Wie in Russland (-> Russland arbeitet wieder an Bodendrohnen) gibt es auch in der Ukraine aktuell verstärkt Bemühungen zur Entwicklung von militärischen Boden-Robotern. Im Gegensatz zu Russland, wo zumindest die öffentlich wahrnehmbare Entwicklung primär auf Eigeninitiative gestützt scheint, läuft die ukrainische Entwicklung allerdings mit voller Unterstützung des Staates und des Militärs.
Koordiniert werden die Bemühungen unter anderem im „Brave1-Cluster”, einer von der ukrainischen Regierung geschaffenen Koordinierungsplattform für neue Militärtechnologien.
Die Plattform fördert die Zusammenarbeit und bietet organisatorische, informative und finanzielle Unterstützung für Verteidigungstechnologieprojekte in der Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg).
Syrsky besuchte UGV Tests
Anfang Juli besuchte der ukrainische Oberbefehlshaber Generaloberst Oleksandr Stanislawowytsch Syrsky Tests von unbemannter Systemen und Bodenrobotik Komplexen auf einem Truppenübungsplatz.
Syrsky betonte, dass die schnelle praktische Einführung innovativer unbemannter Boden- und Luftkampf-Roboterplattformen für ihn höchste Priorität habe. Ziel sei es, den Weg einer technischen Erfindung von Wissenschaftlern im Labor über die Produktionswerkstatt und weiter bis zur Kampfeinheit so weit wie möglich zu verkürzen.
Systemlösungen für den effektiven Einsatz einer breiten Palette von Roboterplattformen werden vorbereitet. Zu diesem Zweck laufen in der Ukraine experimentelle Tests der Nutzung von unbemannten Boden- und Luftfahrzeugen unter realen Kampfbedingungen in einem der Ausbildungszentren der Streitkräfte der Ukraine.
Ferngesteuerter Geschützturm „Säbel”
Ein Fokus der Entwicklung ist definitiv die Integration des ferngesteuerten Geschützturms Shablia (Шабля/„Säbel”) des Herstellers Roboneers in ukrainische UGV. Erste Versuche mit dem System lassen sich bis 2015 zurückverfolgen.
Die Entwicklung hat sich im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine seit Februar 2022 sehr beschleunigt. Die Version Shablia М2 befindet sich definitiv in Serienfertigung und steht im Fronteinsatz.
Auf dem etwa 15.000 bis 20.000 Euro teuren Geschützturm können Maschinengewehre des Kalibers 7,62 Millimeter und 12,7 Millimeter oder 40 Millimeter Granatwerfer installiert werden.
Gesteuert wird Shablia interessanterweise mit der Spielkonsole Valve Steam Deck. Deren offene Software-Architektur ermöglicht es alternative Betriebssysteme und damit kompatible Software zu installieren.
Installation und Frontversuche mit den UGV Plattformen Ironclad (Video), Lynx (Video) und D-21-11 (Video) haben stattgefunden.
Einschränkend muss gesagt werden, dass Shablia nicht stabilisiert ist. Ursprünglich wurde das System für eine Montage auf Dreibeinen entwickelt, fernzusteuern aus einem nahe gelegenen Unterstand. Auf den genannten UGV-Plattformen kann Shablia jetzt die Stellung wechseln, selbst in Fahrt schießen ist möglich.
Nicht erkennbar ist, ob höherwertige Funktionen wie automatischer Vorhalt und Zielfolge möglich sind. Die Entwicklung verläuft ähnlich wie in Russland, wo die Plattform Kurier ebenfalls nur über ferngesteuerte Türme ohne höhere automatische Funktionen verfügt.
THeMIS von Milrem Robotics
Schon länger im Kampfeinsatz ist die THeMIS-Plattform des estnischen Unternehmens Milrem Robotics. Der in Europa führende UGV-Entwickler hat sein Mehrzweck-UGV bereits in 16 Länder exportiert. Unter anderem nach Estland und Deutschland, nach Frankreich, in die Niederlande, nach Norwegen, Spanien, in das Vereinigte Königreich, in die USA und auch in die Ukraine.
Dort wird das UGV zur Verwundetenbergung eingesetzt. Erste Erkenntnisse aus dem Einsatz zeigen, dass ein ballistischer Schutz für medizinische Evakuierungsfahrzeuge erforderlich ist, elektronische Gegenmaßnahmen zur Abwehr von Drohnen installiert werden sollen und ein Nachtsichtsystem gewünscht wird.
Im vergangenen Mai wurde ein THeMIS UGV relativ intakt von russischen Truppen erbeutet.
Übersicht ukrainischer UGV Plattformen (Video)
Kampf-UGV, Auftrag bekämpfen und verteidigen:
- D-21-11: 4-rädrig, Kampfplattform mit automatischem Turm
- Ironclad: 4-rädrig, Allradantrieb, Knicklenkung
- Lyut: 4-rädrig, wird vom ukrainischen Startup Dons produziert. Der Roboter ist mit einem Kampfmodul mit einem 7,62-Millimeter-Maschinengewehr bewaffnet und mit einem optischen Modul für gezieltes Schießen und einer Übersichtskamera ausgestattet.
- Rys Pro Lynx: Mehrzweck UGV, Waffenträger, Logistik
- Moroz: 4-rädrig, Waffenträger
- Murakha: Ketten-UGV, Waffenträger, Logistik
Kamikaze-UGV, Auftrag: Zerstörung gegnerischer Panzerfahrzeuge
- ARK-1: 4-rädrig, Allradantrieb, Einzelradaufhängung, maximal 45 km/h, 15 Kilogramm Nutzlast
- Mangust: 4-rädrig, Allradantrieb, Knickaufhängung
- Ratel S: Minenträger, 4-rädrig (Video)
- Smileyk: 4rädrig, Allradantrieb, Knickaufhängung
Logistik-UGV, Auftrag: Lieferung von Munition, Evakuierung Verwundeter
- Volya-E (Воля-Е): Ketten-UGV, Logistik und Verwundetenbergung, maximal 300 Kilogramm Nutzlast, bei Beladung mit 100 Kilogramm liegt die Reichweite bei maxiaml 12 Kilometer
- Ratel H: 6×6 UGV, Logistik und Verwundetenbergung (Video)
- Ratel M: 4-rädrig, Logistik und Verwundetenbergung (Video)
- Termit: Ketten-UGV, Logistik und Verwundetenbergung, 300 Kilogramm Nutzlast
- KNLR-E: funkgesteuerter Roboter-Evakuierungskomplex der Firma Drone Rig, ausgestattet mit einem Nachtsichtsystem
- Sirko-S1: 4-rädrig, Allradantrieb, Logistik, Verwundetenbergung und Aufklärung, maximal 200 Kilogramm Nutzlast
- Mangust-1: Ketten-UGV, Logistik
- Vepr: Ketten-UGV, Logistik, Verwundetenbergung, Minenleger