Das indische Verteidigungsministerium hat einen neuen Rüstungsauftrag an Russland vergeben. Laut einer Pressemitteilung des Press Information Bureau wurde Rosoboronexport (RoE) mit der Lieferung von 1.000-PS-Motoren für die indischen T-72-Panzer (Ajeya) beauftragt. Der Auftragswert beträgt 228 Millionen Euro.
Die Motoren sollen der Meldung zufolge in drei Varianten geliefert werden:
- Vollständig montiert,
- teilweise demontiert sowie
- in Einzelkomponenten.
Die offizielle Pressemitteilung enthält weder genaue Angaben zur Gesamtzahl der zu beschaffenden Motoren noch eine detaillierte Aufschlüsselung ihrer Lieferform. Laut indischen Medienberichten– bildet der T-72 mit rund 2.500 Einheiten das Rückgrat der Panzerflotte der indischen Armee. Die derzeit eingesetzten Modelle sind mit 780-PS-Motoren ausgestattet. Diversen Berichten zufolge sollen nun etwa 1.000 dieser Panzer auf die neuen und leistungsstärkeren Motoren umgerüstet werden.
Durch diese Modernisierung erhalten die Panzer eine verbesserte Mobilität auf dem Schlachtfeld und gesteigerte offensive Fähigkeiten. Dies soll die operationelle Effizienz der indischen Armee erheblich erhöhen und ihre Panzertruppen an moderne Anforderungen anpassen.

Entscheidung für Russland und gegen Israel
Bereits im März 2016 bot die israelische Firma NIMDA an, die Ajeya-Panzer der indischen Armee im Rahmen eines Modernisierungsprogramms aufzurüsten – ein weiteres Beispiel für die langwierigen Entscheidungsprozesse im indischen Beschaffungswesen.
NIMDA hatte vorgeschlagen, die Leistung des Ajeya-Motors von 780 PS auf 1.000 PS zu steigern und ihn mit einem vollautomatischen Getriebe, einem integrierten Luftfiltersystem sowie einem für extreme Umgebungen geeigneten Kühlsystem auszustatten. Indien entschied sich jedoch zunächst für eine einheimische Lösung, die auf einer russischen Basis aufbaute.
Indien hatte bereits zuvor von Russland die Lizenz zur Herstellung des V-46-6-Motors (780 PS) für den Ajeya sowie des V92S2-Motors (1.000 PS) für den Bhisma-Panzer erworben – die indische Bezeichnung für den T-90. Im Juli 2018 übergab die damalige Verteidigungsministerin Nirmala Sitharaman beide Motorvarianten als offiziell „einheimische” Modelle an die Armee.

Später stellte sich jedoch heraus, dass der V92S2-Lizenzmotor nur für den Bhisma angepasst wurde, während eine Umrüstung des T-72 als technisch nicht praktikabel galt. Damit wurde die ursprünglich geplante Modernisierung der T-72-Panzer weiter verzögert und schließlich eine neue Beschaffung aus Russland notwendig.
Nun hat sich Indien doch für eine modernisierte Variante des V-92S2-Motors entschieden – den V-92S2F. Dieser Motor wird bereits in den neuen russischen T-90S sowie in den seit Dezember 2022 modernisierten T-72B3M eingesetzt.
Der Vertrag mit Rosoboronexport umfasst neben der Lieferung der Motoren auch einen Technologietransfer an das indische Unternehmen Armoured Vehicles Nigam Limited (Heavy Vehicle Factory) in Avadi, Chennai. Diese Kooperation ermöglicht die Integration und lizenzierte Produktion der Motoren in Indien und stärkt damit die „Make in India”-Initiative von Präsident Narendra Modi im Verteidigungssektor.
Technische Unterschiede und Leistungssteigerung
Mit einem Gewicht von nur 41 Tonnen gehört der T-72, der seit den 1970er-Jahren im Einsatz ist, zu den leichtesten Kampfpanzern im Vergleich zu westlichen Modellen. Trotz seines geringen Gewichts ist der ursprüngliche 780-PS-Motor relativ leistungsschwach. Mit einem Leistungsgewicht von 19 PS pro Tonne bleibt der T-72 hinter dem T-90 (46,5 Tonnen, 21,5 PS/Tonne) zurück.
Der bisherige V-46-6-Motor des T-72 basiert auf einem 500-PS-V12-Diesel, der ursprünglich für den T-34 aus dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde.
Die neue Mehrstoff-Variante V-92S2F für den Ajeya bringt erhebliche Leistungsverbesserungen:
- 1.130 PS (838 kW) und 4.500 Nm Drehmoment
- Verbesserte Flüssigkeitskühlung
- Neuer Turbolader
- Modernisiertes Automatikgetriebe
Zum Vergleich: Der für den Bhisma-Panzer (T-90S) entwickelte V-92S2 leistet 1.000 PS (736 kW) mit einem Drehmoment von 4.000 Nm und verfügt über einen einstufigen Turbolader sowie ein Planetengetriebe.