Die 27 Verteidigungschefs der Europäischen Union haben am Donnerstag in geheimer Wahl den derzeitigen Stabschef der irischen Verteidigungsstreitkräfte, Generalleutnant Seán Clancy, zum künftigen Vorsitzenden des höchsten militärischen Gremiums der EU gewählt. Als Nachfolger von General Robert Brieger bekleidet damit erneut ein General aus einem neutralen Land für die kommenden drei Jahre den höchsten militärischen Posten der Europäischen Union.
Knapp unterlegen war der slowenische Generalleutnant Robert Glavaš. Der dritte Kandidat, General Sławomir Wojciechowski aus Polen, galt als „Falke” und fand insbesondere in den westeuropäischen Mitgliedsstaaten keine ausreichende Unterstützung.
Generalleutnant Clancy diente während seiner militärischen Laufbahn 16 Jahre lang als Such- und Rettungspilot (SAR) im kleinen Luftwaffenkorps Irlands. Er sammelte dabei rund 5.000 Flugstunden in Flugzeugen und Hubschraubern. Clancy ist qualifizierter Prüfer für Muster- und Instrumentenflugberechtigungen, ausgebildeter Flugsimulator-Instruktor und verfügt über Muster-, Instrumenten- und Nachtsichtgeräte-Berechtigungen (NVG) für den Hubschrauber Agusta Westland AW139.
Sein Karriereweg führte ihn über die Funktionen als Chef des Luftwaffenstabs, Direktor für strategische Planung und stellvertretender Stabschef schließlich zum Generalstabschef der irischen Verteidigungsstreitkräfte – ein Amt, das er seit dem 29. September 2021 innehat.
Zu seinen künftigen Aufgaben als Vorsitzender des Militärausschusses der Europäischen Union (EUMC) zählen insbesondere die Weiterentwicklung der europäischen Verteidigungspolitik sowie die Planung und Leitung militärischer Missionen und Operationen im unmittelbaren Umfeld der EU. Clancy wird der erste irische Viersterne-General seit 100 Jahren.
Brieger fordert Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit
In seiner Ansprache nach der Sitzung bekräftigte General Robert Brieger, der derzeitige Vorsitzende des EU-Militärausschusses, den Wunsch des Gremiums nach einem klaren, ganzheitlichen sicherheitspolitischen Ansatz. Die Verteidigungsminister der 27 Mitgliedsstaaten seien sich einig, dass die in Artikel 42.7 des EU-Vertrags verankerte Beistandsklausel konkretisiert werden müsse. Die Generalstabschefs haben entsprechende Empfehlungen zur Umsetzung dieses Ziels abgegeben. Die Rolle der europäischen Streitkräfte bei der Territorialverteidigung der Europäischen Union müsse klar definiert werden.
Artikel 42.7 des EU-Vertrags: „Wird ein EU-Land auf seinem Territorium Opfer eines bewaffneten Angriffs, sind die anderen EU-Länder verpflichtet, diesem Land mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Hilfe und Beistand zu leisten.”
Der Artikel 42.7 wird allgemein als schwächer angesehen als Artikel 5 des NATO-Vertrags. 23 der 27 EU-Mitgliedsstaaten gehören auch der NATO an und betrachten diese nach wie vor als Fundament ihrer kollektiven Verteidigung.
Brieger betonte: „Der Vorteil der Institutionen der Europäischen Union liegt zweifellos darin, dass die EU in allen Bereichen der Politik, Wirtschaft, Sicherheit und des Militärs handlungsfähig ist. Wir verfügen also über mehr Instrumente als die NATO und versuchen, den besten Weg zu finden, uns gegenseitig zu ergänzen.”
Die Debatte über eine klare Aufgabenverteilung zwischen EU und NATO bleibt damit aktuell. General Brieger wird in zwei Wochen aus seinem Amt scheiden.
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