Im Zuge der aktuellen Diskussionen rund um die European Sky Shield Initiative (ESSI) wird des Öfteren medial kolportiert, dass sich Österreich mit dem Grundsatzbeschluss vom 15. November an allen drei ESSI-Phasen beteiligen würde. Allerdings war und ist die oberste „Zwiebelschale” (siehe Grafik) mit Systemen wie Arrow III oder Patriot gar kein Bestandteil derzeitiger Sky Shield-Überlegungen.

@Georg Mader
Auf dieser bei der Informationsveranstaltung im Parlament präsentierten Grafik sind die Schutzschalen und Wirkungsbereiche der unterschiedlichsten Luftverteidigungssysteme deutlich erkennbar.

Generalleutnant Lutz Kolhaus (seit Juli 2023 stellvertretender Inspekteur der deutschen Luftwaffe) hat das erst im Oktober vor der deutschen Gesellschaft für Sicherheitspolitik klargemacht. Die für die Einführung von Arrow III in Deutschland notwendige politische Konstellation mit Israel und den USA sei „mit 19 ESSI-Nationen nicht darstellbar”, so Kolhaus (siehe dazu auch Video unten, interessant ist insbesondere der Teil von 00:30:30 bis 00:33:30). Dazu kommt: Im Bundesheer wird derzeit – seit 30. November übrigens auch mittels genehmigter Vorhabensabsicht – nur für die bodengebundene Luftabwehr mittlerer Reichweite (GBAD-MR) geplant.

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@IAI
Die Funktionsweise von Arrow III: Damit können anfliegende Bedrohungen in Höhen von bis zu 100 Kilometer bekämpft werden.

Damit sei man – wie Militär Aktuell auch am Rande einer ESSI-Informationsveranstaltung am 5. Dezember im Parlament und schon davor am 22. November bei einem Symposium der Luftstreitkräfte in Tulln bestätigt wurde – aktuell sowohl finanziell als auch personell völlig ausgelastet. Außerdem deckt der „Aufbauplan 2032+” mit einer Investitionssumme von rund 17 Milliarden Euro keine bodengebundene Luftabwehr mit Reichweiten mit mehr als 50 Kilometern ab – derartige Vorhaben müssten also sonderfinanziert werden, wie uns auch kürzlich Planungsdirektor Generalmajor Bruno Hofbauer bestätigte. Allein für die Anschaffung von Abwehrsystemen kurzer und mittlerer Reichweiten rechnet man heeresintern übrigens mit Kosten von rund zwei Milliarden Euro.

Es gibt nach der oben bereits erwähnten Regierungseinigung zur Beschaffung eines Luftverteidigungssystems mit großen Reichweiten (ein Gesetz dazu ist angekündigt) nun immerhin „grünes Licht” zur Aufnahme entsprechender Planungen durch das Bundesheer. Damit könne man dann aber wohl erst – nach derzeitiger Einschätzung – ab etwa 2027 in die Beschaffungsphase gehen. Dabei könnten dann Systeme wie Patriot PAC-3 (USA) und Arrow 3 III (Israel/USA) zum Zug kommen, aber welches System dann konkret beschafft würde und ab wann eine heimische Langstrecken-Raketenabwehr aktiv sein könnte, ist derzeit überhaupt noch nicht abschätzbar.

@Georg Mader
Bei der Informationsveranstaltung im Parlament: Militär Aktuell-Autor Martin Rosenkranz im Gespräch mit Analyst Franz-Stefan Gady.

Um es abschließend noch einmal klar zu machen: Es gibt aktuell keine ESSI-Einkaufs-, Nutzungs- oder Ausbildungsgemeinschaft, der man beim gewünschten Fähigkeitszuwachs auf der Langdistanz beitreten könnte. Derartige Überlegungen sind daher rein national motiviert.

@Georg Mader
Air Chief Brigadier Gerfried Promberger im Rahmen der Informationsveranstaltung im Parlament.
Quelle@Georg Mader, IAI, United States Missile Defense Agency