Wie die britische Tageszeitung „The Telegraph“ berichtet, ist es zunehmend unwahrscheinlich, dass der einzige russische Flugzeugträger „Admiral Kuznetsov” je wieder auslaufen wird.

Das Schiff kam 2018 zur Reparatur und Umrüstung in die Werft in Murmansk. Neben einer Generalüberholung (Austausch der Kessel und der gesamten Ausrüstung) sollte der Flugzeugträger ein neues Radarsystem erhalten, um nächtliche Landungen zu ermöglichen. Außerdem sollte ein „Pantsir-M“-Luftverteidigungssystem installiert werden.

Russischer Flugzeugträger „Admiral Kuznetsov“ – ©Wikipedia/Ivtl 09
Ein Bild aus besseren Tagen: Aktuell scheint es aber sehr unwahrscheinlich, dass die „Admiral Kuznetsov“ irgendwann wieder in See stechen wird.

In Folge kam es während der Bauarbeiten allerdings zu mehreren größeren Rückschlägen: So sank am 29. Oktober 2018 das riesige Schwimmdock „PD-50“, während sich die „Admiral Kuzetsov“ darin befand. Zwar blieb der Träger schwimmfähig, jedoch verursachte ein kollabierender 70 Tonnen schwerer Kran erhebliche Schäden – unter anderem ein vier mal fünf Meter großes Loch – und kostete ein Menschenleben und drei Schwerverletzte.

Das Schiff wurde in Folge in die Sewmorput-Werft Nr. 35 geschleppt, wo es im Dezember 2019 zu einem Großbrand kam. Das Feuer brach während Reparaturarbeiten im ersten Energieraum auf dem zweiten Deck aus. Zwei Arbeiter starben und mehr als zehn wurden verletzt.

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Im Juni 2022 wurde das Schiff dann schließlich in ein Trockendock der 35. Schiffsreparaturwerft in Murmansk verlegt. Dort kam es im Dezember abermals zu einem Brand im Bereich der Kabinen auf der Backbordseite.

Begleitet wurden all diese Probleme von Gerichtsverfahren zwischen Werfteigner, Dockeigner und der russischen Marine. Dabei ging es neben Verantwortlichkeiten für die Unfälle auch um die Kosten der Schäden, da die Reparaturarbeiten von Beginn an nicht versichert waren.

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Am 21. Februar 2023 wurde die Admiral Kuznetsov ausgedockt. Nach weiterer Ausrüstung an der Pier sollte das Schiff im Jahr 2024 wieder einsatzfähig sein. Ob das auch so stattfinden kann, ist im siebenten Jahr der Reparatur und im dritten Jahr des Angriffskrieges auf die Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) allerdings sehr fraglich. Aktuelle Satellitenbilder zeigen das Deck des Trägers immer noch voller Konstruktionsmaterial und Baugerät.  

Zum Vergleich: Der Prozess des „Refueling and Complex Overhaul“ (RCOH) der US Navy (-> aktuelle Meldungen zu den US-Streitkräften) zur Neubefüllung des Reaktors und Aufrüstung eines Flugzeugträgers, welcher einmal im 50-jährigen Leben eines Superträgers stattfindet, dauert üblicherweise 46 Monate. China hat für den Bau des ersten eigenen Flugzeugträgers Typ 002 „Shandong“ vier Jahre benötigt.

Im Februar berichtete das US-Magazin „The National Interest”, dass Russland Interesse daran zeigt, den chinesischen Flugzeugträger Typ 001 Liaoningzu erwerben. Die „Liaoningwurde als „Riga“ noch in der Sowjetunion gebaut. Sie wurde 1990 in „Varyagumbenannt und verblieb nach dem Zerfall der Sowjetunion in der Ukraine. Der praktisch noch leere Schiffsrumpf wurde 1998 von einem Unternehmen in Macao erworben, offiziell um das Schiff in ein Casino umzubauen. Der Umbau dauerte schließlich bis 2011. Das Ergebnis war kein Casino, sondern der erste chinesische Flugzeugträger.

 

Ob China künftig Interesse daran hat, das Schiff zu verkaufen, ist sehr schwer einzuschätzen. Dagegen spricht, dass die chinesischen Flugzeugträger Typ 001 „Liaoningund Typ 002 „Shandong“ als Ausbildungsschiffe für die geplante chinesische Trägerflotte dienen. China will bis 2035 sechs Träger im Dienst haben. Typ 003 „Fujian“ hatte erst im Mai die erste Testfahrt. Dagegen spricht auch, dass sich Russland aktuell wohl kaum so einen Kauf leisten kann. Zumal die chinesische Technik zum Teil erst ausgebaut und das Schiff danach erst wieder russifiziert werden müsste.

©Militär Aktuell


Dafür spricht, dass die Flugzeugträger „Liaoning
und „Shandong“ nicht dem Konzept der künftigen chinesischen Flugzeugträger entsprechen. Auf diesen beiden Trägern starten die Flugzeuge ohne Katapult nur mit Eigenantrieb über eine Sprungschanze. Hingegen sind die Einsatzschiffe Typ 003 „Fujian“, der geplante erste Träger mit Nuklearantrieb Typ 004 (noch ohne Namen) und sehr wahrscheinlich auch alle künftigen Träger Flachdeckschiffe mit elektrischem Katapult. Dies hat unter anderem zur Folge, dass die Flugzeuge inkompatibel sind. Flugzeuge, die per Katapult von Trägern gestartet werden, benötigen vor allem sehr viel stärkere und anders gestaltete Bugfahrwerke. Die künftigen Einsatztypen J-35, ein zweistrahliger Stealth-Kampfjet und KJ-600, ein zweimotoriges Frühwarnflugzeug – beide befinden sich in Entwicklung – sind für diesen Start mit Katapult ausgelegt.

Flugzeugträger „Fujian” – ©China Web
China startete kürzlich die Seetests für seinen dritten Flugzeugträger „Fujian”.

Größte Problematik für Russland bezüglich des Baus neuer großer Schiffe ist der Mangel an russischer Antriebstechnik. Die großen Turbinen der noch aus der Sowjetära stammenden Schiffe stammten alle aus der Ukraine. Und durch die Sanktionen ist auch der Markt für westliche Schiffsantriebe verschlossen. Auch hier bleibt für Russland aktuell nur China als möglicher Lieferant.

Die bekannten Pläne Russlands, vier neue Flugzeugträger zu bauen (Project 23000Е „Storm”) und dafür eine Marineversion der Su-57 zu entwickeln sind angesichts der Entwicklungen im Schwarzen Meer (-> Analyse: so kam es zur Versenkung der „Moskva“) sowie der völligen NATO Überlegenheit in der Ostsee nur als Science Fiction zu bewerten und haben keine erkennbare Chance auf Realisierung.

Quelle©Wikipedia/Ivtl 09