Im Zuge des Yalta European Strategy (YES) Forums wurde vor wenigen Tagen einer der wichtigsten Vertreter des modernen Drohnen-Kriegs auf die Bühne gebeten, um seine Sicht auf seine Einheit, den aktuellen Krieg in der Ukraine (-> aktuelle Meldungen rund um den Ukraine-Krieg) und die Entwicklung in naher Zukunft zu kommentieren. So viel vorweg: Magyar prophezeit eine rasante technologische Weiterentwicklung der Drohnentechnologie.

Robert Yosypovych Brovdi beim Yalta European Strategy (YES) Forum – ©Archiv
Robert Yosypovych Brovdi beim Yalta European Strategy (YES) Forum.

Robert Yosypovych Brovdi, Freund und Feind besser bekannt unter Magyar (auch Madyar/Мадяр) ist Kommandeur des 414. separaten Angriffsregiments für unbemannte Luftfahrtsysteme des Marinekorps der Streitkräfte der Ukraine, kurz „Birds of Madyar”.

Die Schützeneinheit, die mit zwölf Mann im April 2022 im Raum Cherson begann mit zivilen Drohnen zu experimentieren, wuchs in den vergangenen zweieinhalb Jahren zu einem Zug unbemannter Luftfahrzeuge in einer Kompanie, dann zu einer Kompanie, weiter zu einem Bataillon, zu einem eigenständigen Bataillon und schließlich heute zu einem eigenständigen Regiment. Heute beträgt die Gesamtzahl des Personals des Regiments etwa 400 aktive Soldaten, von denen nur ein Teil Kampfpiloten sind, sowie 600 Rekruten.

Der nicht Drohnen-fliegende Teil des Personals unterstützt die Einheit mit einer breiten Palette von Dienstleistungen, die von der Herstellung eigener Munition, elektrischen Sprengkapseln und deren Montage, bis hin zu Anpassungen und Verbesserungen der Drohnen reichen. Dazu gehört auch die Herstellung eigener elektronischer Kriegsführungssysteme bis hin zu elektronischen Aufklärungssystemen und die Ausstattung jedes einzelnen Soldaten mit einem persönlichen Spektrumanalysator und allen notwendigen Ausrüstungen, die das Leben des Personals retten sollen, das das wichtigste Kapital der Einheit sind.

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Laut Magyar produziert die Ukraine heute die besten unbemannten Luftfahrzeuge der Welt. Die besten deshalb, weil sie direkt im Kampf eingesetzt werden, und sofort auf alle Herausforderungen und Modernisierungs-Bedarf reagiert wird. Und Magyar gibt zu bedenken, dass die Ukraine mit genau denselben Mitteln wie der Feind arbeitet, denn die Entwicklung verläuft parallel. Noch, denn Magyar erwartet, dass die Ukraine in den nächsten anderthalb Monaten die Folgen der chinesischen Beschränkungen bei der Lieferung von Drohnen-Komponenten spüren wird. 

Drohnenkämpfer Magyar – ©Archiv
Magyar auf der Bühne des Yalta European Strategy Forums: „Wir bezahlen für den Mangel an Munition, für den Mangel an Waffen mit dem Leben unserer Soldaten.”

Bei den Kosten der Drohnen wählt Magyar drastische Vergleiche. Er kenne außerhalb der Ukraine keinen Hersteller weltweit, der monatlich 300 bis 500 geflügelte Drohnen produzieren kann, die bis zu 900 Kilometer tief in feindliches Gebiet eindringen können, dabei 60 Kilogramm oder mehr Sprengstoff an Bord haben und nur 50.000 Euro pro Stück kosten.

Die Ukraine erhält von westlichen Partnern 82-Millimeter-Werfergranaten zum Stückpreis von 1.100 bis 1.300 Euro. Eine fünf Kilogramm schwere Panzerabwehrmine, die jedes feindliche Fahrzeug vernichten kann und heute vom Regiment selbst hergestellt wird, kostet rund 55 Euro, wovon mehr als die Hälfte auf chinesische Elektronik entfällt, die in Kürze die Ukraine allerdings selbst zum Preis von etwa sieben Euro produzieren wird.

„die Technologie schreitet so schnell voran, dass dieser schon jetzt unbemannte Krieg nach meiner Einschätzung in den nächsten sechs bis acht Monaten zu einem wirklich unbemannten Krieg werden wird.“

Die Partner der Ukraine

Im Laufe des Gesprächs hat Magyar auch zwei Botschaften an die Partner der Ukraine. „Die erste ist, dass angesichts der rasanten Entwicklung unbemannter Luftfahrzeuge, die heute 50 Prozent aller Angriffsaktivitäten in diesem Krieg ausmachen, die Technologie so schnell voranschreiten wird, dass dieser schon jetzt unbemannte Krieg nach meiner Einschätzung in den nächsten sechs bis acht Monaten zu einem wirklich unbemannten Krieg werden wird”, so Magyar. „Hunderte von Systemen mit künstlicher Intelligenz werden gleichzeitig entwickelt, ohne dass Piloten daran beteiligt sind.”

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Magyar weiter: „In sechs Monaten wird man keine Piloten mehr brauchen. Wir werden Leute brauchen, die die Drohne einfach einen Meter über den Boden heben. Und dann wird die Drohne je nach Entwicklung entscheiden, was sie trifft, wie sie einen „Schiguli” (Fahrzeugreihe des Automobilherstellers Awtowas) von einem Panzer trennt, aber sie wird ganz sicher nicht einen Ukrainer von einem Feind unterscheiden können.” Nachsatz: „Diese Herausforderungen müssen sehr ernst genommen werden und wir müssen in Technologien investieren, in denen die Ukraine die höchste Kompetenz hat.”

Drohnenkämpfer Magyar – ©Archiv
Magyar: „Hunderte von Systemen mit künstlicher Intelligenz werden entwickelt und getestet.”

Magyars zweite Botschaft ist dann ein Versprechen an den Westen. „Auf Kosten von Menschenleben, Erfahrungen und Jahren im Kampf erhält die gesamte vernünftige Weltgemeinschaft, die die Ukraine unterstützt, eine praktisch kostenlose Schmiede von Spezialisten, die morgen in alle ihre Länder gehen und ihre Armeen ausbilden werden, denn es stehen noch viele Kriege bevor. Und dies wird ein Element unserer praktischen Dankbarkeit für ihre Hilfe in unserem Kampf für unsere Freiheit, für unser Land, für unsere Familien sein.”

Information: Yalta European Strategy (YES) ist ein führendes Forum für Diskussionen über die europäische Zukunft der Ukraine und den globalen Kontext. YES fördert neue Ideen. Es bringt die Ukraine mit internationalen Partnern zusammen, unterstützt die Kräfte des Wandels im Land und baut weltweit Netzwerke von Unterstützern für eine neue Ukraine auf.

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