Sie gehören zu Österreich wie Mozart und der Walzer, der Opernball und das Neujahrskonzert: die weltberühmten weißen Pferde der Spanischen Hofreitschule in Wien. Die Österreichische Nationalbank hat die Lipizzaner auf die 10-Schilling-Note von 1950 geprägt und auf die 5-Schilling-Münze ab 1969. Seit 2022 sind die Lipizzaner in die repräsentative UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingetragen.

Heute ist die Spanische Hofreitschule die älteste Reitschule der Welt. Die weltbekannte Wiener Sehenswürdigkeit zählt rund 300.000 Besucher pro Jahr.

Dabei wäre es vor 80 Jahren beinahe aus gewesen mit dem „Ballett der Weißen Hengste” – einem Kulturgut, das sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Denn 1945 rettete nur ein beherzter militärischer Einsatz, der so wohl gar nicht hätte stattfinden dürfen, die Lipizzaner.

„Wir hatten Tod und Zerstörung so satt und wollten etwas Schönes tun”, wird der Initiator der „Operation Cowboy”, Colonel Charles Hancock Reed, später zu Protokoll geben.

©Militär Aktuell

Das Deutsche Reich am Ende

Dass eine Rettung überhaupt notwendig wurde, ist den Kriegswirren des Zweiten Weltkriegs geschuldet. 1942 wurden Teile der Spanischen Hofreitschule und bedeutende Teile der Zuchtherde in Piper nach Hostau im Sudetenland evakuiert.

Drei Jahre später, während der Konferenz von Jalta auf der Krim im Februar 1945, teilen Winston Churchill, Franklin D. Roosevelt und Josef Stalin Europa in ihre künftigen Einflusszonen auf. Die Grenze zur wieder zu errichtenden Tschechoslowakei wird die künftige Demarkationslinie zwischen den Truppen der Westalliierten und den Sowjets.

Kurt Knispel – der erfolgreichste Panzersoldat der Welt

Das heutige Hostouň liegt 20 Kilometer im künftigen sowjetischen Sektor. Dort war damals das Quartier der rund 350 Tiere umfassenden Lipizzaner-Zuchtherde – praktisch der Gesamtbestand der für die Zucht in Frage kommenden Lipizzaner. Außerdem befand sich dort noch eine ganze Reihe weiterer Rassepferde aus anderen Ländern, in Summe über 1.000 Tiere.

Als die Sowjets Budapest einnehmen, bedeutet dies das Ende der dort noch vorhandenen königlich-ungarischen Lipizzaner. Sie landen im Kochtopf oder werden als Zugpferde beim Vormarsch gegen Deutschland verschlissen.

Überblick über Pattons Dritte Armee – ©Archiv
Gewaltige Streitmacht: Pattons Dritte Armee umfasst zeitweise sechs Korps mit bis zu 42 Divisionen.

Pattons Dritte Armee

George S. Pattons Dritte Armee wurde am 1. August 1944 aktiviert, nachdem die US Army (-> aktuelle Meldungen rund um die US-Streitkräfte) unter Omar Bradley den Durchbruch aus der Normandie geschafft hatte. Pattons Streitmacht wird je nach Zuteilung auf 250.000 bis 300.000 Mann anwachsen. Er dirigiert zeitweise sechs Korps mit bis zu 42 Divisionen. Pattons Tempo durch Frankreich ist auch nach heutigen Maßstäben immer noch unvorstellbar. Teile seiner Armee kesseln gemeinsam mit anderen Einheiten die deutschen Truppen bei Falaise ein. Seine 2nd Armored Division unter Leclerc befreit am 19. August Paris.

Am 8. September überqueren Spitzen der Dritten Armee bereits die Mosel, fast 300 Kilometer östlich von Paris. Die Dritte Armee fährt binnen 40 Tagen 600 Kilometer durchs besetzte Frankreich. Dann folgt eine Zwangspause: Der Nachschub hält mit der Vormarschgeschwindigkeit nicht mehr Schritt.

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Erst im November geht es weiter. Am 22. November nimmt die Dritte Armee Metz ein. Mitte Dezember 1944 beteiligt sich Patton an der Abriegelung des deutschen Gegenangriffs im Zuge der Ardennenschlacht.

Im März 1945 überquert seine 9th Armored Division die Rheinbrücke bei Remagen. Am 29. März wird Frankfurt eingenommen und am 12. April erhält Patton dann den Befehl, am Fluss Mulde zu stoppen, etwa 20 Kilometer westlich von Chemnitz. Zufällige Zusammenstöße mit sowjetischen Truppen sollen so vermieden werden.

Die Dritte Armee schwenkt in der Folge nach Süden Richtung Bayern, und Pattons XV Corps nimmt vom 16. bis 20. April Nürnberg ein.

Gestütsleiter Oberstleutnant Hubert Rudofsky – ©Archiv
Gestütsleiter Oberstleutnant Hubert Rudofsky kümmert sich um die Tiere in Hostau.

Hubert Rudofsky

Der Gestütsleiter in Hostau ist der gebürtige Tschechoslowake Oberstleutnant Hubert Rudofsky. Unter seiner Obhut befinden sich im April 1945 im Sudetenland die wertvollsten und edelsten Rassepferde Europas – darunter der weltweite Gesamtbestand aller für die Zucht in Frage kommenden Lipizzaner. Noch ist es in Hostau ruhig. Doch das wird sich ändern. Vom Westen rückt die US-Armee an, von Osten die Rote Armee. In Hostau, bislang von allen Fronten und Kriegsgeschehen verschont, sind Flüchtlinge das erste Anzeichen dafür, dass die Ruhe bald vorbei ist.

Rudofsky kontaktiert das zuständige Ministerium in Berlin, um zu erfahren, was mit den Pferden geschehen solle, „wenn der Feind anrückt”. Rudofsky erhält den Befehl, an Ort und Stelle zu bleiben. Er lässt Pferde anspannen und inspiziert mit einem Wagen die Umgebung des Gestüts. Er fährt bis zur Grenze vor und gibt den Befehl, keine Sperren zu errichten, damit die Flüchtlinge durchkommen und nicht in Hostau hängen bleiben.

Walter Holters

Patch des 2nd Cavalry Regiments – ©Archiv
Patch des 2nd Cavalry Regiments.

Im Lauf des Aprils wird ebenfalls Oberst Walter Holters in Hostau stationiert, ein Nachrichtenoffizier der Luftwaffe. Seine Wetterbeobachtungseinheit war in der Gegend gestrandet, nachdem ihr der Treibstoff ausgegangen war. Holters, ebenfalls ein Pferdeliebhaber, diskutiert mit Rudofsky, was mit den Pferden geschehen soll. Rudofsky und Holters sind sich einig, dass der Verlust der Tiere im Gestüt auf jeden Fall vermieden werden muss.

Auch Holters weiß, dass das Kriegsende naht und damit die Gefangenschaft. Ganz dem Schicksal will er sich jedoch nicht ergeben. Nach Geheimverhandlungen mit der US Army wird ein kleines Scheingefecht veranstaltet, im Zuge dessen sich Holters und seine Männer ergeben.

Die Zweiten Dragoner

Es ist kein Zufall, dass Holters auf Kavalleristen trifft – auf Soldaten, die den Umgang mit Pferden gewohnt sind. Denn die vordersten Truppen der vorrückenden US-Armee, die Augen der Armee am Boden, sind namentlich Aufklärungs-Kavallerieeinheiten. Diese sind zwar inzwischen mechanisiert und somit längst nicht mehr zu Pferde unterwegs, aber viele der Offiziere in diesen Einheiten sind ausgebildete Kavallerieoffiziere – ebenso wie General George S. Patton. Sie haben, bevor sie Kraftfahrzeuge erhielten, in berittenen Einheiten gedient.

Colonel Charles Hancock Reed – ©ArchivDie Einheit, auf die Oberst Holters trifft, ist das 42nd Cavalry Reconnaissance Squadron des 2nd Cavalry Regiment (XII Corps), unter dem Kommando von Oberst Reed.

Charles Hancock „Hank” Reed

1922 in West Point als 2nd Lieutenant of Cavalry graduiert, wird Reed in der Folge Lehrer an der US Army Cavalry School in Fort Riley. Im Jänner 1943 wird er der 31. Oberst des 2nd Cavalry Regiment.

Die Einheit erlitt im Zweiten Weltkrieg die prozentual geringsten Verluste einer US-Formation dieser Größe. Gleichzeitig machte das 2nd Cavalry Regiment jedoch mehr Kriegsgefangene, eroberte mehr Orte und feindliches Material und verbrachte mehr Tage im Kampf als jedes andere US-Regiment auf dem europäischen Kriegsschauplatz.

„Die 2. Panzerkavalleriegruppe leistete in den europäischen Feldzügen hervorragende Arbeit bei vielen weiteren schwierigen und gefährlichen Operationen. Alle unsere Mitglieder erinnern sich jedoch mit besonderem Stolz an ihren Beitrag zur österreichischen Kultur und zum Glück – die Rettung der Lipizzaner bei Hostau.“

Persönlichen Bericht von Colonel Charles Hancock Reed

Nach dem kleinen Scheinscharmützel trifft Luftwaffen-Oberst Holters auf Kavallerie-Oberst Reed. Holters erzählt Reed von Hostau, von den hunderten Lipizzanern, Arabern und Vollblütern. Reed erkennt die Gelegenheit, wertvolle Kriegsbeute zu machen. Er weiß aber auch, dass er die Grenze nicht überschreiten darf. Hostau gehört laut dem Vertrag von Jalta den Sowjets. Die Rote Armee steht zu diesem Zeitpunkt jedoch noch rund 200 Kilometer weiter östlich und bereitet die Eroberung Prags vor.

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Was wusste Patton?

Laut dem Historiker Jindřich Marek vom Militärgeschichtlichen Institut in Prag gibt es keinen Beweis dafür, dass Patton von der „Operation Cowboy” vor deren Durchführung wusste.
Dem gegenüber hält sich auf amerikanischer Seite der Mythos sowie die Aussage Reeds, dass General George S. Patton den Befehl zur Rettung der Pferde per Funk gegeben habe.

In beide Richtungen lässt sich argumentieren. Pattons Vormarschgeschwindigkeit wäre unmöglich zu erreichen gewesen, wenn jeder Oberst jeden Befehl vom kommandierenden Armeegeneral hätte abzeichnen lassen. Der Schlüssel dafür heißt „Führen mit Auftrag”. Insbesondere die Aufklärer, und ganz besonders Oberst Reed, waren offenbar Experten darin, sich bietende Gelegenheiten im Sinne dieses größeren Auftrags sehr schnell auszunutzen – oft auch überraschend und zu schnell für den Gegner.

„Ein guter Plan, der sofort ausgeführt wird, ist besser als ein perfekter Plan in der nächsten Woche.“

General George Smith Patton Jr.

Dem gegenüber steht die Tatsache, dass sich die „Operation Cowboy” definitiv nicht mit dem damaligen Auftrag und der Vormarschrichtung zu diesem Zeitpunkt in Übereinstimmung bringen lässt. Sie verzögerte den Vormarsch sogar, da wesentliche Elemente, die die gewohnt schnelle Bewegung ermöglichen sollten, anderweitig zum Einsatz kamen. Zumal die Dritte Armee sogar nach Süden schwenken musste, um nicht mit vorrückenden sowjetischen Truppen zusammenzustoßen. Denn die Tschechoslowakei wurde sowjetische Besatzungszone – und weshalb sollten US-Boys dafür kämpfen?

Im persönlichen Bericht von Oberst Charles Hancock Reed über die Rettung der Lipizzaner-Pferde wird jedenfalls eindeutig über eine Anfrage per Funk an das Hauptquartier der 3. Armee geschrieben – und auch über die übermittelte Antwort durch General Patton.

George Smith Patton Jr. auf einem Lipizzaner – ©Lipizzanermuseum
George Smith Patton Jr. (11. November 1885 – 21. Dezember 1945) auf einem Lipizzaner: Kommissioniert als 2nd Lieutenant in West Point 1909 (Kavallerie), Fünfter Platz im Modernen Fünfkampf bei den Olympischen Spielen 1912, Kommandant der Western Task Force (Nordafrika 1942), Kommandant der Siebenten Armee (Sizilien 1943), Kommandant der First United States Army Group im ersten Halbjahr 1944 (Kriegslist/Geisterarmee) und schließlich Kommandant der Dritten Armee ab 1. August 1944.

„Operation Cowboy“

Patton soll über Funk befohlen haben: „Holt sie! Machen Sie es schnell! Sie werden einen anderen Auftrag erhalten!” Und wenn es diesen Auftrag so gegeben hat, war er zumindest nicht unüblich für die mechanisierte Kavallerie. Denn Schnelligkeit war deren Spezialgebiet.

Kommandeur der in Eile zusammengestellten Truppe wird Major Robert P. Andrews. Ihm stehen 325 Mann mit Maschinengewehren auf Jeeps, einige Radpanzer vom Typ M8 Greyhound und fünf leichte Panzer vom Typ M24 Chaffee zur Verfügung.

2nd Cavalry Regiments – ©Archiv
Geschwindigkeit war der einzige Vorteil, den die Zweiten Dragoner mit ihren leichten Fahrzeugen gegenüber den in der Tschechoslowakei immer noch operierenden zehntausenden deutschen Soldaten, darunter auch zwei Panzerdivisionen, ausspielen konnten.

Am 26. und 27. April wird über die Linien, aber auch auf deutscher Seite, hektisch kommuniziert. Währenddessen planen die Kavalleristen ihren Einsatz. Dass das Kommando auf deutscher Seite letztlich nicht mitspielt, die Pferde nicht freiwillig hergibt und die Pferde in Hostau somit befreit und evakuiert werden müssen, ist ihnen bereits klar.

Am 28. April stößt die Task Force durch die deutsche Linie und kämpft die dort stehende Infanterie der Waffen-SS nieder. Die Artillerie des XII. Korps schießt Sperrfeuer. Die Kolonne erreicht das Gestüt. Reed organisiert Fahrzeuge, um die trächtigen Stuten und neugeborenen Fohlen aus Hostau nach Bayern zu bringen. Er übergibt das Kommando an seinen Stellvertreter, Hauptmann Stewart. Diesem stehen nur 180 Mann, zwei Panzer und zwei Haubitzen-Motorwagen zur Verfügung. Doch er findet rasch Freiwillige: Im Gestüt arbeiten rund 400 alliierte Kriegsgefangene – Briten, Neuseeländer, Franzosen, Polen und Serben. Alle melden sich freiwillig und werden mit erbeuteten deutschen Waffen ausgerüstet. Mit dabei sind auch Deserteure vom deutschen Heer und der Luftwaffe sowie eine kleine Gruppe antikommunistischer Kosaken der 1. Kosaken-Kavallerie-Division, die der Waffen-SS unterstellt ist.

Oberst Reed inspiziert einen Lipizzaner in Hostau – ©Archiv
Oberst Reed inspiziert einen Lipizzaner in Hostau.

Noch während der Vorbereitungen zur Evakuierung wird das Gestüt zweimal von Infanterie der Waffen-SS angegriffen; die Angriffe werden jedoch zurückgeschlagen.
Reed bekommt nach der Einnahme von Hostau neue Aufgaben. Er lässt rund 30 Mann unter dem Kommando von Oberleutnant Bill Quinlivan zurück und stößt über den Eisensteinpass etwa 40 Kilometer weiter nach Osten vor. Am 7. Mai, einen Tag vor der deutschen Kapitulation, trifft er dort schließlich südlich von Pilsen auf sowjetische Truppen.

Oberst Alois Podhajsky

Oberst Alois Podhajsky – ©Archiv
Oberst Alois Podhajsky ist mit Ende des Zweiten Weltkriegs Leiter der Spanischen Hofreitschule.

Der damalige Leiter der Spanischen Hofreitschule ist Oberst Alois Podhajsky. Der ehemalige Offizier des Österreichischen Bundesheeres der Ersten Republik hatte bei der Olympiade in Berlin 1936 für Österreich die Bronzemedaille im Dressurreiten errungen.

Das XX. Korps von Generalleutnant Walton H. Walker nimmt Ende April/Anfang Mai 1945 St. Martin im Innkreis ein. Die kleine oberösterreichische Stadt beherbergt die Dressurpferde der Spanischen Hofreitschule.

Generalleutnant Walker bittet Oberst Podhajsky um eine Vorführung für Patton. Während rundherum das Dritte Reich kollabiert, hat Podhajsky nur die Sicherheit der Reitschule und der Zuchtpferde im Kopf. Und Podhajsky, der zu diesem Zeitpunkt von der „Operation Cowboy” noch gar nichts weiß, ergreift die Chance, die sich ihm bietet.

Patton und die Lipizzaner

Am 7. Mai fliegt General Patton mit Kriegsuntersekretär Robert P. Patterson vom Hauptquartier der Dritten Armee nach Sankt Martin im Innkreis in Oberösterreich. Podhajsky wird das Ereignis später als den wichtigsten Tag seines Lebens bezeichnen.
Er selbst und seine Bereiter führen Patton an diesem sonnigen Montagmorgen im Schloss Arco-Zinneberg das „Ballett der Weißen Hengste” vor.

Lipizzaner-Vorfürung für General Patton – ©Nationalarchiv
A horse show for the American forces in Austria was given by the traditional riding school of Vienna. Attending was General George S. Patton, CG., 3rd Army, who had earlier inspected troops of the 328th Reg. 26th Inf. Div. It was a classical riding show something new for the American Soldiers.
St. Martin, Austria

Am Ende zieht Podhajsky seinen Hut vor Patton und bittet den General um Schutz für die jahrhundertealte Spanische Hofreitschule sowie um Hilfe bei der Rückholung der Zuchtherde aus der Tschechoslowakei.

Patton steht auf und sichert Podhajsky zu, dass er die Spanische Hofreitschule unter den besonderen Schutz der US-Armee stellt. In weiterer Folge sichert er Podhajsky zu, er werde alles tun, was er für die Pferde in der Tschechoslowakei tun könne. Auch Robert P. Patterson sichert die Unterstützung der USA zu. Für Podhajsky ist „diese offizielle Erklärung weit mehr, als ich mir erträumt hatte”.

Podhajsky im Gespräch mit Patton – ©Archiv
Podhajsky ersucht Patton um den Schutz der Lipizzaner, Patton sagt den besonderen Schutz der US-Armee zu.

Patton, selbst lebenslanger Reiter, beschrieb die Vorführung an diesem Tag in seinem Tagebuch und nannte sie „äußerst interessant und prächtig ausgeführt”. Und Patton weiter:
„Es kam mir ziemlich seltsam vor, dass inmitten einer Welt im Krieg etwa zwanzig junge und mittelalte Männer in hervorragender körperlicher Verfassung … ihre gesamte Zeit damit verbrachten, einer Gruppe von Pferden beizubringen, mit dem Hintern zu wackeln und ihre Füße im Einklang mit bestimmten Signalen von den Fersen und Zügeln zu heben. Andererseits ist es wahrscheinlich falsch, zuzulassen, dass irgendeine hoch entwickelte Kunst, egal wie töricht sie ist, von der Erde verschwindet – und welche Künste töricht sind, hängt von der Sichtweise ab. Für mich ist die Hochzucht von Pferden sicherlich interessanter als Malerei oder Musik.”

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Der große Transport

Am 15. Mai 1945 werden unter dem Schutz der US-Truppen sämtliche verbliebenen Pferde von Hostau nach Bayern und von dort nach Mannsbach in Mitteldeutschland geführt. Der Abmarsch findet praktisch vor den Augen der inzwischen anrückenden sowjetischen Truppen statt, die nicht eingreifen.

Ein schriftlicher Befehl sichert der Herde im US-Sektor in Deutschland absoluten Vorrang auf allen Straßen zu.

Rückkehr der Lipizzaner nach Piper – ©Spanischen Hofreitschule/Ines Hubinger
1952 kehrten die Lipizzaner nach Piber in der Weststeiermark zurück. Das dortige Lipizzanergestüt steht heute unter Denkmalschutz. Es züchtet Lipizzaner vorwiegend für die Spanische Hofreitschule in Wien.

Österreichische, jugoslawische und italienische Pferde werden anschließend in zwei Transporten am 18. und 22. Mai 1945 nach St. Martin in Oberösterreich gebracht.
In weiterer Folge wird die Zuchtherde in Wimsbach (Oberösterreich) vorübergehend ihr Zuhause finden. Ein Transport nach Piber wird von der US-Besatzungsmacht untersagt, da Piber in der sowjetischen Besatzungszone liegt. 1947 erfolgt die Überstellung der jugoslawischen und italienischen Pferde in ihre Heimat.

Gedenktafel zur Erinnerung an die „Operation Cowboy” – ©Martin Rosenkranz
Gedenktafel an General Patton und Oberst Reed in den Verkaufsräumen der Spanischen Hofreitschule am Michaelerplatz 1.

Miracle of the White Stallions

Das US-Filmstudio Walt Disney bringt die Geschichte der „Operation Cowboy” 1963 in die Kinos. In den Hauptrollen: Robert Taylor, Lilli Palmer und Curd Jürgens. Große Teile des Films wurden in der Hermesvilla im Lainzer Tiergarten in Wien gedreht. Der Film war erfolgreich und spielte an den nordamerikanischen Kinokassen 2,5 Millionen Dollar ein.

Abweichend von der realen Geschichte basiert der Film auf einem Buch von Oberst Podhajsky. Im Film setzt Patton die „Operation Cowboy” erst nach der Vorführung Podhajskys in St. Martin in Gang, während diese in Realität schon vorher stattgefunden hat. Ob dies aus dramaturgischen Gründen so gewählt wurde oder auf einer fehlerhaften Überlieferung basiert, ist unbekannt.

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Kulturgüterschutz und Krieg

Am 23. Juni 1943 gründete US-Präsident Franklin D. Roosevelt die „Amerikanische Kommission zum Schutz und zur Bergung von Kunst- und Geschichtsdenkmälern in Kriegsgebieten”. In der Folge wurde die Monuments, Fine Arts, and Archives Section Unit (MFAA), auch bekannt als „Monuments Men”, aufgestellt, die rund 300 bis 400 Personen umfasste.

Die Rettung der Lipizzaner war in diesem Auftrag jedoch nicht enthalten; der Schutzauftrag bezog sich ausschließlich auf Kunstgegenstände wie Bilder oder Plastiken.

Vorführung in der Spanischen Hofreitschule – ©Spanische Hofreitschule/Peter Rigaud
Die Spanische Hofreitschule blickt heuer auf eine 460 Jahre alte Geschichte zurück. An der Spanischen Hofreitschule wurden und werden ausschließlich Lipizzanerhengste ausgebildet.

Auf die Frage, weshalb am Ende des Zweiten Weltkrieges eine Rettungsaktion für Pferde – die auch in diesem Krieg millionenfach starben – stattfand und dafür sehr begrenzte Mittel gebunden wurden, von denen überall zu wenig vorhanden war, bleibt wohl nur eine Antwort: Alle Personen, die in verschiedenen Funktionen an dieser Aktion Anteil hatten, liebten Pferde.

Weiterführende Links:

Quelle©The General George Patton Museum, Archiv, Lipizzanermuseum, Nationalarchiv, Spanische Hofreitschule/Ines Hubinger, Martin Rosenkranz