Nachdem die NATO zuletzt Maßnahmen gegen Russlands hybride Kriegsführung in der Ostsee ankündigte, hat nun der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur seine Marine angewiesen, bei potenziellen Bedrohungen entschlossener zu reagieren – notfalls auch mit Gewalt und durch offensives Entern.

„Die Seestreitkräfte haben keine Schwierigkeiten, in den Hoheitsgewässern Estlands zu reagieren. Das Problem liegt in den wirtschaftlichen Gewässern. Um dort schnell und angemessen handeln zu können, legen wir dem Parlament Änderungen an den Gesetzen vor”, erklärte Verteidigungsminister Hanno Pevkur gegenüber der lokalen Presse. „Die Marine wird im Falle einer Bedrohung, falls notwendig, das Recht haben, in allen estnischen Gewässern – sowohl in den Hoheitsgewässern als auch in der maritimen Sonderwirtschaftszone – Gewalt anzuwenden. Das Verteidigungsministerium hat dazu Gesetzesänderungen zur Organisation der Verteidigungskräfte vorbereitet, die dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt wurden. Dabei geht es auch um den Einsatz von Streitkräften zum Schutz kritischer Infrastrukturen.”

Pevkur hatte zuletzt auch bei einem Treffen der baltischen Verteidigungsminister mit dem niederländischen Verteidigungsminister Ruben Brekelmans klar Position gegenüber Russland bezogen.

Deutschland, Schweiz & Österreich: Kooperation der Luftstreitkräfte

Gemäß den vorgeschlagenen Änderungen dürfen Militärangehörige im gesamten Seegebiet Estlands zunächst den Kapitän eines verdächtigen Schiffes kontaktieren, einen Kurswechsel oder Stopp anordnen und die Möglichkeit zum Anlegen oder Betreten des Schiffs „anbieten”. Sollte diesen Aufforderungen nicht nachgekommen werden und der Einsatz von Gewalt als letztes Mittel erforderlich sein, könnte dies nach Rücksprache vom Verteidigungsminister genehmigt werden.

Patrouillenschiff der Marine Estlands – ©MoD Estonia
Die estnische Marine will in Zukunft entschlossener gegen russische Aggressionen vorgehen.

Hybride Kriegsführung in der Ostsee

Die Änderungen der estnischen Gesetze fallen in eine Zeit wachsender Besorgnis über Sabotageakte in der Ostsee, einschließlich Vorfällen des Kappens von vier Untersee-Telekommunikationskabel zwischen Estland und Finnland. Die Behörden der beiden Länder gehen davon aus, dass der alte Öltanker Eagle S, der unter der Flagge der Cookinseln von St. Petersburg nach Port Said in Ägypten unterwegs war, darin verwickelt war. Die finnische Grenzpolizei landete jedenfalls per Airbus H-225-Hubschrauber ein Team auf dem Schiff und setzte es wegen Verdachts auf Beteiligung an Sabotage fest. EU und NATO haben angedeutet, dass solche Vorfälle mit Aktivitäten von Schiffen aus Russlands sogenannter Schattenflotte in Verbindung stehen könnten.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

Als Reaktion auf mehrere Vorfälle offensichtlicher hybrider Kriegsführung und vor dem Hintergrund dieser Bedrohung begann am 14. Jänner die NATO-Operation „Baltic Sentry” („Wächter der Ostsee”), die den Schutz kritischer Unterwasserinfrastrukturen zum Ziel hat. Laut der finnischen Nachrichtenagentur YLE haben NATO-Staaten dafür zehn Schiffe für eine 90-tägige Patrouillenmission abgestellt, die bei Bedarf verlängert werden kann. Der polnische Präsident Donald Tusk erklärte, Polen werde „ohne zu zögern Schiffe abfangen und festsetzen, die verdächtigt werden, an solchen Vorfällen innerhalb der Hoheitsgewässer beteiligt zu sein”.

©Militär Aktuell

Am Mittwoch liefen unter anderem das Minenjagdboot der Frankenthal-Klasse „FGS Datteln” der deutschen Marine (-> aktuelle Meldungen rund um die Bundeswehr) und das Hydrographenschiff „HNLMS Luymesder” der niederländischen Marine in den Finnischen Meerbusen ein, um die Unterwasserkommunikation zu schützen.

Quelle©MoD Estonia