Sie tragen Namen wie NGAD (Next Generation Air Dominance, -> Neueste Erkenntnisse zum NGAD F-47) von Boeing, GCAP (Global Combat Air Programme) von BAE Systems, Leonardo und Mitsubishi (-> GCAP-Projekt auf Schiene), oder FCAS (Future Combat Air System) von Airbus und Dassault Aviation. Noch existieren sie nur als Computergrafiken – oft futuristisch, manchmal mit der Anmutung eines Mantarochens. Doch was verbirgt sich hinter diesen eleganten Formen? Und worin unterscheiden sich diese Kampfflugzeuge der 6. Generation von ihren Vorgängern?

Die kurze Antwort: in sehr vielem. Die lange Antwort: Viele Technologien sind nicht völlig neu, doch ihr Zusammenspiel und ihre Umsetzung sollen ein neues Niveau erreichen. Bewährte Konzepte werden weiterentwickelt, neue Ansätze integriert – mit dem Ziel, die Dominanz im Luftraum in einem zunehmend vernetzten, digitalen Gefechtsfeld zu sichern.

FCAS-Illustration – ©Dassault
Noch hält sich jeder bedeckt: Von der nächsten Kampfjet-Generation gibt es bislang nur Studien, vage Silhouetten und stark retuschierte Grafiken.

„Stealth“ heißt jetzt „Low Observable“

Was früher als „Stealth” bekannt war, nennen Fachleute längst „Low Observable” (LO) – geringe Erfassbarkeit. Dabei geht es nicht nur um Tarnkappentechnologie gegen Radar, sondern um eine umfassende Reduktion sämtlicher Signaturen: Radar, Infrarot, Akustik und sogar sichtbares Licht.

Auffällig ist: Viele neue Entwürfe verzichten auf klassische, auffällige Steuerflächen. Vertikale Leitwerke werden kleiner – oder verschwinden ganz. Auch Entenflügel wie beim Eurofighter, Rafale oder Gripen scheinen ausgedient zu haben. Manche Konzepte verzichten sogar auf bewegliche Vorderkanten an den Tragflächen.

©Militär Aktuell

Die Außenhaut der Jets wird glatter, nahtloser – ein fließendes Design ohne unnötige Kanten. Darunter: komplexe Kühlsysteme, die vor allem an der heiß beanspruchten Flügelvorderkante Reibungshitze ableiten. Denn LO bezieht sich längst nicht mehr nur auf Radarwellen: Moderne Infrarotsensoren – insbesondere seit der 5. Generation – erkennen Wärmesignaturen auf große Entfernungen. Die Reduktion sowohl der Radar- als auch der Wärmesignatur ist daher heute gleichrangig entscheidend.

Triebwerke: Mehr Schub, mehr Kontrolle

Wenn aerodynamische Steuerflächen reduziert oder ganz weggelassen werden, muss die Kontrolle über Fluglage und Kurs aus anderer Quelle kommen – das Stichwort lautet Schubvektorsteuerung. Statt über Ruder wird der Jet durch gezielte Ablenkung des Triebwerksschubs gelenkt – schnell, präzise und mit geringer Signatur.

Doch das hat seinen Preis: Beim Start muss das Triebwerk mehr leisten, wenn verstellbare Flächen fehlen, um den nötigen Auftrieb zu erzeugen.

Neue Triebwerks-Generation – ©EUMET
Das European Military Engine Team (EUMET) arbeitet bereits an einem Triebwerk für die nächste Generation europäischer Kampfflugzeuge.

Moderne Luft-Luft-Raketen wie Meteor, AIM-174B oder die neue AIM-260 verfügen über immer größere Reichweiten. Das zwingt sogenannte „Force Multiplier” wie AWACS-Flugzeuge oder Tanker, sich weiter vom Gefechtsraum fernzuhalten – zu groß ist das Risiko, selbst zur Zielscheibe zu werden.

Für Kampfflugzeuge der 6. Generation bedeutet das: mehr Autarkie. Sie müssen größere Treibstoffvorräte mitführen, sparsamer fliegen – und das alles, ohne externe Zusatztanks, denn die sind mit Stealth nicht vereinbar. Eine Schlüsseltechnologie dafür ist „Supercruise” – der Überschallflug ohne Nachbrenner. Doch je schneller geflogen wird, desto heißer wird die Außenhaut. Wo genau die thermische Grenze liegt, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis.

Ein zentrales Problem ist dabei die Hitze im Inneren. Die F-35 kämpft bereits mit Wärmestau – Lüftungsschlitze zur Kühlung nach außen wären zwar effektiv, würden aber die Tarnkappe kompromittieren. Die Kühlung muss also von innen erfolgen. Triebwerke der nächsten Generation müssen nicht nur mehr Schub liefern, sondern auch deutlich mehr thermische und elektrische Energie bereitstellen – für Avionik, Sensoren, Waffensysteme und eben auch Kühlung.

Der Schlüssel dazu ist das „Variable Cycle Engine”-Konzept (VCE). Es erlaubt dem Triebwerk, je nach Flugprofil flexibel zwischen Effizienz und Leistung zu wechseln – ein Quantensprung gegenüber heutigen Antrieben.

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Netzwerkzentrierte Kriegsführung: Alles ist vernetzt – und multifunktional

Die Zeiten sind vorbei, in denen ein Radar nur ein Radar, ein Jammer nur ein Störsender und ein Funkgerät nur für Sprache zuständig war.

Heute ermöglichen Transceiver-Antennen auf Basis von Gallium-Nitrid-(GaN)-Halbleitermodulen in Verbindung mit softwaredefinierten Sende- und Empfangseinheiten ein völlig neues Maß an Vielseitigkeit.

Ein und dasselbe System kann – je nach Bedarf – gleichzeitig als Radar, elektronischer Störsender und als strahlgelenktes Datenfunkgerät agieren. Das reduziert Gewicht, spart Platz und macht das Flugzeug zu einem hochvernetzten Knoten im digitalen Gefechtsfeld.

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Kommunikation ohne Spuren

Funkstille ist ideal – denn jede aktive Emission kann vom Gegner geortet werden. Dennoch muss ein Kampfflugzeug der 6. Generation ständig Informationen empfangen und weitergeben. Um dabei unentdeckt zu bleiben, wird nur mit minimal nötiger Energie gesendet – zielgerichtet und präzise. Da Position und Richtung verbündeter Einheiten bekannt sind, lässt sich der Funkstrahl exakt darauf ausrichten – mit möglichst geringer Sendeleistung und schmalem Abstrahlwinkel.

Das gilt auch für die Kommunikation mit Satelliten. Denn auch hier gilt: Wer breit und stark funkt, riskiert, von gegnerischen Spionagesatelliten entdeckt zu werden. Wer gezielt und punktgenau sendet, bleibt hingegen verborgen.

Blick auf das Gefechtsfeld in der Luft – ©Archiv
Selbst unbekannte Kontakte können identifiziert werden – durch passives Erfassen thermischer und elektronischer Signaturen und den Abgleich mit umfangreichen Datenbanken.

Und zu senden wird es viel geben: Als überschallschnelle, rundum vernetzte multispektrale Sensorplattform wird ein Jet der 6. Generation zum fliegenden Aufklärungsknoten. Er liefert Echtzeitdaten weit über die Fähigkeiten klassischer Luftraumüberwachung hinaus – nicht nur für eigene Kampfflugzeuge, sondern auch für Bodentruppen, Schiffe und sogar Einheiten im erdnahen Orbit.

Mehr noch als eine F-35 wird die 6. Generation zur Schaltzentrale in einem Gefechtsfeld, das über alle Domänen hinweg vernetzt ist.

Sensorik: Sehen, ohne gesehen zu werden

Dem wachsenden Aufwand, eigene Signaturen zu vermeiden und jede unnötige Emission zu unterdrücken, steht eine hochentwickelte Sensorik gegenüber, die selbst kleinste Spuren aufspüren kann – in allen relevanten Frequenzbereichen.

Ob optische oder radarbasierte Erfassung, Wärmesignaturen oder elektromagnetische Aussendungen: Jede noch so schwache Spur wird erfasst, analysiert, mit umfangreichen Datenbanken abgeglichen und präzise identifiziert.

Das System erkennt, was fliegt, fährt oder schwimmt – und ordnet es in Sekundenbruchteilen ein. Ziel ist nicht nur die frühzeitige Bedrohungserkennung, sondern ein vollständiges, vernetztes Lagebild in Echtzeit – ohne selbst entdeckt zu werden.

Loyal Wingman-Konzept von Airbus – ©Airbus Defence & Space
Die tiefe Integration von bemannten und unbemannten Systemen ist eine Schlüsseltechnologie der 6. Generation.

Signaturjagd – auch im Frieden

Signaturen werden immer gesammelt – nicht nur im Ernstfall, sondern gerade auch in Friedenszeiten. Vom Laserstrahl eines Entfernungsmessers bis zur Radarsignatur eines Lenkwaffensuchkopfs: Jedes Signal verrät etwas über seine Herkunft.

Im Netzwerkverbund können solche Emissionen oft passiv geortet und analysiert werden – ohne selbst zu senden. Das ermöglicht im Idealfall sogar eine präzise Verortung, Identifikation und letztlich eine Feuerleitung – unbemerkt, auf große Distanz und ohne eigene aktive Sensoren zu aktivieren.

Drohnensteuerung: Der treue Flügelmann

Immer häufiger operieren bemannte Kampfjets im Verbund mit unbemannten Luftfahrzeugen. Diese sogenannten Collaborative Combat Aircraft – auch bekannt als „Loyal Wingman” – fliegen mit, aber oft auch voraus.

Ausgestattet mit Sensoren, elektronischer Kriegsführung und präziser Bewaffnung, übernehmen sie Aufklärung, Täuschung, Zielmarkierung oder den Erstschlag – oft dort, wo das Risiko für bemannte Systeme zu groß wäre. Die 6. Generation denkt den Schwarmkampf nicht nur mit – sie ist dafür gebaut.

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Verhältnis Mensch-Maschine: Die Mischung macht’s

In welchem Verhältnis bemannte und unbemannte Systeme beschafft werden, ist noch offen. Simulationen auf Hochleistungsrechnern sowie Erkenntnisse aus realitätsnahen Manövern sollen darüber Aufschluss geben. Klar ist aber schon jetzt: Mit Verlusten wird kalkuliert – vor allem auf Seiten der unbemannten Wingman. Ihre vergleichsweise günstige Herstellung erlaubt es, sie in risikoreichen Szenarien einzusetzen, wo der Schutz menschlicher Piloten Priorität hat.

Künstliche Intelligenz: Aus Daten wird Entscheidung

Die hochsensible Sensorik – verteilt auf bemannte Jets und unbemannte Begleitdrohnen – erzeugt eine gewaltige Datenflut. Diese muss in Echtzeit analysiert, bewertet und in verwertbare Informationen umgewandelt werden: zur Zielidentifikation, zur Weitergabe ans Netzwerk oder zum direkten Einsatz von Waffen.

Künstliche Intelligenz filtert diese Datenmengen vor – entscheidet, was lediglich ans Gefechtsnetz übermittelt wird und was im Cockpit des Piloten angezeigt werden muss. Sie erstellt eine Priorisierung der Bedrohungen, unterstützt taktische Entscheidungen und sorgt dafür, dass der Mensch den Überblick behält.

Doch eines bleibt unverändert: Die finale Entscheidung – ob geschossen wird oder nicht – trifft immer ein Mensch.

KI-Illustration – ©Archiv
Nicht nur Techniker und Militärs, auch Philosophen werden darüber entscheiden, bis wohin der Computer handeln darf und ab wann ein Mensch die Kontrolle haben muss.

Abstandswaffen gegen Bodenziele: Angriff aus der Distanz

Moderne, mehrschichtige Flugabwehrsysteme machen es selbst Stealth-Kampfflugzeugen zunehmend schwer, in den Nahbereich ihrer Ziele vorzudringen. Die Antwort darauf sind präzise Abstandswaffen, die weit vor der eigentlichen Gefechtszone eingesetzt werden können.

Ein Beispiel ist die neue Stand-in Attack Weapon (SiAW) der US Air Force. Sie soll es Flugzeugen ermöglichen, gegnerische Radarstellungen und Luftabwehrsysteme aus Entfernungen von über 200 Kilometern anzugreifen – ohne selbst in deren Reichweite zu geraten. SiAW gehört zur Klasse der Air-Launched Ballistic Missiles (ALBM), also luftgestützten ballistischen Raketen. Prominente Vertreter dieses Typs sind die russische Kinschal oder die israelische Air Lore – potenziell hyperschallschnell und daher extrem schwer abzuwehren.

Gleichzeitig entsteht eine neue Generation von Cruise Missiles: kleiner, leichter, günstiger, vielseitiger und schneller herstellbar. Systeme mit Namen wie Barracuda oder Comet sollen in großer Zahl verfügbar sein – konzipiert, um gegnerische Luftverteidigung durch schiere Masse zu überwältigen und selbst gut geschützte Ziele wirksam auszuschalten.

Peregrine-Rakete – ©Archiv
Der Ersatz für die AMRAAM soll kleiner, leichter, schneller sein und weiter fliegen. Die doppelte Anzahl Raketen an Bord ist das Ziel.

Kleiner, schneller, weiter: Luft-Luft-Raketen der nächsten Generation

Ein neues europäisches Entwicklungsprogramm widmet sich aktuell einer künftigen Kurzstrecken-Luft-Luft-Rakete: der Future Short-Range Air-to-Air Missile (FSRM). Sie soll speziell auf die Anforderungen der 5. und 6. Generation zugeschnitten sein. Noch sind die operationellen Vorgaben nicht abschließend definiert – doch eine denkbare Fähigkeit könnte der gezielte Einsatz gegen gegnerische Lenkwaffen sein.

Auch auf US-Seite laufen Entwicklungen: Mit der Peregrine von Raytheon und der Cuda von Lockheed Martin entstehen Mittelstreckenraketen, die bei vergleichbarer Reichweite nur halb so viel Platz beanspruchen wie eine AMRAAM – und dabei schneller fliegen sollen.

Für die nächste Generation an Langstreckenraketen, etwa die Long-Range Engagement Weapon (LREW), zeichnet sich ein zweistufiges Design ab. Was Reichweite, Geschwindigkeit und Flughöhe betrifft, bleibt vieles noch geheim – oder schlicht spektakulär spekulativ. Sicher ist: Die Zukunft dieser Waffen wird mehrstufig, schneller und intelligenter sein – und deutlich jenseits heutiger Standards operieren.

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Laser: Licht als Waffe

Gebündeltes Licht steht ganz oben auf der technologischen Agenda – der Einsatz von Lasern im Luftkampf gilt längst nicht mehr als Science-Fiction, sondern als ausgemachte Sache.

Kompakte Lasersysteme zur Selbstverteidigung existieren bereits: Sie sind stark genug, um die Infrarotsuchköpfe anfliegender Raketen zu blenden oder sogar zu beschädigen. Für Hochenergielaser im Bereich von 100 kW, mit dem Potenzial zum Abschuss von Raketen oder Drohnen, braucht es jedoch noch erhebliche technische Fortschritte. Derzeit erfordern solche Systeme Platz und Gewicht in der Größenordnung eines Lkw – für Kampfflugzeuge also (noch) keine Option.

Doch die Entwicklung schreitet schnell voran. Miniaturisierung, neue Energiequellen und thermisches Management könnten schon bald einsatzreife Systeme hervorbringen.

Laser im Kampfjet-Einsatz – ©Archiv
Der Laser, mit dem man ein gegnerisches Flugzeug abschießt, ist noch Zukunftsmusik – der Laser, der einen Raketensuchkopf zerstört, bereits Realität.

Energie ist nicht das Problem – Platz und Gewicht schon

Die Bereitstellung der nötigen Energie für Laserwaffen erscheint technisch am wenigsten problematisch. Zum Vergleich: Der Hubfan der F-35B, der für den Schwebeflug sorgt, wird über eine Welle mit fast 25.000  kW angetrieben – gleichzeitig liefert das Triebwerk über die Schubdüse eine vergleichbare Energiemenge ab.

Die schiere Kraft moderner Triebwerke reicht also längst aus, um leistungsstarke Laser zu versorgen. Die eigentliche Herausforderung liegt woanders: im begrenzten Raum und Gewicht, das im Flugzeugdesign für solche Systeme eingeplant werden kann. Diese Faktoren entscheiden vorerst darüber, wie stark und einsatzfähig Laserwaffen tatsächlich sein werden.

Quelle©Dassault, EUMET, Archiv, Airbus Defence & Space