Trotz knapper Haushaltslage plant der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius offenbar den Kauf vier neuer U-Boote mit AIP-Antrieb von Hersteller Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS).

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Für den geplanten Kauf der U-Boote des Typs U212CD für die deutsche Marine (-> aktuelle Meldungen rund um die Bundeswehr) reicht Pistorius eine Vorlage für zunächst 4,7 Milliarden Euro ein. Die Gesamtkosten könnten sich inklusive Zubehör, Einrichtungen an Land und etwaiger – das ist ein jahrelanger Vorgang – Abänderungen letztendlich aber auf sogar mehr als sieben Milliarden Euro summieren. Laut einem Mitglied des Haushaltsausschusses hat das Ministerium schon jetzt Änderungswünsche in Höhe von rund 2,44 Milliarden Euro deponiert.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius – ©Georg Mader
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius verfolgt für die Bundeswehr weiterhin ambitionierte Pläne.

Da die geplanten Ausgaben noch nicht im Finanzhaushalt 2024 berücksichtigt sind (in Deutschland gibt es zurzeit nicht einmal einen „Nachtragshaushalt” für das zu Ende gehende Jahr) will Pistorius das Projekt über eine überplanmäßige Ausgabe und über mehrere Jahre verteilt finanzieren. In seinem Ressort hofft man nun, dass CDU/CSU ihre Zustimmung für das Vorhaben gibt, da SPD und Grüne nach dem vorzeitigen Aus der sogenannten „Ampelregierung” mit der FDP keine eigene Mehrheit mehr im Haushaltsausschuss des Bundestags haben.

Es handle sich um ein „unvorhergesehenes Bedürfnis, da zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Etats die Änderungen der NATO-Verteidigungsplanungen und das Deutschland zugewiesene NATO-Fähigkeitsziel noch nicht feststanden”, so das Verteidigungsministerium in einem Kommentar zu der sonst als Verschlusssache eingestuften Vorlage für den Ausschuss. Darin bezeichnet es die zusätzlichen U-Boote weiters als „zeitlich und sachlich unabweisbar”, denn „ohne jene kann Deutschland die neuen NATO-Anforderungen zum besseren Schutz der Nordflanke der Allianz nicht erfüllen”. Die deutsche Marine soll gemäß der NATO-Fähigkeitsziele ab 2031 mindestens fünf einsatzbereite U-Boote vorhalten.

Neue Schutzausrüstung für das Bundesheer

Typ 212CD ist bereits real

Aktuell betreibt die deutsche Marine in der Flottille in Eckernförde die fünf Boote U31 (das erste Boot mit Brennstoffzellen-Hybrid-Antrieb) bis U36 des Typs 212A, in Dienst gestellt 2005 und 2016. Militär Aktuell war bisher drei Mal vor Ort und ist auch bereits im „212er”-Simulator mitgefahren. Die deutschen Boote zählen laut Experten zu den besten API-Boote (nicht nuklear, aber mit außenluftunabhängigem Brennstoffzellen-Antrieb) der Welt.

Zusätzlich zur bestehenden Flotte hat die deutsche Marine bei TKMS bereits zwei U-Boote der vergrößerten und auch nun gewünschten Version 212CD bestellt. Bei dem Projekt mit zwei internen Decks kooperiert Deutschland mit Norwegen, das ebenfalls vier U-Boote des gleichen Typs geordert hat. Nach der Vertragsunterzeichnung im Sommer 2021 folgte der lange Entwurfsprozess. Dabei hat die deutsch-norwegische Projektorganisation JPO in drei Jahren mehr als 100.000 Seiten an Unterlagen geprüft, um sicherzustellen, dass der Entwurf ddie fast 6.000 Anforderungen des Vertrags erfüllt. Diese Entwurfsarbeiten machen laut Angaben des norwegischen Verteidigungsministeriums knapp 25 Prozent der Gesamtkosten für die sechs U-Boote (zwei deutsche und zwei norwegische) aus.

Modell eines U-Boots vom Typ 212CD – ©Georg Mader
Modell eines U-Boots vom Typ 212CD.

Nachdem die Critical Design Review im Juni planmäßig abgeschlossen werden konnte, konzentriert man sich nun aber ganz auf den Bau der Boote. Dabei könnten – wenn in Tests bewährt – bereits Innovationen wie ein Batteriesystem auf Basis von Lithium-Eisenphosphat-Zellen zum Einsatz kommen, jene werden mit einer Leistungselektronik versehen und zu Batterien zusammengeschaltet. Die Lithium-Eisphosphat-Chemie gilt gegenüber anderen chemischen Zellzusammensetzungen als deutlich stabiler und damit sicherer. Das erste U 212CD soll im Jahr 2027 mit der Erprobung beginnen und 2029 an die norwegische Marine ausgeliefert werden. Die Lieferung des ersten Boots für Deutschland ist für 2032 geplant. Und daran sollen dann den aktuellen Plänen zufolge vier weitere Boote anschließen.

U-Bootangriffe nur schwer zuzuordnen

Die deutsche Marine hebt in ihrem Zielbild „Kurs Marine 2035+” die zunehmende Bedeutung der Unterwasserkriegsführung hervor: „Die Teildimension Unterwasser gewinnt rasant an Bedeutung. Moderne U-Boote und andere Unterwasserfahrzeuge können enormen Schaden anrichten. Selbst im Frieden schon: Denn Angriffe unter Wasser auf zivile und militärische Ziele sind schwer einem Verursacher zuzuschreiben.” Dies gilt zwar auch für kostengünstigere Sabotageakte an kritischer maritimer Infrastruktur, doch in Europa vermeidet man bislang bewusst, sich auf das Niveau staatlich gesteuerter Sabotageaktionen einzulassen – rechtlich wie strategisch. Der Grund dafür: Europa kennt bislang keinen definierten Zustand zwischen Frieden und Krieg.

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Das Verteidigungsministerium hat dem Haushaltsausschuss kürzlich insgesamt 29 dieser sogenannten 25-Millionen-Euro-Vorlagen zur Genehmigung vorgelegt. Diese Regelung, eingeführt in den 1990er-Jahren, verpflichtet den Ausschuss, sämtliche Beschaffungsprojekte des Verteidigungsministeriums ab einem Wert von 25 Millionen Euro einzeln zu bewilligen. „Das ist ja schon bei Socken und Uniformen nötig”, kritisiert Söhnke Neitzel, der bekannte Militärhistoriker der Universität Potsdam. Er spricht sich dafür aus, diese Regelung künftig nur noch für Großprojekte wie die Beschaffung von F-35-Kampfjets oder U-Booten anzuwenden.

Der prominente deutsche Youtuber und Militärblogger Torsten Heinrich geht sogar noch weiter und fordert, die Genehmigungsvorlage ausschließlich auf U-Boote zu beschränken, insbesondere wenn es um Neubauten für die Marine geht (siehe Video oben).

Hier geht es zu weiteren Berichten rund um die Bundeswehr.

Quelle©Georg Mader