Das Militärkommando Burgenland lud am Donnerstag zum traditionellen Pressefrühstück in die architektonisch eindrucksvolle Martin-Kaserne nach Eisenstadt. Militärkommandant Brigadier Gernot Gasser, der Kommandant des Jägerbataillon 19 aus Güssing, Oberst Christian Luipersbeck, und der Kommandant der Heerestruppenschule, Oberst Dieter Schadenböck, gaben dabei einen Rückblick auf 2024 sowie einen Ausblick auf das Bundesheer im Allgemeinen und die Situation im Burgenland im Speziellen. Für Militär Aktuell war Patrick Huber vor Ort.

Der Terrorüberfall der radikal-islamischen Hamas auf Israel und dessen anschließender Verteidigungsschlag (Oktober 2023), die Machtübernahme durch islamistische Rebellen in Syrien (Dezember 2024) sowie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine (Februar 2022, -> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) – all das seien Faktoren, die das politische Sicherheitsgefüge Europas nachhaltig verändert hätten, so Brigadier Gasser zu Beginn seines Vortrages. In Verbindung mit dem Umstand, dass die USA ihr militärisches Engagement in Europa reduzieren wollen (-> Marco Rubio: „China ist unser Hauptgegner) und die Europäer damit mehr Verantwortung übernehmen müssen, sei es unumgänglich in die Landesverteidigung zu investieren. Das geschehe europaweit.

Gasser: „Russland hat den Krieg nach Europa zurückgebracht. Man hat verstanden, dass die Sicherheit Europas jetzt in den Händen der europäischen Staaten liegt und dass diese Sicherheit nicht kostenlos ist. In Österreich hat sich die Budgetlage erheblich verändert.” Experten, so Gasser, gehen davon aus, dass Russland ab 2030 wieder „angriffsfähig” sei und damit eine Bedrohung für Europa bestehen bleibe: „Auch wenn ein direkter Angriff auf Österreich unwahrscheinlich ist, so verlaufen strategische Verkehrsrouten durch Österreich, die gegebenenfalls verteidigt werden müssen.”

Auch auf das Thema Luftraumverteidigung ging Gasser ein: „Mit den bisherigen Luftabwehrsystemen ist die maximale Reichweite auf sechs Kilometer begrenzt. Eine Mittelstreckenrakete, wie sie Russland in der Ukraine einsetzt, hat aber gut 1.500 Kilometer Reichweite, ganz zu schweigen von Langstreckenraketen. Wir sehen die täglichen Raketenangriffe Russlands auf die Ukraine. Diese Botschaft müssen wir verstehen.”

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Eine weitere Gefahr, auf die sich das Bundesheer einstellen müsse, sei der Terrorismus, wobei hier laut Verfassungsschutz die größte Bedrohung in Österreich schon seit einigen Jahren von hier lebenden beziehungsweise einsickernden oder bereits in den Migrantenströmen seit 2015 eingesickerten Islamisten ausgehe.

Die im Rahmen der „Mission Vorwärts” laufenden Investitionen in das Bundesheer seien laut Gasser eigentlich keine „Aufrüstung”, sondern vielmehr eine dringend erforderliche „Nachrüstung”, weil das Heer über Jahrzehnte finanziell und damit materiell ausgeblutet worden sei. Hier habe sich gerade im Burgenland schon einiges getan. Oberst Christian Luipersbeck, Kommandant des Jägerbataillons 19 aus Güssing: „In den kommenden Jahren erhalten wir für das Jägerbataillon 19 und unsere Miliz, das Jägerbataillon Burgenland, rund 100 Pandur Evolution.” Auch ansonsten werde die Ausrüstung modernisiert, so der Oberst: „Es ist schon neues Gerät zugelaufen und wir bilden an diesem Gerät bereits aus. Es passiert derzeit wirklich eine Modernisierung der Streitkräfte und das wirkt sich auch sehr positiv auf die Motivation der Soldaten aus.”

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Das Thema Autarkie der Kasernen spielt aktuell ebenfalls eine große Rolle. In Eisenstadt und Güssing konnte die Unabhängigkeit von der öffentlichen Stromversorgung bereits sichergestellt werden, in Bruckneudorf soll es bald soweit sein – nämlich Ende dieses Jahres.

Oberst Dieter Schadenböck wiederum verwies auf die Bedeutung der Heerestruppenschule als Kaderschmiede der Landstreitkräfte. Allein für heuer seien unter anderem gut 180 Lehrgänge geplant. Darüber hinaus leiste man einen Beitrag zum „Aufbauplan 2032+” (-> Interview mit Planungschef Generalleutnant Bruno Hofbauer: „Wir machen ordentlich Tempo!”) indem man Ausbildungspläne für neue Waffensysteme und Vorschriften erarbeite sowie Erprobungen durchführe. Im vergangenen Jahr (2024) seien bei 159 Lehrgängen knapp 1.700 Soldaten geschult worden.

Europas Luftstreitkräfte rüsten massiv auf

Personell sei zwar noch immer „Luft nach oben”, im österreichweiten Vergleich sei die Personalsituation beim Militärkommando Burgenland jedoch durchaus zufriedenstellend, unterstrich Militärkommandant Brigadier Gasser. Gleichwohl äußerte er in mehrerlei Hinsicht Bedenken, denn die für Österreich vorgesehene Mobilmachungsstärke von 55.000 Mann sei bedenklich niedrig – und der Herr Oberst belegte das auch gleich mit mehreren Beispielen: „In Schweden liegt sei bei 110.000 Soldaten, in der Schweiz bei gut 150.000 und in Finnland bei über 1 Million.”

Man müsse sich auch ernsthaft die (bei vielen Politikern unbeliebte) Frage stellen, ob sechs Monate Grundwehrdienst überhaupt noch ausreichend seien. Im Oktober 2024 hatte bereits Generalstabschef Rudolf Striedinger eine Verlängerung des Wehrdienstes gefordert. Gasser beim Pressefrühstück in Eisenstadt: „Die Waffensysteme werden moderner und immer komplexer.” Eine Intensivierung der Ausbildung, um die derzeit sechs Monate Grundwehrdienst besser zu nutzen, sei de facto nicht mehr möglich. „Wir bereiten uns auf die militärische Landesverteidigung vor, das ist die höchste Liga überhaupt. In Finnland und der Schweiz dauert der Grundwehrdienst nein Monate, in Schweden elf Monate, in Griechenland und Norwegen sogar zwölf Monate. Mit nur sechs Monaten stehen wir ziemlich alleine auf weiter Flur.”

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Quelle©Patrick Huber