Bei der dritten Auflage war „Miliz trifft Wirtschaft powered by Diehl Defence” (-> zur Veranstaltungs-Webseite) am 30. Jänner bei der Firma Viewpointsystem in der Seestadt Aspern zu Gast. Inhaltlich ging es um den „Aufbauplan 2032+” des Österreichischen Bundesheeres, vor allem aber um das Thema „Sicherheit und Innovation”.
Vor dem offiziellen Beginn durften die Besucher exklusive Einblicke in die Smart Glasses-Produktion von Viewpointsystem nehmen. Militär Aktuell-Chefredakteur Jürgen Zacharias ging dann in seinen Eröffnungsworten auf das gerade erst präsentierte „Risikobild 2025” des Bundesheeres ein.

Hieß es schon bei der Präsentation des Risikobildes im vergangenen Jahr „Die Welt ist aus den Fugen geraten”, sehen wir uns nunmehr mit noch mehr Konflikten konfrontiert, manche sind neu ausgebrochen, andere haben sich verschärft. Sicherheit sei angesichts dieser Entwicklung kein „Nice to Have, sondern absolute Notwendigkeit”.
Künstliche Intelligenz, Drohnen (-> Zum Drohnen-Themenschwerpunkt von Militär Aktuell) und Cyber Attacks verändern die Kriegsführung – also brauche es einen Schulterschluss zwischen Forschung, Militär und Industrie, was gewissermaßen auch als Generalthema dieser Veranstaltung verstanden werden durfte.
Der neue Präsident des Milizverbandes Österreich, Oberst Armin Richter, erklärte zur Begrüßung der rund 100 anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass das „Militär” und die „Wirtschaft” bereits zwei wesentliche Säulen der umfassenden Landesverteidigung darstellen. Verteidigung sei „ohne Innovationen in der gesamtstaatlichen Resilienz gar nicht zu denken”, so Richter.

Keynote von Rüstungschef Generalmajor Harald Vodosek
Generalmajor Harald Vodosek sprach in seinem Vortrag über die „Mission Vorwärts” des Österreichischen Bundesheeres.
1982 eingerückt, erinnerte der Generalmajor zunächst an die 1980er-Jahre, die „Hochzeit der Miliz”, damals wurde annähernd ein Prozent des BIPs für Landesverteidigung ausgegeben. Von einem vernetzten Gefechtsbild konnte seinerzeit nicht die Rede sein: „Einzelteile wurden beschafft – und es wurde gehofft, dass sie irgendwie zusammenpassen”.
In seiner Tour d’Horizon erklärte Vodosek dann den Ist-Zustand des Bundesheeres: „Das Entscheidende ist nicht, dass wir nun mehr Geld bekommen, sondern dass wir einen Paradigmenwechsel hingelegt haben.”

Dieser Paradigmenwechsel ziele auf die strategische Entwicklung hin zu Multi Domain Operations. Man habe heute schon Datenaustäusche – auf höchster Datenrate und höchstem Niveau – zwischen den Domänen „Information”, „Cyber”, „Air” und „Space”. Kurzum, so der Generalmajor: „Wir sind in der Hochtechnologie angekommen.”
Punkto Drohnen prognostizierte er, dass wir es künftig mit Drohnenschwärmen zu tun haben werden, sprich: es wird quasi „Führungsdrohnen” geben, die einen Schwarm anführen, auch die neuen Kampfflugzeuge der 5. und 6. Generation werden wohl Drohnen führen. Hier sehe er eine „Chance für die österreichische Wirtschaft, sich zu beteiligen”.
Zuletzt appellierte Generalmajor Vodosek, die Technologiebasis in Österreich, ja Europa zu stärken, um „uns nicht fremden Mächten auszuliefern”.
Keynote des Weltraumexperten Norbert Frischauf
Anschließend an Generalmajor Vodosek erklärte Norbert Frischauf die Weltraumpläne des Bundesheeres. Der Hochenergiephysiker und Weltraumexperte des Bundesheeres erinnerte dabei daran, dass es ohne Beteiligung von Satelliten, gar nicht mehr möglich sei Bankentransfers durchzuführen, auch können Schiffe „ohne” gar nicht mehr navigieren. Auch Satelliten arbeiten im Verbund.
Frischaufs Aufgabe sei es, ein Pflichtenheft zu erstellen, und die Industrie versuche dann, dieses – auch in Bezug auf Sekundärziele – umzusetzen.

Gerade bei Satelliten habe es einen Paradigmenwechsel gegeben, so Frischauf: Mussten diese früher 15 Jahre halten, reichen heute drei bis vier Monate, in welchen diese „oben” bleiben, weil: „Der Generationswechsel bei Satelliten hat sich ausgesprochen beschleunigt.”
Frischauf verwies darauf, dass jüngst Nato-General Chris Badia (Stellvertretender Oberster Alliierter Befehlshaber Transformation), der auf Einladung des Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES) in Wien war, in einer gemeinsam mit der Diplomatischen Akademie (DA) veranstalteten Diskussion die gegenwärtige und künftige Bedeutung der Bereiche Cyber und Space unterstrich.
Frischauf beschloss seinen Vortrag mit einem Rätsel: Von wem denn der Merksatz „You see, but you do not observe” stamme? Es war Sherlock Holmes.
Keynote von Viewpointsystem-CEO Nils Berger
Auch ihm gehe es um die „observative Ebene”, so Gründer Berger, dessen Vortrag sich mit der „Steigerung der Human Performance durch smarte Technologie: Smart Glasses mit Eye Tracking” beschäftigte.
Berger leitete von Frischauf zu seinem Anliegen über: „You do see, but you do not perceive”. Perceive im Sinne von „wahrnehmen”. Bei den Smart Glasses von Viewpointsystem, digitalen Brillen, gehe es um einen Fähigkeitsausbau.

In der Seestadt assembliert das Unternehmen laut Berger seine Produkte von Chips bis hin zu Leiterplatten. Die Produkte von Viewpointsystem verstehen sich als Messgeräte wie auch als Datenaufbereiter.
„Vor dem Ukraine-Krieg (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) war das Wort Survivability undenkbar”, so Berger. Bei den Eye-Tracking-Systemen seines Unternehmens gehe es aber genau darum, lässt sich damit doch die Art und Weise, wie Soldaten in herausfordernden Situationen ihre Umgebung sehen trainieren. Dabei müssen sie mitunter in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen, und dafür spiele das Sehen eine entscheidende Rolle. „80 Prozent der Informationen, die wir verarbeiten, kommen schließlich von den Augen: Wir sind visuelle Wesen.”
Zuversichtlich gab er den Teilnehmern mit auf den Weg: „Blickverhalten ist trainierbar.” Kurzum, es gelte, „Blickstrategien zu ändern und neue zu entwickeln”.

Podiumsdiskussion zum Thema „Sicherheit & Innovation”
Das anschließende Paneel stand unter dem Motto „Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen zeigen einmal mehr: Verteidigungsinnovationen sind keine Option für morgen, sondern eine Notwendigkeit für heute!”

Reinhard Marak, Geschäftsführer der ARGE Sicherheit & Wirtschaft in der WKO, wurde in die Podiumsdiskussion hinzugeholt. Aktuell umfasse die ARGE an die 120 heimische im Sicherheitsbereich tätige Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 2,7 Milliarden Euro”, so Marak, der abermals verdeutlichte, dass es notwendig sei „Produktionen und Fähigkeiten im eigenen Land zu haben und auszubauen”.
Frischauf merkte in der rege geführten Diskussion an, dass es auch wichtig sei „Vorsorgeforschung” zu betreiben und Nils Berger lobte, dass das Veranstaltungsformat „Miliz trifft Wirtschaft” eine Plattform zum gegenseitigen Kennenlernen und Zusammenarbeiten schaffe.
Generalmajor Vodosek fragte abschließend in die Runde: „Was treibt eine Gesellschaft an? – Es ist Innovation und Technologie.” Anlass zu Optimismus sei jedenfalls gegeben: Jedes Jahr werden in Österreich hunderte Patente angemeldet.
Hier geht es zu den Nachberichten der ersten beiden Auflagen von Miliz trifft Wirtschaft bei der Helvetia Versicherung in Wien und bei General Dynamics European Land Systems-Steyr ebenfalls in Wien.