Militär Aktuell-Serie: Generalmajor Johann Frank berichtet in jeder Ausgabe über Neuheiten und Entwicklungen rund um die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der Europäischen Union. Dieses Mal im Fokus: Die kürzlich vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels von der EU verabschiedete Roadmap, die auch eine militärischen Aktionsplan für die GSVP inkludiert.

Bislang wurde der Klimawandel vorrangig als Risiko für die sozioökonomische Entwicklung und für die individuelle Sicherheit wahrgenommen. Aber kaum als sicherheitspolitische Herausforderung, die selbst die staatliche Stabilität und friedliche zwischenstaatliche Beziehungen gefährden kann. Die strategischen Auswirkungen des Klimawandels auf Konflikte, sei es als Krisenbeschleuniger oder als geopolitischer „Game Changer”, sind daher noch vielfach unterbelichtet. Bemerkenswerterweise hat die EU, die sich selbst als Klimavorreiter sieht und die Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen will, als einer der ersten Akteure den Zusammenhang von Klima und Verteidigung auf ihre Agenda gesetzt. In diesem Zusammenhang wurde im November 2020 eine zukunftsorientierte Strategie (Roadmap) verabschiedet, die auch einen militärischen Aktionsplan für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) beinhaltet.

Grundannahme ist, dass der Klimawandel zu direkten oder indirekten Bedrohungen der Sicherheit führt, deren Bewältigung auch eine militärische Reaktion erfordern kann. Oder kurz: keine Klimasicherheit ohne militärische Beiträge. So ist etwa davon auszugehen, dass europäische Streitkräfte vermehrt zur Bewältigung der durch den Klimawandel steigenden Naturkatastrophen eingesetzt werden. Darüber hinaus wird der Klimawandel zu einer verstärkten Nachfrage nach internationalen EU-Kriseneinsätzen führen. Nicht zuletzt hat die Veränderung des Klimas das Potenzial, die geopolitischen Verhältnisse zu beeinflussen, wenn man etwa an die Veränderungen der Nutzung der Arktis denkt. Weiter gedacht könnte auch die Sicherstellung des Zugangs zu für „grüne Technologien” wichtigen Rohstoffen eine verteidigungspolitische Facette werden. Wenn die nationalen Interessen eines Landes durch ökologische Umwälzungen gefährdet sind, können auch zwischenstaatliche Konflikte nicht ausgeschlossen werden.

Für europäische Streitkräfte führt der Klimawandel dazu, dass das physische Einsatzumfeld herausfordernder wird, dass militärisches Gerät an neue Umfeldbedingungen angepasst werden muss und dass sich die Einsatzaufgaben erweitern. Für das Militär steht dabei selbstverständlich die Sicherstellung des „Einsatzerfolgs” an oberster Stelle. Dieses „Mission-First”- Prinzip steht aber nicht im Widerspruch zu klimapolitischen Zielsetzungen wie der Reduzierung des militärischen Klimafußabdrucks sowohl im nationalen Friedensbetrieb als auch bei internationalen Krisenmanagementeinsätzen. Zusammengenommen verbrauchen die EU-Streitkräfte so viel Energie wie ein kleinerer EU-Staat. Das kann mit vernünftigen Maßnahmen wie energieautarken Kasernen oder Änderungen in der Logistik und in der Ausbildungssystematik signifikant reduziert werden.

Aber auch im Rahmen von internationalen Einsätzen kann viel getan werden. Da mittlerweile die Stärkung der Resilienz von Krisenstaaten das oberste strategische Ziel vieler EU-Einsätze darstellt, muss zukünftig die klimapolitische Resilienz durchgängiger in die Einsatzprofile ziviler wie militärischer Missionen integriert werden. Das reicht von der stärkeren Berücksichtigung umweltbezogener Aufgaben in den Einsatzmandaten, der Integration von Umweltberatern in Missionen, über stromautarke Hauptquartiere bis hin zur Umstellung langer Logistikketten. Die GSVP-Roadmap gibt für die genannten Bereiche einen zukunftsweisenden Fahrplan vor, der von den Mitgliedstaaten aufgegriffen, umgesetzt und weiterentwickelt werden sollte.

Das österreichische Verteidigungsministerium hat diese Herausforderung erkannt und daher „Klima und Verteidigung” zu einem Fokusthema bei der Erstellung des „Strategischen Kompass” gemacht. Die im Rahmen des „Europäischen Verteidigungsfonds” geschaffenen neuen finanziellen Mittel stellen eine gute Ausgangsbasis dar, um einschlägige Innovationen und klimarelevante militärische Forschungsvorhaben auf den Weg zu bringen. Österreich kann dabei gemeinsam mit gleich gesinnten EU-Staaten als Anstoßgeber handeln und auf Basis der nationalen technologischen Möglichkeiten auch eine gewisse Vorreiterrolle einnehmen.

Hier geht es zum vorherigen Teil von „GSVP im Fokus”: Es mangelt nicht an Ideen, sondern an Umsetzungen!

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