Für Donald Trump ist klar: Er will Grönland für die USA sichern. Seine strategische Lage im Arktischen Ozean macht die Insel zum Schlüssel für militärische Kontrolle und Frühwarnsysteme. Mit schmelzenden Eismassen eröffnen sich zudem neue Routen und geopolitische Möglichkeiten.

Grönland, die größte Insel der Welt, erstreckt sich über beeindruckende 2,2 Millionen Quadratkilometer. Etwa drei Viertel davon sind von der einzigen permanenten Eisschicht außerhalb der Antarktis bedeckt. Das Klima ist extrem rau: Im Winter liegen die Durchschnittstemperaturen bei minus 25 Grad Celsius, im Sommer bei lediglich plus 4,6 Grad Celsius. Seit dem 13. Jahrhundert bewohnen Inuit die Insel und machen heute rund 90 % der Gesamtbevölkerung aus, die insgesamt nur 56.000 Menschen umfasst. Damit ist Grönland das am dünnsten besiedelte Land der Welt. Aufgrund des unwirtlichen Klimas und der herausfordernden Landschaft konzentriert sich der Großteil der Bevölkerung entlang der geschützteren Südwestküste.

©Militär Aktuell

Weitgehend selbstverwaltet

Im Jahr 1721 gründete eine dänische lutherische Mission eine Handelsgesellschaft auf Grönland und erklärte die Insel zur Kolonie. 1953 wurde die dänische Verfassung geändert, um Grönland den Status einer Grafschaft Dänemarks zu verleihen, den es nominell bis heute innehat. Ein entscheidender Wendepunkt war 1979, als Grönland durch den „Home Rule Act” weitgehende Selbstverwaltung erhielt. Damit konnte die Insel ein eigenes Parlament einrichten, Gesetze zu Bildung und Kultur erlassen – einschließlich der Festlegung von Grönländisch als Amtssprache – und die Kontrolle über ihre Jagd- und Fischereiindustrie übernehmen. Die Zuständigkeiten für Außenpolitik und Verteidigung blieben jedoch bei Dänemark.

Ein weiterer Schritt folgte am 21. Juni 2009 mit dem Inkrafttreten des „Gesetzes über die erweiterte grönländische Selbstverwaltung” (Selvstyrelov Nr. 473). Dieses Gesetz gewährte Grönland noch umfassendere Autonomie in vielen Bereichen. Trotz dieser Entwicklungen ist die Insel formal weiterhin Teil des Königreichs Dänemark, genießt jedoch heute eine nahezu eigenständige Verwaltung.

Blick auf Dorf auf Grönland – ©Piitannguaq Egede auf Unsplash
Grönland ist das am wenigsten dicht besiedelte Land der Welt – auf 2,2 Millionen Quadratkilometer leben gerade einmal 56.000 Menschen.

Langes US-Interesse und militärische Präsenz

1867 erwarb die Regierung von Präsident Andrew Johnson unter Außenminister William Seward Alaska von Russland für 7,2 Millionen Dollar. Seward versuchte auch, Grönland und Island zu kaufen, jedoch scheiterte dieses Vorhaben am Kongress.

Die US-Militärpräsenz in Grönland begann während des Zweiten Weltkriegs, als die Nazis Dänemark besetzten und der dänische Botschafter in den USA ein Abkommen unterzeichnete, das den Amerikanern die Errichtung von Militärstützpunkten in Grönland erlaubte. Nach dem Krieg verschob sich die Bedrohung vom Dritten Reich auf die Sowjetunion, und Dänemark wurde 1949 Gründungsmitglied der NATO. 1946 bot die Truman-Regierung an, Grönland für 100 Millionen Dollar zu kaufen, doch Dänemark lehnte ab.

Neues von Glock beim Werksbesuch

1951 unterzeichneten die USA und Dänemark das Grönland-Verteidigungsabkommen, das den USA die Nutzung und den Ausbau der während des Zweiten Weltkriegs errichteten Stützpunkte gestattete. Das Abkommen erlaubte es den Amerikanern, diese Basen frei zu nutzen und sich zwischen ihnen zu bewegen, jedoch unter der Bedingung, die dänische Souveränität in Grönland zu respektieren.

Donald Trump – @Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0
US-Präsident Donald Trump hat den US-Anspruch auf Dänemark kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz kundgetan.

Im Rahmen des Grönland-Verteidigungsabkommens errichteten die USA unter dem Codenamen „Operation Blue Jay” einen zunächst geheimen Flugplatz an der Westküste Grönlands, nahe der Inuit-Siedlung Thule, etwa 65 Meilen vom nächsten größeren Ort entfernt. Dieses Mammutprojekt umfasste 120 Schiffe aus Norfolk, Virginia, die 300.000 Tonnen Material und 12.000 Mann nach Grönland transportierten. Im September 1952 wurde die Basis offiziell als Thule Air Force Base vorgestellt – eine strategische Einrichtung des Luftkommandos (SAC), die 36 B-47-Bomber, sieben B-52-Bomber, KC-97-Tankflugzeuge und zeitweise auch Jagdflugzeuge beherbergte.

Seit 1960 spielte die Thule Air Force Base eine zentrale Rolle im Kalten Krieg. Die SAC-Staffeln führten Langstrecken-Trainingsmissionen über den Polarkreis durch, um die Sowjetunion militärisch abzuschrecken, und nutzten die Basis für Aufklärungsflüge zur Überwachung sowjetischer Aktivitäten.

Ohne Wissen der dänischen Regierung startete das Pentagon zudem ein geheimes Projekt namens Iceworm. Ziel war der Bau eines unterirdischen Netzwerks von Raketenbasen in der arktischen Eiskappe. Doch die extremen Bedingungen verhinderten den Fortschritt, und das Projekt wurde 1966 eingestellt. Dänemark erfuhr von Iceworm erst 1997, als es Dokumente über den Absturz einer mit Atomwaffen beladenen B-52 nahe der Thule Air Force Base im Jahr 1968 durchforstete.

Grönlands strategische Lage machte die Insel ideal für die Einrichtung amerikanischer Frühwarnsysteme. 1961 wurde dort, 13 Meilen nordöstlich des Hauptstützpunkts Thule, das erste Radar des Ballistic Missile Early Warning Systems (BMEWS) installiert. Dieses System wurde entwickelt, um Nordamerika vor transpolaren Raketenangriffen aus Russland und vor Raketenstarts von U-Booten in der Arktis oder dem Nordatlantik zu schützen.

Anlage des Ballistic Missile Early Warning Systems (BMEWS) – ©Space Force
Grönland spielt auch für das amerikanische Frühwarnsystem eine wichtige Rolle.

Dank ihrer Nähe zur „nördlichen Erdspitze” eignete sich die Region zudem perfekt für Weltraumoperationen. 1982 etablierte das US Air Force Space Command eine Präsenz auf Thule, mit der Hauptaufgabe, von der Sowjetunion gestartete Interkontinentalraketen aufzuspüren und zu verfolgen. 2020 wurde der Stützpunkt offiziell an die United States Space Force übergeben, die unter der Trump-Administration als sechste Teilstreitkraft des US-Militärs gegründet wurde.

Im April 2023 erfolgte eine weitere symbolische Veränderung: Thule Air Base wurde in Pituffik Space Base umbenannt – der Name Pituffik bedeutet in der Inuit-Sprache „wo die Hunde angebunden sind”. Heute beherbergt die Basis die 821. Space Group, die für die Weltraumoperationen verantwortlich ist, darunter die 12. Space Warning Squadron, welche die neueste Generation des BMEWS betreibt, und die 23. Space Operations Squadron, die für die Überwachung und Steuerung der Weltraumüberwachungsnetzwerke zuständig ist.

F-35-Kampfjets auf der Thule Air Base – ©USAF
F-35-Kampfflugzeuge auf der tief winterlichen Thule Air Base.

Die 10.000 Fuß lange Landebahn des Stützpunkts in Pituffik wird jährlich für mehr als 3.000 Flüge aus den USA sowie aus internationalen Regionen genutzt. Der Stützpunkt ist die nördlichste Einrichtung des Pentagons und beherbergt den nördlichsten Tiefwasserhafen der Welt. Hier liegt auch der einzige Schlepper der US-Luftwaffe, die „Rising Star”, die im Sommer Tanker und Frachtschiffe eskortiert und den Schifffahrtskanal von Eisbergen freihält. Zu jeder Zeit sind mehrere hundert ‚Guardians” (so werden die Angehörigen der Space Force genannt) sowie dänisches Militärpersonal in Pituffik stationiert, die meist für ein Jahr dort im Dienst sind.

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Trumps neuerlicher Vorstoß

Der neue US-Präsident Donald Trump sieht in Grönland aber noch mehr Chancen und Potenziale für die USA, weshalb er kürzlich in einer Pressekonferenz seine Absichten untermauerte: „Wir brauchen Grönland aus Gründen der nationalen Sicherheit”, so Trump. „Das wurde mir schon lange gesagt, lange bevor ich überhaupt kandidierte. Ich meine, die Leute reden schon lange darüber. Es leben dort ungefähr 50.000 Menschen und diese Leute wissen nicht einmal, ob Dänemark ein gesetzliches Recht darauf hat. Aber wenn ja, sollten sie es aufgeben, weil wir Grönland für unsere Sicherheit brauchen. Das ist aber für die freie Welt, ich spreche für den Schutz der freien Welt.”

Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton – ©The White House
Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton plädiert für eine etwas diplomatischere Vorgangsweise beim Thema Grönland.

Dies ist nicht das erste Mal, dass Trump oder eine andere Schlüsselfigur das Thema aufgreifen. Schon John Bolton, Trumps erster nationaler Sicherheitsberater, äußerte sich während seiner Amtszeit zu Amerikas Interesse an Grönland und formulierte seine Gedanken folgendermaßen: „Ich habe mir diese Frage 2019 genau überlegt, als sie erstmals aufkam, während meiner Zeit als Nationaler Sicherheitsberater. Die USA haben schon lange ein erhebliches Sicherheitsinteresse an Grönland. Ein Beispiel aus dem Zweiten Weltkrieg: Franklin Roosevelt entsandte auf Einladung der grönländischen Regierung amerikanische Streitkräfte nach Grönland – noch vor Pearl Harbor – nachdem Dänemark an die Nazis gefallen war. Es ging um die Sicherung der nordatlantischen Konvois, die während des deutschen U-Boot-Kriegs entscheidend waren, sowohl für die USA und Kanada als auch für Großbritannien und Russland.”

John Bolton weiter: „Auch im Kalten Krieg waren diese Seeverbindungen genauso wichtig. Diese lange Geschichte zeigt, wie bedeutend Grönland ist. Die aktuellen Bedrohungen in der Arktis durch Russland und China, insbesondere angesichts der globalen Erwärmung und der zunehmenden Seepassagen, stellen ein ernstes Thema dar – nicht nur für die USA, sondern auch für Kanada und die gesamte NATO. Ich denke, wir sollten in aller Ruhe Gespräche mit Dänemark und der grönländischen Regierung führen. Es ist nicht der richtige Weg, solche Fragen öffentlich und politisch aufzuladen; stille Diplomatie ist hier der bessere Ansatz. Dieses Thema verdient ernsthafte, unaufgeregte Diskussionen und sollte nicht dazu führen, dass die beteiligten Regierungen in eine politische Ecke gedrängt werden, was die Gespräche blockieren würde.”

Was sagen die Grönländer dazu?

Vor dem Hintergrund der oben erwähnten Pressekonferenz Trumps, bei der auch erwähnte, dass er gerne Kanada und den Panamakanal kaufen wolle und auf Nachfrage den Einsatz militärischer Gewalt zur Erreichung dieser außenpolitischen Ziele nicht ausschloss (–> Ex-General über Grönland: US-Militär würde Trumps Befehle nicht befolgen), haben die Ministerpräsidenten von Grönland und Dänemark unmissverständlich erklärt, dass Grönland nicht zum Verkauf steht und niemals zum Verkauf stehen wird. Nuuk erhält jährlich einen Pauschalzuschuss von Dänemark in Höhe von rund 500 Millionen Euro, was etwa einem Fünftel des BIP Grönlands und 50 Prozent seines öffentlichen Haushalts entspricht.

Eine aktuelle Umfrage zeigt jedoch, dass sich eine Mehrheit der Grönländer eine Annäherung an die USA wünscht: 57,3 Prozent der Befragten stimmten für einen Beitritt Grönlands zu den USA, während nur 37,4 Prozent dagegen waren. Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine Stichprobe von 500 Befragten. Seit 1979 tendieren die Wähler Grönlands in jeder Wahl verstärkt zu einem Wunsch nach Unabhängigkeit, obwohl diese Idee mit erheblichen wirtschaftlichen Unsicherheiten und Bedenken verbunden ist. Die Grönländer könnten versuchen, den Tourismus anzukurbeln, ähnlich wie Island in den vergangenen Jahren, oder die natürlichen Ressourcen Grönlands, insbesondere seltene Erden, stärker zu nutzen. Der Abbau von Erdmetallen, der derzeit von Dänemark verboten ist, könnte durch das schmelzende Eis rentabler werden. Zudem eröffnen sich Schifffahrtsrouten, die zuvor für die meisten Teile des Jahres oder sogar ganzjährig blockiert waren.

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Alles nur eine Preisfrage?

Donald Trump wurde als Immobilienentwickler in New York City bekannt. Wenn er also hört, dass etwas nicht zum Verkauf steht, sieht er das nicht als das Ende des Gesprächs, sondern als den Beginn einer Verhandlung. Es gibt einen Dollarbetrag, der ‚sie‘ an den Verhandlungstisch bringen würde, und es geht nur darum, diesen Betrag herauszufinden. Angenommen, dieser Betrag liegt bei 400 Milliarden Euro – etwa 50 Prozent des jährlichen US-Verteidigungshaushalts – aber wenn man die nationalen Sicherheitsaspekte berücksichtigt, könnte die Kontrolle über Grönland aus Sicht der USA eine lohnende Investition sein. Schließlich ist Grönland auch für Russland und China von strategischem Interesse. Moskau würde Grönland vor allem aus ähnlichen Gründen schätzen, doch aufgrund des aktuellen Abnutzungskriegs gegen die Ukraine sind Ressourcen für eine solche Entwicklung momentan weniger realistisch als zuvor. China wiederum würde Grönland wegen seiner Ressourcen als wertvoll erachten und würde wohl schnell alle bestehenden Verbote für den Abbau dieser Ressourcen aufheben.

Geografie rund um Grönland – ©Goruma Geografie
Die etwa 480 Kilometer lange und an der schmalsten Stelle nur 289 Kilometer breite Dänemark-Straße gilt als wichtiger Zugang zum Nordatlantik.

Es ist übrigens nicht so, dass die Dänen das Ganze nicht verstehen. Die dänische Premierministerin Mette Frederiksen möchte einen Konflikt mit Trump vermeiden und die traditionellen guten Beziehungen zu den USA aufrechterhalten. Laut dem Nachrichtenportal Scoop habe Dänemark eine private Nachricht an Trumps Team geschickt. Darin habe man seine Bereitschaft signalisiert, über eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen in Grönland oder eine Erhöhung der US-Militärpräsenz auf der Insel zu sprechen. Die dänische Regierung scheint Trump überzeugen zu wollen, dass seine Sicherheitsbedenken auch ohne eine US-Aneignung Grönlands adressiert werden können.”

Eine Kontrolle über Grönland würde erheblich zur Sicherung der strategischen Lücke zwischen Grönland, Island und Großbritannien beitragen – einer Route, die seit dem Zweiten Weltkrieg als „Dänemark-Straße” bekannt ist und einen wichtigen Zugang zum Nordatlantik bildet. Man denke an die Unternehmungen deutscher Kriegsschiffe wie die „Bismarck” oder die Handelsstörer sowie an Szenarien aus Tom Clancys „Roter Oktober” oder „Im Sturm”.

Wenn es also nur um ein lukratives Immobiliengeschäft auf der internationalen Bühne geht, was könnte Grönland oder Dänemark daran hindern, ein besseres Angebot von China oder Russland anzunehmen? Besonders, da diese Länder nicht von „lästigen” Parlamenten eingeschränkt werden. Es wäre, als würde ein Verkäufer ein höheres Gebot akzeptieren, was dem ursprünglichen Käufer missfällt. Das weltweit diskutierte Interesse der USA könnte ironischerweise – im Extremfall – dazu führen, dass Grönland schließlich an einen gleichwertigen Gegner wie Russland oder China „abgegeben” wird oder zumindest dort deren Militärstützpunkte errichtet werden. Dies würde die geostrategische Position des Westens insgesamt schwächen.

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Ähnlich äußerte sich auch der österreichische Sicherheitspolitik-Analyst Franz Stefan Gady kürzlich zu diesem Thema. Auch in der neuesten Markus Lanz-Talkrunde war das Thema Titelthema (siehe Video oben). Zudem hat das Thema bereits im russischen Staatsfernsehen Resonanz gefunden – und zwar in der Richtung, die Donald Trump ansprach.

QuellePiitannguaq Egede auf Unsplash, Goruma Geografie, Gage Skidmore/CC BY-SA 3.0, USAF, Space Force