Nach Abschluss eines Memorandums of Understanding (MoU) zum Kauf von zwei C-390M im Jahr 2022, haben Hersteller Embraer und das tschechische Verteidigungsministerium (-> Bericht) den Kauf nun fixiert – es fehlten nur noch die Unterschriften unter dem Vertrag, diese sollen laut Sprecher Karel Čapek aber noch heuer folgen.

Meldungen aus Prag zufolge wurde außerdem ein Vertrag mit dem Hersteller über eine Industriebeteiligung im Wert von rund 75 Millionen Euro fixiert, involviert sind demnach das staatlichen Unternehmen LOM Praha und Flugzeughersteller Aero Vodochody.

Der Typenentscheidung war eine Machbarkeitsstudie vorausgegangen, in der neben der C-390M auch zwei Alternativen berücksichtigt wurden: der wesentlich größere A400M Atlas von Airbus und – wie in Österreich – die etwa gleich große C-130J Super Hercules von Lockheed Martin.

C-390M mit tschechischen Hoheitszeichen – ©Embraer
Lieferung der ersten Maschine bereits 2025? Tschechien konnte scheinbar eine besonders rasche Lieferung seiner ersten Maschine aushandeln.

Großes Paket geplant

Teil der Beschaffung sind neben den beiden Maschinen in der sogenannten NATO-Konfiguration (-> zuletzt ließ auch Ungarn seine erste C-390M entsprechend konfigurieren) auch aktive Luftbetankungsbehälter (KC-390), das Feuerlöschmodul, das Intensiv-MEDEVAC-Modul, zusätzlich optionale Kraftstofftanks, Selbstverteidigungssysteme auch zur Erkennung von Quellen radiotechnischer Signale, vorwärts verlegbare Betankungpunkte mit Diesel-Pumpgeräten, um Kraftstoff aus mobilen Kraftstoffzellen zu übernehmen (FARP) sowie Module für Suche und Rettung und für den Einsatz bei Spezialoperationen. Zudem eine – es wurde nicht spezifiziert für wie viele Jahre – Erstversorgung mit Ersatzteilen, Bodenausrüstung sowie Schulungen für Boden- und Luftpersonal und – ohne Angabe der Stückzahl – Trainingssysteme (Simulatoren).

©Militär Aktuell

Rasche Erstauslieferung dank Übernahme brasilianischer Slots

Im Vergleich zu Österreichs geplantem Lieferbeginn ab 2028 (Niederlande 2027, -> Österreich und die Niederlande kaufen gemeinsam insgesamt neun C-390M), ist auffällig, dass die erste tschechische Maschine bereits nächstes Jahr beim 24. Transport- und Spezialgeschwaders in Praha-Kbely (bisher 6x C-295M/MW und 6x L-410) eintreffen soll. Zu diesem Kundenwunsch heißt es: „Aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage benötigen wir die Flugzeuge so schnell wie  möglich. Dank des freundlichen Entgegenkommens des Herstellers konnte vereinbart werden, dass Tschechien bereits im nächsten Jahr die erste Maschine erhalten könnte. Eine weitere dann 2027 oder 2028.”

Tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová – ©Georg Mader
„Guter Deal”: Die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová zeigte sich mit dem ausgehandelten C-390M-Deal zufrieden.

Das kommende Jahr dürfte sich wohl nur deshalb ausgehen, weil Embraer für Tschechien einen ursprünglich für die brasilianische Luftwaffe (FAP) geplanten Produktionsslot freigemacht hat. Brasilien hat im Zuge der Bewältigung der Covid-19-Krise die Zahl seiner bestellten Maschinen von 28 auf 19 reduziert, Ende September wurde die siebente Maschine an die FAP ausgeliefert.

Beschleunigend wirkte zudem offenbar eine Anzahlung der Tschechien, die bereits mehr als die Hälfte der Gesamtkosten ausmachen dürfte. Wie es aus dem tschechischen Verteidigungsministerium heißt, liegt der Gesamtpreis für die Flugzeuge inklusive der oben beschriebenen Zusatzleistungen bei 11,3 Milliarden Kronen (rund 450 Millionen Euro). In dem Betrag sei auch eine Wechselkursreserve enthalten. Die Summe wird bei unseren Nachbarn als vergleichbar oder sogar besser bezeichnet, als jene die andere Länder gezahlt hätten, die größere Stückzahlen bestellt hätten.

Aber davon soll eben noch heuer eine Anzahlung von acht Milliarden Kronen (rund 320 Millionen. Euro) geleistet werden. Dazu die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová: „Ich bin überzeugt, dass es uns gelungen ist, möglichst günstige Konditionen auszuhandeln. Deswegen können wir im nächsten Jahr die erste Maschine früher erhalten.”

Direkte industrielle Kooperationen

Tschechien hat seit k.u.k.-Zeiten eine vitale Verteidigungsindustrie und – im Unterschied zu Österreich – auch eine vitale Militär-Luftfahrtindustrie. Nachvollziehbar daher, dass die Regierung in Prag darum bemüht war, die relevanten nationalen Unternehmen im Rahmen einer industriellen Zusammenarbeit in den C-390M-Deal einzubinden. Das nunmehr ausgehandelte Volumen liegt bei 75,3 Millionen Euro.

Pandur 8x8 wird in C-390M verladen – ©Georg Mader
Wie in Österreich dürfte wohl auch in Tschechien die Verfügbarkeit des Pandur mit der C-390M eine wichtige Rolle bei der Typenentscheidung gespielt haben – Tschechien betreibt den Pandur allerdings in einer 8×8-Konfiguration.

Die Projekte betreffen bei Aero Vodochody den Ausbau der bereits bestehenden Produktionsanteile an der C-390M. Bislang kamen von Aero bereits alle Flügelkanten, Heckrumpfabschnitte, die gesamte Frachtrampe und alle Flugzeugtüren und -luken. Die neue Vereinbarung sieht vor, dass die Produktionsraten für die Komponenten von vier Sätzen im Jahr 2024 auf acht im Jahr 2025 und bis zu zwölf in den folgenden Jahren steigen, falls die Nachfrage an der C-390M dies erfordern sollte. Zudem (aber nicht im Detail) erwähnt ist eine „direkte Verlagerung eines Teils der Produktion an Aero und andere tschechische Lieferanten”.

Embraer-Manager Jose Gustavo – ©Georg Mader
José Gustavo verantwortet bei Embraer den europäischen und afrikanischen Markt und ist damit auch für Österreich zuständig.

Bei LOM geht es um die Sicherstellung des Lebenszyklus der Flugzeuge, also auch um Flottenunterhalt und Technikerausbildung. Gleichzeitig wird Embraer mit Universitäten in der Tschechischen Republik im Bereich autonomer Fahr- und Flugzeuge zusammenarbeiten.

„Aero Vodochody, LOM Praha und die lokalen Universitäten sind wesentliche Partner”, sagte der auch für Österreich zuständige Embraer-Vertreter Jose Gustavo, Vizepräsident für Vertrieb und Geschäftsentwicklung in Europa und Afrika. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und tragen zum Wachstum der tschechischen Luft- und Raumfahrtindustrie bei.”

Viktor Sotona als Vorstandsvorsitzender und Präsident von Aero Vodochody: Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Aero und Embraer, die wir 2011 begonnen haben, wird ständig vertieft. Wir sind der exklusive Lieferant vieler Teile der C-390M und beteiligen uns sowohl an der Produktion als auch an der Weiterentwicklung. Damit sind wir der wichtigste Partner von Embraer in der Tschechischen Republik und einer der wichtigsten in Mitteleuropa. Jetzt erreichen wir einen neuen Meilenstein, damit wird 2024 zu einem Wendepunkt für uns. Dieses strategische Projekt wirkt sich positiv auf die nachhaltige Entwicklung der gesamten tschechischen Luftfahrtindustrie aus. Positiv sind auch die Auswirkungen auf die Beschäftigung, die Entwicklung von Innovation, Know-how und die Stärkung unserer Position auf dem Weltmarkt.”

Rheinmetall: Dänemark wird dritter Skyranger-Kunde

Filip Kulštrunk, Executive Vice President von Aero Vodochody ergänzte: „Die Erhöhung des Anteils von Aero am C-390M-Programm lässt erwarten, dass der jährliche Gesamtwert der Auslieferungen 700 Millionen Kronen (rund 28 Millionen Euro) übersteigen und in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Ich möchte dem Verteidigungsministerium der Tschechischen Republik und Embraer für die gute Zusammenarbeit und ihre Unterstützung danken. Ansonsten wäre ein Ausbau der Partnerschaft nicht möglich gewesen.”

Hier geht es zu weiteren Meldungen rund um Embraer.

Quelle©Embraer, Georg Mader