Russland hat kürzlich sehr eingeschränkte Informationen zu einem neuen Steuersystem für FPV-Drohnen veröffentlicht – und diese sprengen die gewohnten Normen. Mithilfe eines Systems namens „Orbita” soll es den Entwicklern gelungen sein, die Kontrolle über eine Drohne über eine Distanz von 800 Kilometern herzustellen.
Während die FPV-Drohne auf einem Übungsgelände nahe der besetzten ukrainischen Hafenstadt Mariupol flog, saß der Bediener in Tula.
Die sehr wenigen veröffentlichten Informationen lassen den Schluss zu, dass es sich um Testläufe handelt. Die Kontrolle über die Drohne wurde demnach erst während des Flugs von einem Bediener vor Ort an den Piloten in Tula übergeben – ein mögliches Indiz dafür, dass die Entwickler noch mit Latenzproblemen zu kämpfen haben.

Von Moskau aus gesteuerte FPV-Drohne trifft Ziel in der Ukraine
Eine Sensation und ein Skandal zugleich lieferte in diesem Zusammenhang jüngst ein Beitrag des staatlichen russischen Nachrichtenkanals RIA Novosti. Mitarbeiter des Zentrums für unbemannte Systeme und Technologien der autonomen gemeinnützigen Organisation „CBST” – kurz АНО „ЦБСТ” – haben gemeinsam mit Drohnenpiloten der russischen „Espanola”-Brigade eine Ovod-FPV-Drohne von einem Büro in einem Hochhaus in Moskau aus gesteuert und erfolgreich ein Ziel in der Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) getroffen.
Die Sensation: Die erzielte Entfernung beträgt rund 1.000 Kilometer – etwa das 100-Fache der „üblichen” Reichweite, über die ein Pilot seine Drohne direkt steuert.

Der Skandal: Das Gebäude wurde mittlerweile anhand von Bildern aus dem Fenster identifiziert. Es handelt sich nicht um militärisch genutzte Infrastruktur, sondern um einen zivilen Bürokomplex in Moskau, in dem sich unter anderem auch eine Poliklinik und ein medizinisches Labor befinden.
Gemäß dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ist die „Benutzung der Anwesenheit einer Zivilperson oder einer anderen geschützten Person, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fernzuhalten” ein Kriegsverbrechen. Nach den Regeln der Kriegsführung kann dieses Gebäude ab sofort als legitimes militärisches Ziel betrachtet werden. Ein entsprechender Angriff müsste jedoch verhältnismäßig sein, und Zivilisten müssten rechtzeitig vorgewarnt werden, um ausreichend Zeit zur Flucht zu haben.

Wie funktioniert „Orbita”?
Völlig unklar ist bislang, wie mit dem „Orbita” genannten System die Kontrolle über eine so große Entfernung gewährleistet wird. Der Name „Orbita” suggeriert natürlich die Verwendung von Satellitenkommunikation.
Eine andere Möglichkeit zeigt das russische Video vom Übungsgelände in Mariupol: Darauf ist keine Satellitenantenne erkennbar. Allerdings sind sowohl ein Smartphone als auch eine TX12-Fernsteuerung und möglicherweise ein Repeater per USB an ein Notebook angeschlossen. Auch im zweiten Video wird aktiv über Mobiltelefon kommuniziert – und das ganz konkret im Fronteinsatz!

Mobilfunknetz statt Satellit?
Läuft „Orbita” womöglich bevorzugt im Mobilfunknetz? Vorausgesetzt, es besteht eine gute Verbindung, können zum Beispiel auch Videokonferenzen mit Mobilfunk über sehr große Entfernungen in guter Qualität und mit geringer Latenz durchgeführt werden.
Den Schlüssel dazu liefert das Netzwerkmanagement der Mobilfunkbetreiber. Dieses teilt die verfügbare Bandbreite in Nutzungsklassen ein. Selbst bei hoher Netzauslastung erhält man mit entsprechender Priorisierung bevorzugten Zugang – mit hoher Bandbreite und geringer Latenz. Andere Nutzer im selben Netz haben dann das Nachsehen und eventuell keine Verbindung.
Hier geht es zu unserem Drohnen-Themenbereich mit allen aktuellen News zum Thema.