Die nächste Eskalationsstufe im Fernwaffenkrieg zwischen Russland und der Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) kündigt sich an. Am Freitag, in der Ukraine der Tag der Streitkräfte, übergab Präsident Wolodymyr Selenskyj im Beisein des Oberkommandierenden der Streitkräfte der Ukraine Oleksandr Syrskyj, die erste Charge der neuen Raketen-Drohne Peklo (Пекло, Hölle) des ukrainischen Rüstungskonzerns Ukroboronprom an die Streitkräfte der Ukraine.
An der Übergabe nahmen auch der Minister für strategische Industrien Herman Smetanin, die stellvertretende Ministerin für strategische Industrien Anna Gvozdyar und der Berater des Präsidenten für strategische Angelegenheiten Oleksandr Kamyshin bei.
Laut Smetanin hat der ukrainische Hersteller die Raketendrohne in Rekordzeit – innerhalb eines Jahres – von Grund auf entwickelt. Und „Das Produkt wird bereits erfolgreich im Kampf eingesetzt”, sagte er.
Дрон-ракета «Пекло». Наша, українська зброя, яка вже має підтверджене бойове застосування. Сьогодні передали першу партію нашим Силам оборони. Тепер завдання – нарощувати виробництво та застосування.
Дякую кожному й кожній, хто залучений до нашого оборонного виробництва, чий… pic.twitter.com/G2EWHQyVmZ
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) December 6, 2024
Die wenig freigegeben Informationen über die Waffe betreffen die Reichweite, die bei rund 700 Kilometer liegen soll, sowie die Geschwindigkeit von rund 700 km/h. Wohl nicht zufällig vermittelt man damit die Information, dass der Flugkörper innerhalb von einer Stunde aus der Ukraine Moskau erreichen kann. In Reichweite liegt damit aber auch die Region um Wolgograd, von wo am 21. November die Mittelstreckenrakete RS-26 Rubesch auf Dnipro geschossen wurde (-> Severin Pleyer: „Russland will Stärke zeigen”). Ebenso der Militärflugplatz Engels bei Saratow, von wo aus mehrmals Langstreckenbomber in Richtung Ukraine gestartet sind. Weiters auch Flugplätze und andere militärische Ziele im großen Bogen angefangen im Norden mit Solzy, Oblast Nowgorod, bis Khanskaya im Kaukasus.
Andere technische Merkmale der Abstandswaffe wurden aus Sicherheitsgründen nicht verkündet. Offensichtlich ist, dass bereits in Serie produziert wird und das laut Aussagen deutlich günstiger als vergleichbare russische Waffen kosten.
Das Design des rund zwei Meter langen jetgetriebenen Flugkörpers erinnert stark an die Quds Cruise-Missiles der Hutis. Markant das oberhalb des Rumpfes am Heck frei stehend montierte Microturbo Triebwerk.
Solche Triebwerke werden bei günstigen Abstandswaffen immer beliebter, da sie weniger bewegliche Teile als ein Kolbenmotor benötigen und deutlich mehr Reichweite ermöglichen als mit einem Feststofftreibsatz erzielbar wäre. Ähnlich wie bei Verkehrsflugzeugen hat der extern montierte Motor im Unterschall keine negativen Auswirkungen. Allerdings wird dadurch eine simplere Konstruktion des Rumpfes möglich und ergibt sich dort auch mehr Volumen zum Beispiel für Treibstoff.
Dazu kommt, dass das Triebwerk bei allen Geschwindigkeiten optimal im Luftstrom liegt, was bei interner Montage und Luftkanälen im Rumpf extensive Windkanaltests erfordern würde.
Eine Flügelspannweite von rund eineinhalb Metern und ein erstaunlich kleines V-Leitwerk sind weitere Merkmale der Cruise-Missile.
Unklar ist wie die Drohne gestartet wird, das abgerundete Heck deutet nicht auf einen Feststoff-Startbooster hin, wie er sonst bei Waffen dieser Kategorie sehr beliebt ist. Denkbar ist, dass ein kleiner Startrollwagen Verwendung findet, der beim Abheben des Marschflugkörpers auf der Startbahn ausrollt.
Die Verarbeitung mit deutlich sichtbaren Nieten und Spaltmaßen zwischen den Bauteilen deuten darauf hin, dass einer simple und billige Massenproduktion mehr Bedeutung zugemessen wurde als hoher Präzision, geringerem Luftwiderstand und kleinerem Radarquerschnitt.
Wolodymyr Selenskyj hat Ende November in der Werchowna Rada (ukrainisches Parlament) Pläne zur Herstellung von 3.000 Marschflugkörpern für das Jahr 2025 bekannt gegeben.
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