Immer wieder gelang es Russland zuletzt mit Aufklärungsdrohnen im Funkstille-Modus unauffällig über die Frontlinie tief ins ukrainische Hinterland (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) einzudringen. Erkannt wird das meistens zu spät, nämlich dann, wenn die russische Langstrecken-Raketenartillerie weit hinter der Front Hochwertziele punktgenau trifft.

Angriff auf den Militärflugplatz Mirgorod – ©Archiv
Überraschende Angriffe weit hinter der Front bereiten der Ukraine Sorge: Anfang Juli wurde der Militärflugplatz Mirgorod rund 150 Kilometer hinter den russischen Linien getroffen.

Die Sorge, dass sich diese vereinzelten, aber doch regelmäßigen Vorfälle zu einem strategischen Vorteil der Russen entwickeln, ist auf ukrainischer Seite hoch und dementsprechend intensiv sind die laufenden Maßnahmen, um die Geheimnisse der russischen Drohnennavigation zu lüften.

Das Problem aus ukrainischer Sicht: Die Drohnen werden nicht mit Funk geführt, zudem sind vor Ort praktisch alle Satellitennavigationsfrequenzen gestört. Und zwar primär von den Russen selbst, in der Hoffnung, dadurch die Funktion der an die Ukraine gelieferten westlichen Waffensysteme negativ zu beeinflussen.

Russische Orlan-30-Aufklärungsdrohne – ©Archiv
Alt aber zuverlässig ist die Orlan (hier in der Version 30), das Arbeitspferd der russischen Luftaufklärung.

Die russische Armee betreibt primär drei Typen von Aufklärungsdrohnen: Die als veraltet geltende, mit Benzin betriebene Orlan-10 und deren größere Version Orlan-30, die elektrische Zala 421-16 des russischen Klaschnikow-Konzerns sowie die ebenfalls von einem Elektromotor angetriebene Supercam S-350.

Alleine die Produktion der Orlan wurde gegenüber dem Vorkriegsniveau um das 53-fache gesteigert.

Russische Drohne vom Typ Zala 421-16 – ©Archiv
Die Zala 421-16 der Zala Aero Group, dem Drohnenspezialisten des Kalaschnikow Konzerns.

Die grobe Positionierung der Drohne erfolgt via der althergebrachten Technik der Funknavigation. Mindestens zwei, eventuell auch mehr Sender übermitteln Signale.

Mithilfe der Signallaufzeiten und einer Triangulation ergibt sich so eine grobe Position, etwa in der Größenordnung eines Quadratkilometers. Den Rest erledigt die Drohne selbst. Auf einem Foto der eigenen Aufklärungskamera werden Referenzpunkte auf dieser Fläche bestimmt, die in Form von Geländekarten im Speicher der Drohne abgelegt sind.

Russische Supercam-Drohne – ©Archiv
3,2 Meter Spannweite und 11,5 Kilogramm schwer fliegt die Supercam S350 länger als vier Stunden und weiter als 200 Kilometer hinter die Front.

Auf diese Art kann die Drohne mit vergleichsweise geringem Rechen- und Energieaufwand sehr exakt ihre Position bestimmen. Sie muss nicht hunderte Quadratkilometer nach Referenzpunkten durchforsten, sondern nur einen. Beide Eigenschaften sind für Drohnen generell von Vorteil, für Russland essenziell.

Generell sind dem Energievorrat einer Drohne enge Grenzen gesetzt. Und punkto Rechenleistung stehen besonders im Krieg die Fragen „Preis”, „Leistung” und „Verfügbarkeit” im Vordergrund.

Funksignal einer russischen Supercam-Aufkärungsdrohne – ©Archiv
Die Funkaufklärung kann die Signale der Drohnen eindeutig zuordnen und orten – hier Supercam S350. In Funkstille und 5.000 Meter hoch ist die Drohne aber nur noch mit leistungsfähigen Radargeräten zu finden.

Aktuell kann Russland mehr Aufklärungsdrohnen produzieren als die Ukraine über geeignete Flugabwehrraketen verfügt. Denn den Streckenflug über die Front ins Hinterland absolvieren die Drohnen in großer Höhe.

Sie können dort oben mit bloßem Auge nicht mehr gesehen und mit den preiswerten schultergestützen Fliegerabwehrraketen (MANPADS) nicht bekämpft werden.

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