Die Industriellenvereinigung sieht in Österreichs Rüstungs- und Sicherheitsindustrie eine Hochtechnologiebranche mit großem „Zukunftspotenzial“. Ein Gespräch mit Generalsekretär Christoph Neumayer.
In vielen Rüstungs- und Sicherheitsbereichen sind heimische Unternehmen nicht oder nicht mehr präsent. Trotzdem genießt Österreich in der Branche weltweit einen guten Ruf, oder täuscht dieser Eindruck?
Nein, der täuscht keineswegs. Wir sprechen hier von einer kleinen, aber feinen Hochtechnologiebranche, die als wirkliche Zukunftsindustrie zu bezeichnen ist und eine überdurchschnittlich hohe Wettbewerbsfähigkeit vorzuweisen hat. Der gute Ruf der österreichischen Sicherheitsindustrie besteht also völlig zu Recht.
Lässt sich die Branche aufgrund der Tatsache, dass viele Unternehmen sogenannte Dual-Use-Produkte herstellen, die sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich Verwendung finden, in Zahlen fassen?
Eine Abgrenzung ist in der Tat nicht immer leicht. Trotzdem können wir von einem Umsatzwert von rund 2,5 Milliarden Euro und einer Exportquote von mehr als 90 Prozent ausgehen. Im engeren Sinn umfasst die Community rund 50 Unternehmen, aufgrund des hohen Multiplikatorwerts von 1:2,5 bis 1:3 sind in Summe bis zu 30.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Branche abhängig.
In Anbetracht dieses hohen Werts wird die Branche öffentlich aber kaum wahrgenommen?
Das stimmt – die Unternehmen reüssieren am Weltmarkt, das entsprechende Bewusstsein dafür ist in Österreich selbst aber nur sehr gering ausgeprägt. Hier würden wir uns mehr – positive – Wahrnehmung wünschen, schließlich sprechen wir – wie gesagt – von einer Hochtechnologiebranche, die auch für den Wirtschaftsstandort und damit hochattraktive Jobs von entscheidender Bedeutung ist.
Inwieweit blockiert die Gesetzeslage eine noch bessere Entwicklung einzelner Unternehmen und der Branche insgesamt?
Die Gesetzeslage stellt für die Betriebe natürlich eine Herausforderung dar, insbesondere vor dem Hintergrund des hohen Exportanteils. Hier sollte sich Österreich vermehrt an den Regelungen vergleichbarer Länder orientieren. Zudem wäre eine stärkere Standardisierung – gerade bei den Exportbestimmungen von Dual-Use-Produkten – innerhalb Europas wünschenswert.
Welche Länder könnten dabei für Österreich ein Vorbild sein?
Etwa die Schweiz, aber auch Schweden, das bekanntermaßen über eine bedeutende Sicherheitsindustrie verfügt.
Stellen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für heimische Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil dar oder können sie damit gut umgehen, weil sie immer schon streng waren?
Sowohl als auch. Viele Unternehmen gehen pragmatisch an das Thema heran, aber es gibt immer wieder auch Einzelfälle mit Diskussionsbedarf. Klar ist, dass Unternehmen in dem Bereich das Gesamtpaket in Österreich zu tragen haben. Aber ebenso klar ist, dass die Regelungen in Österreich in einzelnen Bereichen über die ohnehin hohen internationalen Standards hinausgehen und dass dies einen Wettbewerbsnachteil bedeuten kann.
Inwiefern stellt auch das knapp bemessene Verteidigungsbudget einen Wettbewerbsnachteil dar? Vielfach werden Komponenten doch in Kooperation und Zusammenarbeit mit Streitkräften entwickelt.
In Deutschland und vielen anderen Staaten sind solche Partnerschaften selbstverständlich und aus Sicht des Staates macht es auch Sinn, sich bestimmte Kernfähigkeiten zu erhalten. Diesen Zugang gab es aber in der Vergangenheit in Österreich kaum und die wirtschaftlichen Auswirkungen der wirklich eklatanten budgetären Einschränkungen der vergangenen Jahre konnten wir alle hautnah beobachten.
Ein höheres Verteidigungsbudget wirkt sich also auch unmittelbar positiv auf die Branche aus?
Defintiv. Der gesamte Forschungs- und Entwicklungsbereich profitiert davon und natürlich auch der Fertigungsbereich, schließlich hat die Industrie damit einen potenten Abnehmer im eigenen Land. Wichtig wäre aus unserer Sicht aber auch ein verstärkter Schwerpunkt auf den Bildungs- und Ausbildungsbereich. Da sind wir als Industriellenvereinigung mit unterschiedlichen Initiativen engagiert, um das Kompetenzniveau zu erhalten und auszubauen.
Interview: Jürgen Zacharias