Im ersten Quartal 2025 bekommt das Österreichische Bundesheer neue Gefechtstechnik-Drohnen. Diese „fliegenden Feldstecher” sollen Kompanien und Zügen helfen, das Gefechtsfeld von oben zu überblicken. Seit einem Jahr werden dafür schon die ersten Bediener an Übungsdrohnen ausgebildet. Hauptverantwortlich für die Einführung der neuen Gefechtstechnik-Drohne ist Oberstleutnant Hartmuth Ziegler.
Der gelernte Artillerie-Offizier beschäftigt sich seit einem Jahrzehnt mit Drohnen im Bundesheer, ist in der Grundlagenabteilung der Heerestruppenschule Leiter des Referats Aufklärung und hat unter anderem eine Ausbildung zum Flugsicherheitsoffizier absolviert Militär Aktuell traf Ziegler zum Interview, um mit ihm ein Zwischenfazit zur Drohnenausbildung zu ziehen und einen Ausblick auf die neue Drohne zu wagen.

Herr Oberstleutnant, bevor wir ins Detail gehen, machen wir eine Begriffsdefinition: Was ist eine Gefechtstechnik-Drohne?
Genau genommen handelt es sich um eine „Drohne auf gefechtstechnischer Ebene”. Sie ist auf Ebene Kompanie beziehungsweise Zug eingesetzt und dient der Aufklärung. Am besten kann man sie mit einem fliegenden Feldstecher vergleichen, denn mit ihr bekomme ich einen besseren Überblick um meine unmittelbare Umgebung. Die Reichweite liegt bei ein paar Kilometern und die Flugdauer bei bis zu einer halben Stunde. Mit nicht mehr als fünf Kilo Gewicht ist sie so kompakt, dass sie ein Soldat am Körper mittragen kann. Ebenso wird sie eine Wärmebildkamera an Bord haben. Daneben gibt es noch die Drohne auf Ebene Bataillon mit Reichweiten bis 25 Kilometer und vier Stunden Flugdauer. Die Brigade-Drohne hat über 100 Kilometer Reichweite und rund 12 Stunden Flugdauer. Der Unterschied zur Gefechtstechnik-Drohne ist, dass sie in ein Battle-Management-System beziehungsweise Führungsinformationssystem eingebunden sind und in Echtzeit Daten an einen Führungsstab liefern.
Wann bekommt das Bundesheer die neuen Gefechtstechnik-Drohnen?
Sie sollen schon im ersten Quartal 2025 geliefert werden. Der Plan ist, dass 200 Stück an die Truppe ausgegeben werden; sowie eine gewisse Stückzahl als Reserve zu halten. Somit geht sich für fast jeden Zug (Anmerkung: Jäger und Panzergrenadiere) eine Drohne aus. Das Problem ist aber, genügend Bediener auszubilden. Denn für 200 Drohnen benötige ich 400 Bediener. Pro Drohne sind zwei Mann notwendig: einer beobachtet den Luftraum, der andere schaut auf das Display und hat damit die Kamera der Drohne im Auge.
Seit rund einem Jahr bilden Sie ja solche Bediener aus. Wie lautet ihr erstes Zwischenfazit?
Mit Jänner 2025 kommen wir auf rund 100 fertig ausgebildete Drohnenbediener, und damit mindestens zwei in jedem Verband. Damit ist der Auftrag fürs Erste erfüllt. Sobald die Drohnen in Österreich sind, geht es aber so richtig los. Denn Ziel ist, in jedem Bataillon ein bis zwei „Drohnenlehrer” zu haben, um die Ausbildung künftig dezentral durchzuführen. Wir hoffen, damit auf eine entsprechende Zahl zu kommen. Wir wissen aber auch, wie die Personalsituation im Bundesheer ist und da wird das wahrscheinlich eine Herausforderung sein.
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Welche Inhalte werden in der Ausbildung zum Drohnenbediener vermittelt?
Die Grundschulung dauert zwei Wochen und beinhaltet Theorie und Praxis. Im Lehrsaal unterrichten wir unter anderem Luftfahrtrecht, Aerodynamik, Meteorologie, die militärischen Bestimmungen des Drohnenbetriebs und Sensorik. Dazwischen, wenn das Wetter es zulässt, fliegen wir mit den Übungsdrohnen. Die Bediener werden ausgebildet, die Drohne im Sichtbereich zu fliegen. Das heißt, sie dürfen mit der Drohne so weit weg fliegen, wie sie die Fluglage der Drohne im Raum mit freiem Auge einschätzen können. Wenn etwa ein Rettungshubschrauber auftaucht, muss der Bediener mit der Drohne schnell ausweichen können. Wir planen einen Aufbaukurs zum Einsatzbediener, in dem man lernt, in einem militärischen Luftraum oder auf einem militärischen Übungsplatz auch außerhalb der Sicht zu fliegen. Unser Anspruch ist, die Drohne auch so betreiben zu können, wie wir es im Einsatz brauchen. Und wenn eine Drohne fünf Kilometer weit fliegen kann, dann wollen wir das auch ausnützen.
Kommen wir noch zum Tracker, jener seit rund zehn Jahren im Bundesheer eingeführten Drohne. Wie geht es damit weiter?
Tracker ist eine Bataillons-Drohne und hat uns bisher wertvolle Erfahrungen gebracht. Aber nun hat der Hersteller die Produktion eingestellt und wir bekommen keine Ersatzteile mehr. Wir werden den Tracker noch ein bis zwei Jahren nutzen können, aber dann werden wir den Betrieb beenden müssen.
Sie beobachten den Drohneneinsatz auch in internationalen Konflikten, ganz besonders im Ukraine-Krieg (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg). Was sind Ihre Erkenntnisse? Was hat sich in den letzten Jahren technologisch getan?
Wir haben aus meiner Sicht in den vergangenen Jahren einen riesigen Umbruch erlebt. Wenn man sie zurückerinnert an Afghanistan, wo Drohnen von den US-Amerikanern in Arizona gesteuert wurden, in Ramstein gestartet sind und dann in Afghanistan Ziele bekämpft haben. Von diesem Einsatz ist man weggegangen, da solche Drohnen abgeschossen wurden. Die nächste Stufe haben wir im Armenien-Aserbaidschan-Konflikt (-> Bergkarabach-Analyse: Die Drohnen-Plage) gesehen, wo die etwas kleineren Bayraktar-Drohnen erfolgreich waren. In der Ukraine hat sich das Bild aber wieder gewandelt. Die Lebensdauer dieser Drohnensysteme hat sich auf wenige Stunden reduziert, weil die Fliegerabwehr auf beiden Seiten stark und der Radarquerschnitt der Drohnen groß ist. Daher ist man zu den kleineren FPV-Drohnen (Anmerkung: First Person View-Drohnen) übergegangen. Dabei handelt es sich um Gefechtstechnik-Drohnen, die zur Aufklärung und zur Bekämpfung von etwa Panzern benutzt werden. Sie sind aber nur ein kleiner Teil eines großen komplexen Systems dahinter, damit von der Aufklärung bis zur Wirkung im Ziel alles zusammenspielt.
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