Nach Schweden (-> Schwedische Luftwaffe trainiert den „Straßen-Betrieb”) übte kürzlich auch die Schweiz Starts und Landungen von Kampfjets auf einem Autobahnteilstück und allem Anschein nach trifft nun auch Tschechien entsprechende Vorbereitungen. In jedem Fall wird ein Teilstück der Autobahn D46 für Einsätze abseits der Einsatzflughäfen revitalisiert.
Regelmäßige Tschechien-Fahrer kennen die lange Gerade auf der Autobahn D46 zwischen Brno und Olomouc im Abschnitt zwischen Vyškov und Prostéjov. Autos „poltern” dort über alte Betonfelder, das Teilstück war ursprünglich auch für die Nutzung als Start- und Landebahn für Kampfjets geplant worden, wird dafür aber schon seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt.
Das könnte sich nun aber ändern: Seit Monaten wird dort – in Sichtweite des Air Museums mit seiner luftfahrtarchäologischen Sammlung auf einem 1936 angelegten und bis heute genutzten Flugplatz mit Graspiste (militärischer Codename im Kalten Krieg: Trulitol) – nämlich kräftig gebaut. Die D46 ist dort seit April – und laut Infotafeln noch bis Ende August – eine sieben Kilometer lange Riesenbaustelle, sie wird je halbseitig völlig erneuert. Die Art des verwendeten Betonbelags, die breiten seitlichen Schultern, die beidseitige Drainage über die volle Länge und die leichten Mittelelemente lassen den Schluss zu, dass im Zuge des Umbaus die Strecke auch für die Nutzung durch Kampfjets reaktiviert werden soll. Bestätigung dafür erhielt Militär Aktuell auf Nachfrage durch einen auf der Baustelle anwesenden Vorarbeiter. Er bejahte die Vermutung, verwies für weitere Details aber auf die Straßen- und Autobahndirektion (ŘSD).
Vom Militär angefordert
Bei der ŘSD verweist man auf ein Statement von Radek Mátl, dem Generaldirektor der Direktion für Straßen und Autobahnen, der zu Baubeginn sagte: „Die Sanierung wird fast eine halbe Milliarde Kronen (rund 20 Millionen Euro) kosten. Dabei erhält ein Abschnitt auch eine im Vergleich zur normalen Autobahn besonders strapazierfähige Betonoberfläche, dieser dient künftig wieder als Ersatzlandeplatz für militärische Flugzeuge. Es ist eine Backup-Landebahn für Kampfjets. Spezifische Bauelemente in diesem Abschnitt wurden vom Verteidigungsministerium angefordert. Alles wird so ausgeführt, dass die Umwandlung der Autobahn D46 in einen Flugplatz sehr schnell von statten gehen kann.”
Konkret spricht Mátl einen 2.750 x 25 Meter langen Abschnitt (LÚD – VPD in Richtung 200°/020°) an, die Arbeiten inkludieren zudem aber auch den Umbau des Autobahnkreuzes Vyškov, wo eine Verbindungsspur in Richtung Olomouc geschaffen wird, und der Bau einer Lärmschutzwand in der Nähe von Pustiměř. Außerdem wird eine neue Brücke über den der Region den Namen gebenden Fluss Haná gebaut.
Es blieb bei einem einmaligen Versuch
Ähnlich wie in Österreich, wo das Bundesheer auf der S36 bei Zeltweg nur einmal (konkret im Jahr 1986) Starts und Landungen geübt hat, haben auf der alten Piste bei Vyškov wohl auch die tschechischen Jets nur einmal operiert. Die Einrichtung dieser Ausweichpisten während der kommunistischen Jahre des Warschauer Pakts basiert auf einem Beschluss von 1977 der 28. Sitzung des Nationalen Verteidigungsrat (ROS) „Langzeitplan für den Bau von Flughäfen für die Bedürfnisse der Luftwaffe auf dem Autobahn- und Straßennetz der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik”. Dieser Plan sah den schrittweisen Bau von 15 Landebahnen auf den Straßen bis zum Jahr 2000 (!) vor und wurde in einen besonderen Teil des nationalen Wirtschaftsentwicklungsplans aufgenommen, der in die Generalverantwortung des Verkehrsministeriums fiel.
Der Bau der neuen, richtungsgegliederten, vierspurigen Straße I/46 in den 1980er-Jahren zog sich hin, der Abschnitt mit Betonfahrbahn(piste) und Wartungsflächen an jedem Ende wurde erst gegen Ende des Jahrzehnts in Betrieb genommen – knapp vor dem Ende des Kommunismus im Ostblock. Tschechische militärhistorische Quellen sagen, dass es noch mehrere Landungen und Starts mit Transportflugzeugen des 1. SMDLP aus Mošnov und einmal von Su-22M-4 gab, wahrscheinlich von der 20. SBOLP aus Náměšť nad Oslavou (heute sind dort die neuen AH-1Z und UH-1Y stationiert) bevor die Strecke dem normalen Straßenverkehr übergeben wurde. Einer der Ehrenamtlichen im Museum – inzwischen leider verstorben – hat vor Jahren dem Autor gegenüber auch behauptet, dass einige der alten Suchoj- und MiG-Jets, die im Museum über die Jahre immer trauriger werden, gleich nebenan gelandet wären.
Die tschechische Armee betreibt an Flächenflugzeugen derzeit 21 Unterschalljabos L-159A/T1 Alca des nationalen Herstellers Aero Vodochody und hat 14 Saab JAS-39C/D Gripen-Kampfflugzeuge geleast. Diese werden in Zukunft durch 24 amerikanische F-35A Lightning II-Maschinen der fünften Generation (-> F-35-Kampfjets für Tschechien und Griechenland) von Hersteller Lockheed Martin abgelöst, die ersten sollen aber erst 2031 eintreffen. Daneben sind noch sechs Airbus C295 Transporter im Inventar, zwei C-390M von Embraer (das Bundesheer hat sich zuletzt für den Kauf von vier Maschinen desselben Typs entschieden) sind im Budgetplan enthalten, der Vertrag soll laut Militär Aktuell-Informationen noch heuer unterzeichnet werden.
Einen ähnlichen, ebenfalls ursprünglich für Starts und Landungen von Kampfjets geeingeten Autobahnabschnitt wie auf der D26 zwischen Vyškov und Prostéjov gibt es in der Tschechischen Republik übrigens auch auf der D1 in der Nähe von Měřín in der Region Žďár. Ob dort aktuell ähnliche Bautätigkeiten herrschen, können vielleicht reisende Leser ergänzen.