramm schwere Saab RBS-15Mk.3 oder -4 Anti-Schiffsraketen, bis zu neun Luft-Luftlenkwaffen (Meteor, Amraam oder Iris-T) oder bis zu 16 Lenk(gleit)bomben mit kleinem Durchmesser. Allerdings gehen die Verbesserungen zulasten externer Treibstofftanks, wie Testpilot „Miyagi” bestätigte.

Gripen E mit vier RBS-15 – ©Saab
Gripen E mit vier RBS-15 unter den Tragflächen.

Nicht sichtbar, aber trotzdem erwähnt wurde auch, dass die umfangreichen Tests und Modifikationen am Flugsteuerungssystem ergaben, dass Änderungen auch an den Canards (Vor- beziehungsweise „Entenflügel”) vorgenommen werden mussten. Diese sind allerdings kaum ersichtlich. In Summe bedeutet die Veränderung eine bedeutende Verbesserung, auch weil sich dadurch – ohne schwere Lasten – eine verbesserte Leistung bei niedrigen Geschwindigkeiten ergibt, besonders nützlich für den – eigentlich zu vermeidenden–- Kampf innerhalb der Sichtweite. Insgesamt würden die größeren Elevons eine verbesserte Pitch- und Rollkontrolle ergeben, was für die Optimierung der Agilität von grundlegender Bedeutung sei, so „Miyagi” gegenüber Militär Aktuell. Wahrscheinlich wird die Änderung auch Vorteile für das allgemeine Handling am unteren Ende des Geschwindigkeitsspektrums haben, einschließlich Starts und Landungen. All das sei „für einen kleineren Jäger wie den Gripen eindeutig ein beträchtlicher beziehungsweise markt-attraktiver Bonus”, so „Miyagi”.

Update wird zum Serienstandard

Saab-Testpilot Jussi „Miyagi” Halmetoja im Gespräch mit Militär Aktuell-Redakteur Georg Mader – ©Georg Mader
Saab-Testpilot Jussi „Miyagi” Halmetoja im Gespräch mit Militär Aktuell-Redakteur Georg Mader.

Bis heute fliegen 16 Gripen E in Schweden und Brasilien (-> nächster Gripen E in Brasilien angekommen), das erste Serienflugzeug für die Flygvapnet ist seit vergangenem Oktober beim schwedischen Heeresmaterialamt FMV und geht Anfang 2025 zu F7 nach Satenas. Die ersten beiden F-Zweisitzer (nur für Brasilien) waren im Mai fortgeschritten auf der Produktionslinie zu sehen. In Brasilien hat auch Embraer die heimische Montage begonnen, 15 der 36 dort als F-39 bezeichneten Gripen E werden von dort kommen. Laut Jussi Halmetoja „wird die Modifikation in Zukunft die Standardkonfiguration in allen Serienflugzeugen für Schweden und andere Kunden sein”. Ein Gripen-E in Brasilien (Nummer 4100, -> Video) hat auch bereits jene Modifikation, ob alle davor sie erhalten, darüber wird noch nachgedacht

Saab-Weltkarte mit potenziellen Kunden – ©Georg Mader
So sieht Saab die Welt: Aktive und potenzielle Gripen-Kunden.

Hier sei angemerkt, dass auf Saabs Weltkarte tatsächlicher und möglicher Betreiber des Gripen E/F auch Österreich als „prospective customer” aufscheint. Auf Nachfrage hört man: „We know, that your next government will not be able to evade a Tranche-1-successor process.”

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Quelle©Saab via Georg Mader, Saab, Georg Mader