Eric Marceau ist Vice President Strategy & Marketing of Surface Radars beim französischen Rüstungskonzern Thales. Militär Aktuell sprach mit ihm über die Schwierigkeit Drohnen aufzuspüren, über Lehren aus dem Ukraine-Krieg und die geplante Beschaffung neuer Radare durch das Bundesheer.

Herr Marceau, was ist heute für Radardesigner und -hersteller die größte Herausforderung?
In den vergangenen rund fünf Jahren haben wir natürlich den Aufstieg der Drohnen (-> Der Ukraine-Krieg als erster „War of Drones”) wahrgenommen. Die sind klarerweise eine neue Herausforderung, sie sind langsam und klein, mit geringer Signatur. Wir haben daher stark in neue Technologien investiert und nun sind wir mithilfe auf Künstlicher Intelligenz basierender Algorithmen in der Lage, Drohnen besser aufspüren und somit ein größeres Spektrum von Bedrohungen in geringerer Höhe abdecken zu können.

Fertigung von GM-400 – ©Georg Mader
Fertigung eines GM-400-Systems von Thales.

Ist KI dafür das entscheidende Tool? Lassen sich die Signaturen mithilfe von maschinellem Lernen besser herausfiltern?
Ja, ganz klar. Bei der Identifizierung und Klassifizierung ist KI eine große Hilfe. Es ist zum Beispiel schwierig, kleine Drohnen von Vögeln zu unterscheiden. Sie sind ähnlich groß, ähnlich schnell und in vielen Fällen verhalten sie sich auch sehr ähnlich. Ebenso wie Vögel können auch kleinere Drohnen in Sekunden ihre Flugrichtung ändern. Es ist aber wichtig, die Unterschiede aus den wirklich riesigen Datenmengen, die wir bei Feldoperationen gewinnen, herauszuarbeiten, damit die Signalverarbeitung diese Unterschiede „lernt” und Rückschlüsse daraus ziehen kann. In diesen immer wiederkehrenden aber ähnlichen Prozessen ist KI eine sehr nützliche und taugliche Hilfe.

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Sind mit der steigenden Bedrohung durch Drohnen die klassischen Ziele für Luftabwehr-Radare in den Hintergrund getreten?
Die Hauptbedrohungen in unserem Segment sind auch weiterhin fortschrittliche Tarnkappenjäger, Störsender, Marschflugkörper und ballistische Raketen. Aber die kennen und „bearbeiten” wir schon lange. Sie haben zuvor nach der aktuellsten Herausforderung gefragt – und das ist eben das Erkennen langsamer Ziele, die immer kleiner werden und die sich noch dazu in einer aktiven Umgebung bewegen, in der auch Bäume oder Windparks „Unordnung” im System schaffen. Unser Ziel ist es, vor diesem Hintergrund immer intelligentere Radarlösungen zu entwickeln, um damit die Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen.

©Militär Aktuell

Was sind für Sie als „Radarmann” aktuelle Lektionen aus dem Ukraine-Krieg?
Wir können von dort auf aktuelle Erfahrungen mit unseren Systemen zurückgreifen und dabei ist es wieder das angesprochene Drohnenthema, das uns am meisten beschäftigt. Von ebenfalls großer Bedeutung ist dort mit Blick auf Artilleriesysteme das Thema „Batterie-Gegenfeuer”. Das war zwar auch in den vergangenen zehn Jahren schon ein Thema, hat nun aber als aktive und passive Herausforderung deutlich an Bedeutung gewonnen. Darüber hinaus haben sich im Zuge des Ukraine-Kriegs Entwicklungen beschleunigt, die schon vor einigen Jahren – vor dem umfassenden Kriegsbeginn – begonnen haben. Da spreche ich etwa von den in den meisten Ländern gestiegenen Verteidigungsbudgets, aber auch dem gestiegenen Beschaffungsbedarf und dessen Auswirkungen auf uns.

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Muss ihr Unternehmen dafür die Produktion steigern?
Natürlich. Früher fertigten wir von unseren Ground Master-200 und -400 rund eines im Monat, nun mit zwei pro Monat oder 24 im Jahr doppelt so viele. Und es könnten eventuell sogar 30 werden, zusammen mit unserer zweiten Fertigung in Hengelo in den Niederladen.

Inwieweit hat Thales mit seinen Systemen auch Österreich auf dem Radar? Das Bundesheer steht ja vor der Beschaffung eines Nachfolgers für sein ZZR-System Flamingo von ehemals Thompson-CSF.
80 Prozent unserer Produktion geht in den Export. Bislang haben wir rund 250 Geräte aus der GM-Serie in 32 Länder geliefert, mit 15 betreibt knapp die Hälfte davon GM-200. Was Österreich betrifft, wissen wir, dass sie wieder den Markt sondieren. Und ja, wir könnten den Bedarf mit multiplen Lösungen abdecken.

Quelle©Georg Mader