Embraer scheint mit seinem C-390M-Lufttransporter weiter Marktanteile zu gewinnen: Neben dem Herstellerland Brasilien haben sich bekanntlich auch Portugal, Ungarn (-> erste C-390M in Ungarn gelandet), Österreich und die Niederlande, Tschechien und Südkorea zusammen für insgesamt rund 40 Maschinen entschieden – und bald könnten weitere Kaufabschlüsse folgen.

Fünf der genannten Nationen betrieben bislang oder lösen mit der C-390M ihre in die Jahre gekommen C-130-Flotten ab. So auch das Bundesheer, dessen Memorandum of Understanding (MoU) zu einer gemeinsamen Beschaffung von vier Maschinen mit den Niederlanden (fünf Maschinen) vor einem Monat unterzeichnet wurde. Während die bilateralen Gespräche zwischen den Niederlanden und Hersteller Embraer laufen, scheinen auch die Verhandlungen der Österreicher mit Amsterdam gut voranzukommen. Gegenüber dem Autor äußerten sich Beteiligte jedenfalls zuversichtlich. Es gäbe „keine Anzeichen von Störungen oder Hindernissen”, Gerüchten zufolge könnte die Unterschrift unter den Vertrag während der Farnborough International Airshow im Juli gesetzt werden. Wie medial berichtet, dürfte man sich auch nicht viel länger Zeit lassen, um den geplanten Zulauf der ersten Maschinen ab 2027 nicht zu gefährden, bis dahin sollen Fertigungs-Slots beim Hersteller geblockt sein.

Zuletzt wurde dem Autor von einem höheren Offiziers der Luftstreitkräfte aus dem Aufklärungsbereich übrigens erneut bestätigt, dass man sich auch ob ihrer raschen Steigleistung für die C-390M entschieden habe. So käme man beim Abflug aus gefährlichen Orten rascher in sichere Höhenschichten.

©Militär Aktuell

Embraer rüttelt an der Lockheed-Marktdominanz

Schon jetzt hat der zweistrahlige Hochdecker-Jet einen neuen Wettbewerb im Segment des taktischen Lufttransports eingeläutet und die Marktdominanz von Lockheed Martins Dauerbrenner C-130 erschüttert. Weitere und sogar noch größere Aufträge für die Brasilianer könnten allerdings zeitnah folgen. Das anhaltende Interesse von Ägypten, Griechenland, Nigeria, Südafrika und Schweden beträfe wohl ähnliche kleine bis mittlere Stückzahlen, sollte aber einer der potenziellen Großkunden Indien oder Saudi-Arabien Ernst machen, könnte es für die C-390M in Zukunft „auch mehr als nur eine Montagelinie auf der Welt geben”, wie Embraer-CEO Joao Bosco Costa bereits auf der Singapore Airshow sagte.

Ungarische C-390M – ©Honvédelmi Minisztérium
Die erste ungarische Maschine ist kürzlich erstmals in Ungarn gelandet.

Saudi-Arabien will bislang unbestätigten Medienberichten zufolge seine 42 Lockheed C-130 Hercules gegen 33 Embraer C-390 Millennium zu tauschen. Der Deal umfasse nicht nur die Flugzeuge, sondern auch Schulungen, Produktionsanlagen im Land sowie Wartungs-, Reparatur- und Überholungsdienste. Diesbezüglich besteht bereits seit Dezember ein MoU von Embraer mit Saudi Arabian Military Industries (SAMI) und mit Blick auf Indien sind sogar noch größere Stückzahlen denkbar. Die dortige Luftwaffe (IAF) erörtert aktuell den Kauf von 40 bis 80 Maschinen mit einer Nutzlast zwischen 17 und 30 Tonnen als Ersatz für ihre An-32 und HS748.

MoU zwischen Embraer und SAMI – ©DWS
Interesse an Saudi-Arabien: Embraer hat mit SAMI bereits ein Memorandum of Understanding unterzeichnet.

Noch weiß niemand, wann am Subkontinent – der Kunde ist bei Herstellern für seine byzantinisch-langen Beschaffungshistorien berüchtigt – dahingehen eine Entscheidung fallen soll, vorsorglich hat Embraer aber auch dort im Februar mit einem lokalen Partner, der indischen Industrie-Gruppe Mahindra, ein MoU unterzeichnet. Gemeinsam will man für die Ausschreibung „Medium Transport Aircraft (MTA)” der IAF anbieten.

Ist auch Usbekistan interessiert?

Darüber hinaus könnte Embraer auch einen weiteren, allerdings kleineren und „spezielleren” Kunden an Land ziehen: Usbekistan. Beleg dafür ist ein Dokument der brasilianischen Regierung, in dem es um die Versicherung der Entwicklungsbank des Landes zur Finanzierung des Verkaufs von „zwei Militärfrachtflugzeugen” geht. Ähnlich wie Nachbar Kasachstan mit seinen zwei kürzliche präsentierten A400M war Usbekistan als ehemalige Sowjetrepublik jahrzehntelang stark von Russland beeinflusst und wirtschaftlich abhängig, doch seit Moskaus Invasion der Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) hat sich Usbekistan von seinem ehemaligen „großen Bruder” eher distanziert und versucht nun, verstärkt andere Verbindungen aufzubauen.

Das Bundesheer nimmt Fahrt auf

Alle genannten potenziellen Kundenländer haben die C-390M in ihren Überlegungen und führen derzeit mehr oder weniger aktiv direkte oder indirekte Gespräche mit dem Hersteller, das wird seitens Embraer auch nicht verneint. Was China und Indien sowie Usbekistan betrifft, hält der Hersteller gegenüber Militär Aktuell fest, dass diese aktuell als „potential future deals” gesehen und daher mögliche Gespräche und Verhandlungen nicht weiter kommentiert werden.

Allerdings haben die Brasilianer bereits „artist impressions” mit den Hoheitszeichen der meisten genannten Länder vorbereitet – auch eine Art Statement.

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Quelle©Embraer, Honvédelmi Minisztérium