Drohnen spielen in militärischen Operationen eine immer größere Rolle. Viele Armeen sind daher dazu übergegangen, eigene Drohneneinheiten aufzustellen und nun ist das Thema auch bei den Marinen angekommen. Die Türkei und China stehen kurz davor erste Drohnenträger in Betrieb zu nehmen, weitere Länder werden wohl zeitnah folgen.

Schiebel: Pionier aus Österreich

Seit Jahrzehnten sind Drohnen auf Militärschiffen ein zunehmend genutztes Werkzeug zur Kontrolle der umliegenden Meeresgebiete. Ein echter Pionier und seither unangefochten Platzhirsch der Szene ist ausgerechnet in Wien beheimatet: Als Idee Mitte der 1990er-Jahre geboren ist der Camcopter S-100 von Schiebel, gebaut wird das unbemannte Fluggerät in Wiener Neustadt, mittlerweile auf allen Weltmeeren unterwegs.

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Sehr viel umweltfreundlicher und kostengünstiger als mit einem Hubschrauber oder gar einem Schiff, ermöglicht das „fliegende Auge” aus Österreich zum Beispiele die Kontrolle von Fischereirechten oder Umweltsünden, wie das Ablassen von Altöl auf dem Meer. Ein kleines Flugdeck, meist am Heck eines nicht allzu großen Schiffes, einer Fregatte oder Korvette, reicht als Helipad für den bis zu 200 Kilogramm schweren unbemannten Hubschrauber, der auch von Stützpunkten an Land oder von größeren Einheiten operieren kann. Im Jahr 2019 qualifizierte und integrierte die französische Marine das System beispielsweise in ihren amphibischen Helikopterträger Dixmude (Mistral Klasse) und gemeinsam mit Thales statten die Österreicher mittlerweile auch die britische Royal Navy mit ihren Fluggeräten aus.

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Türkei mit dem ersten Drohnenträger

Ein türkisches Schiff vergleichbarer Klasse dürfte nun kurz davor stehen, den nächsten Schritt zu vollziehen: Die Integration von Flächendrohnen in eine schiffsgestützte unbemannte Staffel. Im April des vergangenen Jahres stellte die Türkei ihr bislang größtes Kriegsschiff in Dienst. Das amphibische Mehrzweck-Angriffsschiff „TCG Anadolu” ist seither Flaggschiff der türkischen Marine.

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Ursprünglich wurde das Schiff gebaut, um eine Staffel F-35B-Jagdflugzeuge von Lockheed Martin aufzunehmen. Nach dem Ausschluss der Türkei aus dem F-35 Programm, aufgrund des Ankaufes des russischen Flugabwehrsystems S-400, macht die Türkei aus ihrer Not nun eine Tugend und schickt sich an, eine Staffel unbemannter Angriffsdrohnen aus heimischer Produktion an Bord zu stationieren.

TB3 in den Fußstapfen des erfolgreichen Vorgängermodells

Der türkische Drohnenhersteller Baykar Technologies entwickelt dafür die Bayraktar TB3. Baykar ist nach erfolgreichen und spektakulären Einsätzen von Bayraktar TB2-Drohnen unter anderem in Libyen, im Kaukasus und in der Ukraine (-> aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) inzwischen eine weltweit anerkannte Kapazität der Branche.

Die TB2, die auch als „MALE-Drohne fürs kleine Budget” bezeichnet wird, hat ihre Effektivität im Gegensatz zu ihrem US Gegenpart Predator oder der israelischen Heron, die vor allem für den Kampf gegen Terroristen und Rebellengruppen ausgelegt sind, vor allem bei der Bekämpfung militärischer Ziele bewiesen. Die Rechercheplattform ORYX rechnet ihr bislang 884 zerstörte Waffensysteme zu, darunter Kampfpanzer, Schützenpanzer, Artilleriesysteme und Raketenwerfer, Fliegerabwehr, Radargeräte, Flugzeuge, Hubschrauber und Schnellbote.

Dass die TB3 ihre Wurzeln in der TB2 hat und mit ihr auch das gleiche aerodynamische Layout teilt, ist kein Geheimnis. Trotzdem ist an der Drohne alles neu. Sie ist stärker und schneller als ihr Vorgänger, fliegt höher und weiter und trägt auch mehr Gewicht. Als Antrieb dient ein 172 PS starker Turbodiesel des türkischen Triebwerksherstellers TEI. Und als Novum für MALE-Drohnen (Medium-Altitude, Long-Endurance/mittlere Höhe, lange Ausdauer) verfügt die TB3 über einklappbare Flügel, wodurch sich die immerhin 14 Meter Spannweite auf ein, für den Schifssbetrieb praktisches Maß reduzieren lassen.

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Die große Erfahrung von Baykar Technologies mit der MALE-Drohnentechnik zeigt sich im sehr zügig absolvierten Testflugprogramm. Binnen kaum zehn Monaten wurden für die MALE-Klasse durchwegs hervorragenden Werte wie 32 Stunden Flugdauer, 5.700 Kilometer Reichweite und 11.155 Meter Flughöhe nachgewiesen. Begonnen hat auch bereits das Testflugprogramm über die „Sprungschanze”, mit deren Hilfe die TB3 vom Deck der „TCG Anadolu” künftig abheben wird.

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Auch China baut Drohnenträger

Doch nicht nur die Türkei schickt sich an, einen Drohnenträger zu betreiben. Kürzlich hat ein Airbus Aufklärungssatellit ein Foto eines der jüngsten chinesischen Kriegsschiffe gemacht: Das Schiff lag in der Jiangsu Dayang Marineschiffswerft am Jangtsekiang und dürfte wohl der erste chinesische Drohnenträger sein.

Zwar ist bislang nur die ungefähre Größe bekannt und dass erste Fahrversuche unternommen werden. Rund 100 Meter Länge, 28 Meter Breite und die 16,5 Meter breite Runway sind in jedem Fall zu wenig für einen Flugzeugträger, der Platz genügt aber für den Start und die Landung von Drohnen.

Anfang Mai hat China die Eröffnung einer Drohnenfabrik der Chengdu Aerospace Corporation gefeiert. In der hochautomatisierten Anlage sollen jährlich bis zu 200 MALE-Drohnen der Wing Loong (Yilong) Familie gefertigt werden. Gegenüber einer US-MALE der Type MQ-9 Reaper, die pro Stück rund 30 Millionen Euro kostet, wird der Preis einer Wing Loong mit nur rund eine Million Euro angegeben. Dementsprechend hoch ist die Nachfrage für das System mittlerweile, beispielsweise betreibt daher auch Nigeria bewaffnete Wing Long II.

 

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Abwehr gegen MALE rückt in den Fokus

Dass MALE-Drohnen jedoch keine Wunderwaffen sind, zeigte sich nicht nur im Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Nach Anfangserfolgen in der Schlacht um Kiew und um die Schlangeninsel (-> Die Schlacht um die Schlangeninsel) setzt die Ukraine keine Bayraktar TB2 mehr im Kampfgebiet ein.

Auch Russland hat seine entsprechenden Systeme, nach dem Verlust vieler MALE-Drohnen der Type Forpost (eine Lizenzkopie der israelischen IAI Searcher), aus dem Einsatz zurückgezogen. Sowohl Russland als auch die Ukraine stellen die Überlebensfähigkeit der MALE-Drohnen gegenüber ausgebauten Fliegerabwehrsysteme inzwischen in Zweifel. Und ähnliche Erfahrungen machten zuletzt auch andere Armeen: So verlor Israel beispielsweise Anfang Juni binnen acht Tagen zwei MALE der Type Hermes-900 im Südlibanon und auch die USA haben im vergangenen Jahr mehrere MQ-9 Reaper verloren.

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Den Trend hin zu Drohnenträgern und dem steigenden Einsatz entsprechender Drohnensysteme auch in Marinen dürften diese Rückschläge aber nicht stoppen. Im Gegenteil, ist wohl damit zu rechnen, dass nach der Türkei und China bald auch schon andere Länder entsprechende Schiffe in Dienst stellen.