Die EU hat in kurzer Abfolge das 15. und 16. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet – ein zunehmend komplexes Regelwerk, das Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Sanktionsexperte Andreas Pollak von der Petsche-Demmel Pollak Rechtsanwaelte Gmbh erklärt, wie Firmen den Überblick behalten, welche Strafen drohen und warum besonders die Sicherheitswirtschaft betroffen ist.

Außerdem spricht er über weitere Länder unter Sanktionen, die Rolle von Drohnen und die Auswirkungen auf österreichische Unternehmen – auch im Hinblick auf US-Sanktionen und mögliche Verhandlungen über ein Kriegsende.

Herr Pollak, die EU verabschiedete kürzlich das 15. und kurz darauf auch das 16. Sanktionenpaket gegen Russland – wie behalten Unternehmen da den Überblick?
Es ist richtig, dass die Europäische Union laufend neue Sanktionsmaßnahmen im Zuge des Russland-Konflikts (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) erlässt, die für uns in Österreich unmittelbar anwendbar sind. Jüngst wurde am 24. Februar das 16. Sanktionenpaket gegen Russland verabschiedet. Es bringt Neuerungen im Bereich Energie, Handel, Verkehr, Infrastruktur und Finanzdienstleistungenund sieht neue Maßnahmen zur Verhinderung der Umgehung des EU-Sanktionsregimes vor. Auch geographisch wurde ausgeweitet: Neue Maßnahmen wurden auch in die Sanktionsbestimmungen gegen Belarus aufgenommen. In Österreich ist seit 11. Februar das neue Sanktionengesetz 2024 in Kraft.

Grundsätzlich sollten Unternehmen im Sinne eines risikobasierten Ansatzes deren sanktionsrechtlichen Risiken kennen und laufend aktualisieren. Den Überblick zu behalten ist natürlich schwer. Die Europäische Union veröffentlicht die Neuerungen auf deren Website mitsamt umfassenden Empfehlungen. Wenn Unternehmen nicht die Kapazitäten haben, die notwendigen Details zu verfolgen – was häufig der Fall ist – können Spezialisten beratend zur Seite stehen.

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Welche Rechtsfolgen drohen da? Und welche sonstigen Folgen können Verstöße für Unternehmen haben?
Grundsätzlich sind nach dem Sanktionengesetz 2024 und dem Außenwirtschaftsgesetz Verstöße gegen das EU-Sanktionsregime zu ahnden. Dabei sieht das Gesetz unter anderem Verwaltungsstrafen von bis zu 150.000 Euro vor beziehungsweise bei schwerwiegenden und wiederholten Verstößen bis zu 5 Millionen Euro oder aber bei bezifferbaren Nutzen auch ein Mehrfaches dieses Wertes vor. Auch drohen gerichtliche Strafen, sowie beispielsweise im Sanktionengesetz – hier droht eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten und eine Höchststrafe von bis zu fünf Jahren. Darüber hinaus können Verstöße gegen das Sanktionsrecht insbesondere vergaberechtliche Konsequenzen auslösen, weil Zweifel an der Zuverlässigkeit des Lieferanten bestehen.

Wo und wie genau sind österreichische Unternehmen aus der Sicherheitswirtschaft betroffen?
Grundsätzlich empfiehlt es sich für jedes Unternehmen, unabhängig vom Tätigkeitsbereich, die Sanktionsbestimmungen laufend zu verfolgen und interne Maßnahmen zu setzen. Im Bereich der Sicherheitswirtschaft ist jedenfalls im Rahmen des von der Kommission mehrfach betonten risikobasierten Ansatzes erhöhte Sorgfalt zu walten. Es gibt zahlreiche Bestimmungen, die verhindern sollen, dass militärisch nutzbare Güte der russischen Kriegsführung direkt oder indirekt zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet etwa, dass Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Vertragspartnern per se verboten sind, und dass beim Export zahlreicher Güter strenge Auflagen einzuhalten sind.

Gerade das kürzlich erlassene 16. Sanktionspaket ist für Unternehmen der Sicherheitswirtschaft relevant, da es unter anderem ein Verbot der direkten Einfuhr von russischem Aluminium, zusätzliche Ausfuhrbeschränkungen für Industriegüter sowie eine Ausweitung der Auflistung der Dual-Use-Güter vorsieht.

©Militär AktuellSanktionen gegen Russland, gegen russische Unternehmen und Personen sind das eine, aber welche anderen Länder sind noch vom Thema erfasst?
Es gibt zahlreiche Sanktionsmaßnahmen gegen andere Länder, wie etwa Belarus, Iran, Irak, Afghanistan, und andere. Außerdem können in den Sanktionslisten Unternehmen und Personen angeführt sein, die gar keinen Sitz beziehungsweise Aufenthalt in Russland haben. Beispielsweise wurden im 16. Paket der Russlandsanktionen 34 Unternehmen sanktioniert, die nicht in Russland ansässig sind. Es handelt sich hierbei um Unternehmen, die den militärisch-industriellen Komplex Russlands unterstützen oder aber selber an der Umgehung von Sanktionen beteiligt sind.  

Welche Rolle spielt hier speziell das Thema Drohnen? Was ist daran besonders heikel?
Drohnen spielen in der modernen Kriegsführung eine große Rolle – das erkannte auch der EU-Gesetzgeber. Im Rahmen des 12. Sanktionspakets wurde zunächst die Direktausfuhr von Motoren für Drohnen nach Russland verboten. In weiterer Folge wurden im 13. Sanktionspaket gegen Russland weitere Unternehmen sanktioniert, die Russland mit Drohnenkomponenten versorgen. Auch im 15. Sanktionspaket, dass im Dezember 2024 verabschiedet wurde, spielen Drohnen eine wesentliche Rolle. Es wurden auch Sanktionen gegen chinesische Unternehmen verhängt, die Russland mit Drohnen und Mikroelektronik beliefern.

Das 16. Sanktionspaket weitet die Ausfuhrbeschränkungen für Dual-Use-Güter nun aus und regelt somit einen weiteren Aspekt der Drohnenproduktion beziehungsweise -handhabung. Neuerdings sind auch Software im Zusammenhang mit numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen (CNC-Maschinen), die zur Herstellung von Waffen dienen, sowie Videospiel-Controller zur Steuerung von Drohnen betroffen. Hersteller und Lieferanten derartiger Güter unterliegen Ausfuhrbeschränkungen der unmittelbar geltenden Sanktionsnormen, darunter insbesondere VO (EU) 833/2014.

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In welcher Form ist Österreich da betroffen?
Österreich ist so wie alle Mitgliedstaaten der EU betroffen, da die die Sanktionsmaßnahmen der EU unmittelbar gelten. Die unmittelbare Geltung der EU-Sanktionsnormen soll sicherstellen, dass in allen Mitgliedstaaten eine einheitliche Lage geschaffen wird.

Wie handhaben US-Behörden das Thema – auch gegenüber österreichischen Unternehmen?
Auch die USA sehen weitgehende Sanktionen gegen Russland beziehungsweise russische Unternehmen vor. Die zentrale US-Behörde im Rahmen des Sanktionsrecht ist OFAC – Office of Foreign Asset Control, die eine öffentlich zugängliche Sanktionsliste führt. Die USA sieht zahlreiche Sekundärsanktionen vor. Das bedeutet, dass aus Sicht der USA diese Sanktionsnormen auch für Nicht-US-Personen weltweit gelten. Die EU steht einer solchen extraterritorialen Anwendung grundsätzlich kritisch entgegen. Teilweise ist die Befolgung von ausländischen Sekundärsanktionen wiederum innerhalb der Europäischen Union verboten. Das gilt aber nicht für die Russland Sanktionen. Österreichische Unternehmen in der Sicherheitswirtschaft müssen sich daher in vielen Fällen auch mit US-Sanktionen auseinandersetzten, um Strafen durch US-Behörden zu vermeiden und den Zugang zum amerikanischen Markt zu erhalten.

Wenn es zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges kommen sollte, was erwarten Sie dann hinsichtlich Sanktionen
Die Sanktionen sollen in vielen Bereichen die militärischen Fähigkeiten der Russischen Föderation begrenzen. Ich vermute, dass dieses Ziel selbst bei einem Waffenstillstand oder auch einem Friedensschluss nicht sofort hinfällig ist.

Quelle©Privat