Nach 57 Jahren, insgesamt 198.000 Flugstunden und vielen Tausenden Einsätzen wurde am 24. Mai der Abschied der Alouette III-Hubschrauber des Bundesheeres groß gefeiert. Die letzten sechs Maschinen, die am Fliegerhorst Fiala-Fernbrugg in Aigen im Ennstal zuletzt noch im Einsatz waren, wurden im Rahmen eines großen „Tags der offenen Tür” endgültig aus dem Dienst verabschiedet. Der operationelle Flugbetrieb hatte bereits mit 31. Dezember 2023 geendet.
Mit dabei bei den Feierlichkeiten waren rund 200 Ehrengäste – darunter Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Landeshauptmann Christoph Drexler – sowie Tausende Besucher und Interessierte. Militär Aktuell traf vor Ort sogar einige bekannte niederländische Spotter und bis auf einen kurzen Regenguss war auch das Wetter dem Anlass „entsprechend”.
Heeresgegner behielten Unrecht
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner dankte vor militärischer (mit dabei waren unter anderen Generalstabschef Rudolf Striedinger, Vertreter der Luftzeugabteilung in der Direktion Beschaffung sowie Standortkommandant Oberstleutnant Udo Koller) und lokalpolitischer Prominenz allen Aktiven und vielen bereits im Ruhestand befindlichen Geschwaderangehörigen für ihren Einsatz und ihre Leistung, die zu diesem Rekord geführt hatte. Aber dankte aber auch jenen – darunter auch Mario Kunasek – für die vor Jahren eingeleitete Nachfolge, die Alouette III-Flotte wird bekanntlich durch neue AW169-Helikopter (-> Status Quo bei Österreichs AW169) des italienischen Herstellers Leonardo ersetzt.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: „Es ist heute ein Tag, an dem wir Abschied nehmen und Abschied tut immer ein bisschen weh – besonders nach mehr als einem halben Jahrhundert. Es sind so viele Piloten und Techniker, die mit diesem besonderen Luftgerät beschäftigt waren. Es ist schon etwas, das schmerzt. Daher ist es wichtig, dass wir das heute mit Würde tun. Aber auch mit Freude in Kenntnis dessen, dass wir mit dem AW169 Lion neue Fluggeräte bekommen, die modern sind und alle Zwecke erfüllen werden.” Sie erinnerte auch daran, dass es in der Vergangenheit immer wieder Stimmen gab, die meinten, die Helikopter nicht zu brauchen, keine teuren Luftstreitkräfte, ja nicht einmal ein Bundesheer überhaupt. Diese hätten aus heutiger Sicht „gottlob grob Unrecht gehabt” und sich „nicht durchgesetzt”. Die Ministerin schloss ihre Rede mit den Worten „Glück ab, gut Land und ein Hoch auf unsere Luftstreitkräfte!”
Für den steirischen Landeshauptmanns Christoph Drexler war der Fly Out-Tag „eine Zäsur, was die Hubschrauber in Österreich betrifft”. „Das ist heute ein bisschen ein zwiespältiges Erlebnis. Wehmut zum einen, weil man sich nach 57 Jahren schon ein wenig an die Alouette gewöhnt hat. Ein charakteristisches Fluggerät, mit einer besonderen Eleganz in seiner Form und großartiger Rundumsicht, was ich zweimal erleben durfte. Ein Gerät, das sehr viel geleistet hat. Es hat viele Jahrzehnte Sicherheit hier im Ennstal und der Steiermark und darüber hinaus geboten. Das ist der Wermutstropfen.”
Drexler erwähnte dann aber auch den dem Abschied innewohnenden Aufbruch, weil nun „neues und topmodernes Fluggerät kommt, damit auch eine neu aufgebaute Fliegerwerft und sich somit für die Region auch eine personelle Perspektive für die Zukunft bietet. Mit dem neuen Hubschrauber werden etwa 200 zusätzliche Arbeitsplätze für diese Werft geschaffen und insgesamt 40 Millionen Euro in die Infrastruktur und damit in unsere Steiermark investiert.”
Lange Geschichte der Alouette III
Insgesamt wurden 26 Stück des leichten französischen Verbindungs- und Transporthubschraubers (Erstflug 1959, Serienproduktion 1961 bis 1985, 1.453 Stück für 190 militärische und zivile Nutzer in 92 Staaten) mit Dreiblatt-Haupt- und Heckrotor sowie unverkleidetem Turbinentriebwerk mit 570 WPS von 1967 bis 1976 beim Bundesheer Dienst gestellt (Kennungen 3E-KA bis 3E-KZ), am 28. Jänner 1967 erfolgte die Erstlandung in Linz-Hörsching. 3E-KA bis -KL trugen noch die Bezeichnungen SA-3160 und wurden später auf SA-316B-Standard gebracht. Anfangs blieben die „Feldlerchen” in Hörsching stationiert, seit 1976 dann in Aigen im Ennstal, mit dem imposanten Massiv des Grimming im westlichen Hintergrund. Zwei weitere Maschinen wurden im März 1986 nachgekauft (3A-LA und -LB). Seit der Einführung der Alouette III sind acht dieser Hubschrauber verunfallt, bei drei Flugunfällen gab es Tote. Der letzte Totalverlust ereignete sich, im Jahr 2018 in der Nähe der Kärntner Wolayer Hütte, dabei gab es aber keinen Personenschaden. In Summe über die Jahrzehnte des Betriebs eine durchaus geringe Verlustrate.
Superstark (nicht nur) im Gebirge
Das Muster mit 2,2 Tonnen maximalem Abfluggewicht (MTOW) wurde dezidiert für Flüge beziehungsweise Arbeiten in großen sowie alpinen Höhen entwickelt und erwarb sich in Folge rasch eine Reputation für entsprechende Rettungseinsätze mit Seilwinde und Außenlasthaken. Landungen mit sieben Personen auf 4.810 Meter Hohe beim des Gipfels des Mont Blanc im Juni 1960 sowie im November 1960 im Himalaya auf 6.004 Meter mit zwei Personen und 250 Kilogramm Nutzlast gingen in die Welt(rekord)geschichte der Drehflügler ein. In Österreich hervorzuheben ist die Verkabelung für Feuerlöschbehälter „Bambi Bucket”. Ebenfalls eine nationale Spezialität war die Einbindung in das Notarzthubschraubersystem „Christoph” im Verbund mit ÖAMTC, Land und Innenministerium von Oktober 1986 bis 2001, alle Maschinen wurden dafür unter anderem mit Krankentragen vorbereitet, sowie ab 1995 Einbau und Erprobung von GPS- und Kartendarstellungsgerät. Insgesamt flogen die Alouette III in diesem Zusammenhang 8.300 reale Noteinsätze. Weiters zu erwähnen der Assistenzeinsatz „Migration” mit FLIR-Gimbal AN/AAQ-22 Safir zur Grenzraumüberwachung im Burgenland ab 1997, stationiert in Trausdorf und Punitz. Dafür erfolgte ab Ende 1996 die Einrüstung von IR- und TV-System mit Recorder, Radarhöhenmesser und Nitesun-Suchscheinwerfer, sowie Funkausrüstung für die Zusammenarbeit mit der Exekutive.
Ein letztes Mal das charakteristische „Singen”
Den Auftakt zum Flugprogramm machte die Eurofighter-Rotte aus Zeltweg, gefolgt von Demonstrationen aller Heeres-Drehflügler S-70 Black Hawk, AB 212 und OH-58. Zum Abschied flogen die Alouettes ein letztes Mal von Osten kommend an, drei Maschinen trugen Sonderlackierungen. Die neueste (und letzte) davon wurde extra für diesen Tag angebracht, eine sandfarbene Lackierung des Heckauslegers mit – sehr schönen, aber aus der Ferne nicht wirklich erkennbaren – Abbildungen von Leonardo da Vinci, seinem Ornithopter sowie den Umrissen des Grimming, jenem erwähnten markanten Nachbarberg. Groß jedenfalls zu lesen die Zahl von imposanten 198.000 Flugstunden.
Was mit den noch flugtauglichen Maschinen und dem Teilevorrat passiert, ist übrigens noch offen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und der „Helikopterpapst” in der Luftzeugabteilung Oberst Reinhard Zmug sagten gegenüber Militär Aktuell, dass die Maschinen „sinnvoll weiterverwendet” werden sollen. Ein Verkauf an militärische Betreiber ins Ausland sei „zumindest denkbar, aber da müssten die gesetzlichen Regelungen dafür im Hinblick auf UN-Sanktionen und Embargos genau geprüft werden”. Es gebe aber schon eine nicht zu kurze Liste mit Interessenten aus allen Bereichen und auch an allen möglichen Teilen des Alouette-Bestandes.
Nachfolger mit bereits kräftigem Lebenszeichen
Nachfolger der Alouette beim Heer ist der Leonardo AW169, genannt Lion. Bisher sind sechs B-Versionen von insgesamt 36 bestellten Hubschraubern des Typs aus Italien in Österreich angekommen. Eine der Maschinen, die derzeit in Aigen stationiert ist, war am Flugprogramm vor imposanter Felsenkulisse beteiligt, einer war in der Werft in einer ersten großen Inspektion rundum geöffnet und zerlegt ausgestellt. Die anderen sind in der künftigen Schulstaffel in Langenlebarn. Die M-Version wird nach Auskunft ebenfalls anwesender Heeresflieger-Offiziere aus Italien in Bälde zertifiziert werden und laut Ministern Tanner gegenüber Militär Aktuell haben erst vor wenigen Tagen wieder sechs österreichische Lion-Piloten ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen.
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