Unsere fünf Fragen gehen diesmal an Padraig Lysaght, Leiter des Konfuzius Institutes an der Universität Wien. Wir haben den China-Experten gefragt, wie sich die Beziehungen zwischen Washington und Peking unter Präsident Donald Trump entwicklen könnten.
Herr Lysaght, China wird von den USA als der große Gegner am globalen Markt um wirtschaftlichen und militärischen Einfluss gesehen. Was sind denn die aktuellen Hauptkonflikte zwischen den beiden Großmächten und könnte sich daran unter Trump etwas ändern?
Auf militärischer Ebene gibt es aktuell keine echte Konkurrenz zwischen den USA und China. Auch wenn der chinesische Staat sein Verteidigungsbudget erhöht hat und seine Militärdoktrin gewandelt hat – vereinfacht gesagt, weg von Masse hin zu höherer Qualität –, bleibt noch immer ein sehr großer Unterschied zwischen den aktuell verfügbaren Fähigkeiten. Chinas internationale militärische Präsenz beschränkt sich neben der eigenen Region auf eine einzige Basis in Djibouti, die einen Versorgungsposten darstellt. Diese militärische Präsenz steht in keiner strategisch sinnvollen Relation zur im Vergleich überwältigenden US-Militärpräsenz in der Welt mit offiziell etwa 750 Stützpunkte in etwa 80 Staaten.
Allerdings sei noch angemerkt, dass China trotzdem international militärisch aktiv ist – China stellt mit knapp 2.000 Soldaten das größte Kontingent an UN-Friedenstruppen in gegenwärtig sechs Missionen und den zweitgrößten Finanzbeitrag für UN-Friedensmissionen innerhalb der P5. Im Vergleich stellen die USA gegenwärtig 24 Soldaten für UN-Friedenstruppen, verfolgen allerdings eine andere Strategie, die in den meisten Fällen uni- oder bilaterale beziehungsweise NATO-Einsätze vorsieht. Aus militärischer Sicht gibt es keinen Zweifel, dass China aktuell nicht in einer Position ist, in der es die USA militärisch herausfordern würde wollen.
China hat mit der aktuellen Debatte um KI-Technologie bewiesen, dass die US-Sanktionen im Chipbereich nicht den gewünschten Erfolg – nämlich eine Blockierung des chinesischen Forschungsfortschritts – erbracht haben. Damit wird eine Neubewertung der Situation im Bereich KI erforderlich. Der Nebeneffekt, dass damit auch wieder die EU im Rennen um führende KI-Kapazitäten ist, sollte nicht unerwähnt bleiben.
Die Wirtschaftspolitik unter „Trump 2” kann noch nicht abschließend bewertet werden. Der frühe Eindruck ist, dass man weniger an Win-Win-Situationen interessiert ist, sondern am maximalen momentanen Nutzen für die USA, selbst wenn der jeweilige Handelspartner dabei das Nachsehen hat. Besonderer Fokus scheint auf dem „Privileg” zu liegen, mit den USA Handel treiben zu dürfen. Ein Umstand, der, folgt man den aktuellen Medienberichten, nicht nur China, sondern auch anderen Ländern und Interessensgruppen, darunter auch die EU, teils sauer aufstößt. Trotzdem darf man nicht außer Acht lassen, dass unter „Trump 2” durchaus auch schnelle Richtungswechsel der US-Politik mehr als möglich sind, was eine Prognose durchaus schwierig macht.
Inwieweit ist denn die Kooperation mit Moskau nützlich für China, um sich gegen die USA behaupten zu können?
Die Kooperation zwischen China und Russland ist keine neue Erfindung, sondern hat eine längere, teils bewegte Geschichte. Für China ist eine Kooperation mit Russland besonders aus drei Gründen interessant. Erstens ist Russland ein großes Nachbarland Chinas. Zweitens benötigt die chinesische Wirtschaft große Mengen an Rohstoffen, die durch die Kooperation mit Russland aktuell für China besonders günstig zu bekommen sind. Drittens hat die Kooperation mit Russland potentiell abschreckende Wirkung auf einen möglichen Konflikt mit den USA. China allein verfügt nicht über ein militärisches Potential, dass die USA von einem Eingreifen/Angriff abschrecken würde. In Kombination mit Russland allerdings, so die Überlegung, wäre der Ausgang eines Konflikts mit den USA ungewisser. Insbesondere mit den aktuellen Äußerungen aus Washington, wofür die USA ihr Militär nicht gegebenenfalls einsetzen würden, ist davon auszugehen, dass China derzeit an einer Partnerschaft mit Russland festhalten wird. China würde sich auch gerne der EU wieder weiter annähern, dazu stehen die Zeichen aus Brüssel aber derzeit nicht in einem besonders konstruktiven Licht. Daher konzentriert China seine Bemühungen vor allem auf den „globalen Süden” als dessen Champion sich China sieht.
Was würde ein Abkommen zwischen Trump und Putin im Ukraine-Krieg (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) und eine mögliche, daran geknüpfte Entspannung zwischen den beiden Staaten für China bedeuten?
Ein solches Abkommen würde China mit Sicherheit begrüßen. Es liegt im expliziten Interesse Chinas, dass der Ukraine-Krieg so schnell wie möglich beendet wird. Dadurch würden wieder viele Ressourcen für die Wirtschaft frei, insbesondere in der EU, aber auch in Russland, was allen Volkswirtschaften sehr zugute käme.
„Im Konfliktfall ist Grönland derart weit von chinesischen Nachschublinien entfernt, dass ein solcher Stützpunkt nicht haltbar wäre.“
Hat Trumps Plan, Grönland unter US-Kontrolle zu bringen, damit zu tun, dass er fürchtet, China könnte die Rohstoffe der größten Insel der Erde für sich nutzen?
Die US-Außenpolitik in Bezug auf Grönland hat wohl zum Ziel den Raum Arktis auch für Europa militärisch sichtbar zu machen und so zumindest die europäischen NATO-Partner zur gewünschten Aufstockung der Militärbudgets zu motivieren (-> Was will Donald Trump mit Grönland?). Militärstrategisch ist chinesischer Wirtschaftseinfluss auf Grönland oder auch im Hamburger Hafen nicht von Bedeutung. Im Konfliktfall ist Grönland – selbst wenn es theoretisch eine oder mehrere chinesische Militärbasen auf Grönland geben sollte – derart weit von chinesischen Nachschublinien entfernt, dass ein solcher Stützpunkt nicht haltbar wäre.
Im wirtschaftlichen Bereich sieht das natürlich anders aus. Allerdings muss man sich überlegen, ob man nun für freie Wirtschaft und einen offenen Weltmarkt mit möglichst wenigen Handelsbarrieren und Konfliktlösung auf Konsensbasis, etwa durch im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) ist, oder ob man eine Renaissance des Merkantilismus mit möglichst hohen Schutzzöllen auf Kosten des Welthandels anstrebt.
Wird ein freier Markt angestrebt, soll man sich auch an die Regeln des freien Marktes halten. Wird ein unilateraler Protektionismus angestrebt, soll man sich zumindest in Europa nicht der Illusion hingeben, es sei ein freier Markt. Wirtschaftliche Lösungen unter der Drohung von militärischen Zwangsmaßnahmen werfen nicht das beste Licht auf denjenigen, der diese ausstößt und sind aus historischer Sicht immer wieder langfristig zum Scheitern verurteilt.
„Die Wirtschaften der USA und Chinas sind noch immer eng miteinander verbunden.“
Im Wahlkampf kündigte Trump Zölle gegen China in Höhe von 60 Prozent an. Nun scheint es, als wäre er gegenüber China zurückhaltend. Während er Mexiko und Kanada mit 25-prozentigen Einfuhrzöllen droht, sind es gegen China gerade einmal zehn Prozent. Wie kommt es?
Die Wirtschaften der USA und Chinas sind trotz gewisser „Entkopplungsbemühungen” auf beiden Seiten noch immer eng miteinander verbunden. Viele große US-Unternehmen stellen Produkte in China her und können beziehungsweise wollen sich a) die Rückholung der Produktion in die USA nicht leisten und b) die gleichbleibende Qualität und Kapazität besonders im Hightech Sektor nicht garantieren, wenn sie die Produktion in ein anderes günstig produzierendes Ausland (etwa Vietnam) verlagern würden.
Damit würden verschiedene hohe Zölle seitens den USA China zwar treffen, gleichzeitig aber auch eine Reihe von großen US-Unternehmen. Am Beispiel von Mexiko und Kanada sehen wir aber aktuell, dass die Zölle offenbar als Motivationsmittel eingesetzt werden, um andere weniger drastische Zugeständnisse zu bekommen. Es bleibt abzuwarten was die „Trump 2 Regierung” von China erwartet und welchen „Deal” beide Seiten bereit sind miteinander zu schließen.
Hier geht es zu den anderen Beiträgen unserer Serie „5 Fragen an”.